Dortmund. 20 Jahre, 200 Hefte, das Musikmagazin Visions feiert. Es ist kein Zufall, dass das Fachorgan für Independent und Alternative-Rock aus dem Revier kommt, denn hier ist die Szene lebendig. Georg Howahl sprach mit Magazingründer Michael Lohrmann über das Leben in der Nische.

Visions begann als Nischen-Magazin. Ist dies das Geheimnis Ihres Erfolgs?

Michael Lohrmann: Genau so ist es. Durch die gesamten 90er waren wir mit den Bands, die wir vorstellten, konkurrenzlos. Damals hatten Blätter wie der Musikexpress noch Tina Turner oder Bryan Adams auf dem Titel. Das war nie unser Ding.

Heute gibt's den Satz: Indie ist der neue Mainstream . . .

Michael Lohrmann: Es ist tatsächlich so, dass die anderen Magazine sich in unsere Richtung entwickelt haben. Der Musikexpress versucht, ein Alternativpop-Heft zu sein, selbst der Rolling Stone ist zu uns rübergerückt. Aber auch wenn die anderen sich uns annähern, können wir nicht plötzlich die Petshop Boys nach vorn nehmen.

Sie haben also lediglich einen guten Riecher gehabt?

Magazin-Geburtstag

Dortmund feiert

Wer will, kann mitfeiern: Die Visions-Gala am Samstag mit den Editors und The Hives ist zwar schon ausverkauft, Karten gibt es noch für das Konzert mit Madsen, Bela B. und Biffy Clyro (heute, 19 Uhr, FZW) oder Robocop Kraus (heute, 21 Uhr, Inside Club). Auch für die Konzerte von Dredg (So., 20 Uhr, Konzerthaus) oder Get Well Soon (So., 20 Uhr, Domicil) gibt's Tickets an der Abendkasse.

Michael Lohrmann: All das, was Visions-Musik ist, findet sich mittlerweile in den Charts, füllt Arenen und ist breitenwirksam geworden. Das ist für uns schwer, denn als wir angefangen haben, war das eine spezielle Geschichte, eben jene Nische, aus der wir glaubwürdig und autark berichtet haben. Wenn wir jetzt über die gleichen Bands berichten, hat das einen anderen Anstrich, weil diese Bands so breit akzeptiert werden.

Müsste man sich nicht von alten Lieblingen trennen?

Michael Lohrmann: Wir bemühen uns, Bands nicht wegen ihres Erfolges zu verdammen. Wir berichten ja nicht 20 Jahre über die Red Hot Chili Peppers, um zu sagen, dass die jetzt blöd sind. Andererseits sind wir bemüht, Bands zu finden, die heute an dem Punkt sind, wo Soundgarden vor 20 Jahren waren.

Riskiert man da nicht auch Pleiten?

Michael Lohrmann: Wir wollen Bands aufbauen. Andere Magazine bringen Bands, wenn sie schon populär sind. Wir picken die Bands heraus, wenn sie zeigen, dass was aus ihnen werden könnte.

Zum Beispiel?

Michael Lohrmann: Dredg. Die haben wir auf den Titel gepackt, als sie noch unbekannt waren. Aber die Platte war toll. Mittlerweile verkaufen sie das Palladium in Köln aus. Und Sonntag spielen sie zu unserem Jubiläum im Dortmunder Konzerthaus.

Und Sie werden von der Ruhr.2010 unterstützt . . .

Michael Lohrmann: Es ist schön, dass auch mal die profitieren, die die Jugendkulturfahne im Ruhrgebiet hoch halten. Vielleicht kann man unser Jubiläum ja auch als vorzeitigen Auftakt der Ruhr 2010 sehen.