Essen. . Ab 2013 kommt die Haushaltspauschale. Dann möchte die GEZ eine wahre Datenflut über ihre Kunden anlegen. Vermieter sollen ihre Mieter melden, und Bürger sollen gegenüber der Zentrale begründen, warum sie aus ihrer Wohnung ausziehen.
Der graue Herr mit der Aktentasche unterm Arm, der mehr oder weniger freundlich an der Haustür nach Fernseher und Radio fragt, kommt nicht mehr. Mit dem Ende der TV-Gebühr hat er ausgedient. Geht es nach der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) wird mit der Haushaltspauschale, die ab 2013 erhoben wird, eine bisher unbekannte Durchleuchtung der Kunden starten. Datenschützer und Vermieterverbände protestieren bereits.
Drei Punkte in dem neuen „15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag“, der die Haushaltspauschale gesetzlich regelt, kritisiert der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW (LDI).
Vermieter sollen ihre Mieter melden
Erstens: Die GEZ möchte Hauseigentümer verpflichten, ihr beim Auffinden zunächst nicht ermittelbarer Mieter zu helfen. Das gleiche gilt auch für Betriebsstätten und Wohneigentumsgemeinschaften. Bei letzteren soll der Verwalter den Part des „Schnüfflers“ übernehmen. „Das Problem ist, dass es völlig offen ist, was die GEZ erfragt“, erklärt Bettina Gayk, Pressesprecherin beim LDI. Es könnten auch Daten eingefordert werden, die über die ansonsten in den Anmeldeformularen abgefragten hinausgehen. Marit Hansen vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein fürchtete im Gespräch mit dem Branchendienst „heise online“, dass in Zukunft die „Schnüffelei der GEZ auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden soll“. So mag das der für die „Begleitkommunikation zum Wechsel des Finanzierungsmodells“ für alle ARD-Anstalten sowie für das ZDF und das Deutschlandradio federführende SWR nicht sehen. Die Regelung greife nur, „wenn zuvor alle anderen Möglichkeiten zur Feststellung des Inhabers einer Wohnung ausgeschöpft wurden“, erklärt SWR-Justitiar Hermann Eicher. Sollte sich ein Eigentümer weigern, seinen Vermieter zu benennen, „kann der Auskunftsanspruch im Wege eines Verwaltungszwangsverfahrens durchgesetzt werden“, sagt Eicher. „Haus & Grund“ findet das Vorgehen skandalös. „hier wird der Eigentümer zu einem halbstaatlichen Gebühreneintreiber“, sagt Deutschland-Geschäftsführer Stefan Walter.
Großer Datenbankenabgleich geplant
Zweitens: Der LDI hat in einer Anhörung vor dem Landtag in Düsseldorf den von der GEZ geplanten Datenabgleich beanstandet. „Das hat schon fast Rasterfahndungscharakter“, sagt Gayk. Werde der Staatsvertrag bis Ende des Jahres von den Landesregierungen durchgewunken, könnte die GEZ zum Beispiel kommerzielle Datenbänke wie Payback mit der eigenen Adresskartei abgleichen. Nach der Kritik hat Politik einen eher halbherzigen Rückzieher gemacht. „Wir haben diesen Abgleich bis Ende 2014 zunächst ausgesetzt“, sagt der medienpolitische Sprecher der NRW-SPD Marc Jan Eumann.
Bei Auszug: Eine Begründung an die GEZ
Drittens und das ist kein verspäteter Aprilscherz: Die GEZ möchte in Zukunft von jedem Bürger, der aus seiner Wohnung auszieht, eine Begründung erhalten. „Das geht die GEZ nichts an“, sagt Gayk.
Noch sind diese Schnüffel-Wünsche der GEZ kein Gesetz. Zwar haben die Ministerpräsidenten der Länder bereits im Dezember letzten Jahres den Entwurf verabschiedet. Bis Ende 2012 müssen aber noch alle Länder zustimmen. Sechs, so Eichler, hätten schon ihr okay gegeben. Sollte allerdings nur ein Bundesland Bedenken haben, muss neu verhandelt werden. Die GEZ selbst, wollte ihre neuen Schnüffelambitionen nicht begründen: „Die GEZ erteilt Auskunft ausschließlich zum Thema ,Einzug der Rundfunkgebühren’“, sage inhaltlich nichts zum neuen Beitragsmodell, teilte GEZ-Pressesprecherin Nicole Hurst mit.
Bedenken in Sachen Datenschutz hat man bei den Öffentlich-Rechtlichen Anstalten nicht. „Die Regelungen sind selbstverständlich mit dem Datenschutz vereinbar. Das hat für ARD und ZDF Professor Bull, der erste Bundesdatenschutzbeauftragte, in einem Gutachten überprüft“, erklärt Eicher. Trotz aller Prüfungen: Auch Eicher macht einen kleinen Rückzieher: Den „begründeten Lebenssachverhalt“ den die GEZ bei Auszug vorgelegt bekommen möchte, werde man noch genauer definieren. „Wenn wir keine Begründung verlangen, haben wir urplötzlich acht Millionen Abmeldungen“, befürchtet er.
Kommentar: Schnüffeln für die GEZ – von Angelika Wölke