Bochum. . Das Zeltfestival Ruhr wächst seit vier Jahren stetig, nicht zuletzt dank seiner Familienfreundlichkeit. Wir sprachen mit den Männern, die sich das Konzept ausgedacht haben, über Verweildauer, Hartnäckigkeit und Syltgefühle.

Das Zeltfestival Ruhr ist anders als die anderen: Es erstreckt sich über 17 Tage, zeigt pro Tag höchstens drei Künstler – und bietet mit der Gastronomie und dem Markt der Möglichkeiten die Gelegenheit, auch ohne Konzertkarte den Tag dort zu verbringen. In diesem Jahr könnte das Festival an der Marke von 50 000 Konzertbesuchern kratzen. Möglich machen dies drei Männer: Björn Gralla von der Konzertagentur Con­tra Promotion, Heri Reipöler von der Kreativagentur Radar und Lukas Rüger vom Bochumer Restaurant Livingroom. Georg Howahl sprach mit ihnen über ihr Konzept.

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Beim Zeltfestival treten die Mittelalter-Rocker In Extremo, aber auch Joe Cocker und Dieter Hildebrandt auf. Wie passt das zusammen?

Gralla: Unser Programm ist an jedem Tag anders. An einem Tag ist es ein Popfestival, am nächsten ein Rockfestival, dann ein Folkfestival. Wir finden es wunderbar, wenn Dieter Hildebrandt am gleichen Tag da ist wie La Bras Banda – und wenn drei Tage vorher etwa Milow da war.

Aber eine solche Mischung ist doch außergewöhnlich . . .

Gralla: Als wir damals anfingen, haben wir uns gefragt: Was wäre ein Festival, auf das wir selbst gern gehen würden? Und wie kann man eine Vielfalt ausleben, die man normalerweise so nicht veranstalten kann? Und wie kann man möglichst viele Menschen in der Region ansprechen? Das Programm lebt von vielen Geschmäckern.

Reipöler: Aber eine Kon­stante ist, dass wir Familien ansprechen. An den Wochenenden haben wir Kinderprogramm, die Leute kommen schon lange vor den Konzerten. Stichwort: Verweildauer.

Die drei vom Zeltplatz: Björn Gralla (v.), Heri Reipöler (l.) und Lukas Rüger. Foto: Ingo Otto
Die drei vom Zeltplatz: Björn Gralla (v.), Heri Reipöler (l.) und Lukas Rüger. Foto: Ingo Otto © WAZ FotoPool

Sie wollen also die Besucher nicht durchschleusen, sondern behalten?

Rüger: Viele Besucher überlegen sich ganz bewusst, ob sie vorher etwas essen oder erst über den Markt schlendern. Und viele bleiben nach den Konzerten. Man muss sich vorstellen: Ich sehe in angenehmer Atmosphäre ein tolles Konzert, ich komme beseelt heraus, es ist dunkel, Fackeln leuchten, da bleibe ich gerne.

Stopp, jetzt schwärmen Sie mir aber zu viel . . .

Rüger: Es ist so, dass das, was wir transportieren wollen, sich auch auf uns überträgt.

Gralla: Das hat etwas Syltiges. Es kommt auch nicht aufs Wetter an. Es ist wie Sansibar am Kemnader See.

Wieso hat noch niemand vor Ihnen ein Zeltfestival im Revier auf die Beine gestellt?

Reipöler: Wir haben das Zeltfestival ja nicht erfunden, sondern sind im Süden von Deutschland darüber gestolpert. Aber wir haben die dortigen Konzepte nicht kopiert, sondern unserem Geschmack angepasst.

Gralla: Keines dieser Festivals wurde von einem Konzertveranstalter ins Leben gerufen. Das Tollwood-Festival in München ist aus einer Hippie-Kommune entstanden, die Flohmärkte organisierte. Wir hingegen waren zu dritt auf der Suche nach einer Veranstaltung, die wir schnell auf hohem Niveau umsetzen konnten. Jeder von uns für sich alleine hätte das niemals geschafft.

Sie haben ja viele große Namen, die man selten in solch kleinem Rahmen sieht . . .

Reipöler: Langer Atem zahlt sich aus. Joe Cocker haben wir 2009 angefragt – 2011 ist er da. Mit Beady Eye, die nur selten gespielt haben, hat es dagegen auf Anhieb geklappt. Und viele kommen gern wieder, etwa Milow, der 2009 im zweitgrößten Zelt vor 1700 Besuchern spielte und heute im großen Zelt vor 4000. Die Künstler wachsen genau wie wir.

Wie weit soll das Zeltfestival noch wachsen?

Rüger: Wenn wir noch wachsen, dann behutsam, denn der Charakter der Veranstaltung soll erhalten bleiben.

Gralla: Mit 40 Auftritten an 17 Tagen sind wir gut ausgelastet. Aber denkbar ist vieles.