Köln. .

Wieso tut er das? Elton John tritt kurz vor dem zweiten Stück an den Bühnenrand und fordert mit hocherhobenen Händen, ihm und der Band zu applaudieren. Völlig unnötig. Gut 10 000 Fans rasen längst an diesem Sonntagabend in der Kölner Arena. Nach einem wunderbar elegischen „Funeral For A Friend“-Intro, das in ein art-rockig ausgedehntes „Love Lies Bleeding“ übergeht und in einem Feuerwerk aus weiß glitzernden Stroboskoplicht-Blitzen gipfelt.

Die Leute lieben ihn, den kleinen, nunmehr 64-Jährigen mit der Ponyfrisur und den Pausbacken, der lila getönten Brille – passend zum violetten Hemd und der bunten Stickerei auf dem Gehrock – und der ausgeprägten Vorliebe für viel Farbe, für viel Glitzer und viel Klavier. Sir Elton huldigt ihr an diesem Abend ausgiebig, zweieinhalb Stunden bietet er eine voluminöse Show.

Der Mann, der 570 Millionen Alben verkauft hat, kann es immer noch

Angefangen vom Repertoire, das locker vier Jahrzehnte abdeckt (und bei „Goodbye Yellow Brick Road“, „Rocket Man“ oder „Bennie And The Jets“ erst beginnt) über seine erstklassige Band bis hin zur Licht- und Video-Show, die sich wie aus einer riesigen Wundertüte über die Bühne ergießt. Daraus quellen Sterne, Sonnenaufgänge und Skelette auf Erkundungsflug hervor, Raketen, Regenbogen und rotierende Räder, Funkelsteine, Firmamentgeriesel und eine Herde Flamingos in flammendem Pink.

Immer wieder, zwischen unsterblichen Balladen wie dem bittersüßen „Sacrifice“, rasanten Fegern wie „The Bitch Is Back“ oder der nach wie vor, grandiosen Erkenntnis „I Guess That’s Why They Call It The Blues“, gibt sich der Mann, der Zeit seines Lebens mehr als 570 Millionen Alben verkauft hat, dem Klavierspiel hin. Und wirkt dabei so versunken und ganz bei sich wie sonst nur Schröder aus den Peanuts. Die Stimme ist rauer geworden mit der Zeit. Mitunter gibt der Tontechniker so viel Hall dazu, dass es nicht mehr schön ist.

Auch die neuen Titel von "The Union" überzeugen

Aber das Timbre ist noch da, das Typische noch lebendig. Genau wie der Drive, der diesen Mann ausmacht – und der ihn minutenlang Autogramme geben lässt, während ringsum die Pfiffe derer gellen, die bloß zwei Dinge möchten. Noch einmal „Laa-La-La-La-LaLaa“ bei „Crocodile Rock“ singen dürfen – oder auch in der ersten Reihe stehen und eine Eintrittskarte zur Unterschrift hochreichen.

Überzeugen kann auch der Elton John vom 2010 erschienen Album „The Union“, allen voran „Hey Ahab“ – Standing Ovations über Standing Ovations. Und wer am Ende traurig ist, dass er weder „I’m Still Standing“ noch „Daniel“ oder „Candle In The Wind“ gehört hat, verlässt die Arena nach der letzten, leider einzigen Zugabe „Your Song“ dann doch einigermaßen getröstet.