Essen. Vor fünf Monaten ist Samuel Koch bei „Wetten, dass..?“ verunglückt. Jetzt besuchte Thomas Gottschalk seinen gelähmten Kandidaten in der Reha-Klinik. Dabei zeigte der Starmoderator einmal mehr sein Verantwortungs- und Profilierungsbewusstsein.
Das Schicksal des vor fünf Monaten in der „Wetten, dass..?“-Sendung verunglückten Samuel Koch liegt Thomas Gottschalk am Herzen. Jetzt besuchte der Moderator den 23-Jährigen erneut in der Reha-Klinik im schweizerischen Nottwil. Laut Bild-Zeitung – seiner, so scheint’s, persönlichen Hauspostille – unternahmen die beiden einen Ausflug um den Sempacher See.
Samuel Koch war am 4. Dezember in Düsseldorf bei dem Versuch gescheitert, mit Sprungfedern über fahrende Autos zu springen. Er stürzte schwer, musste mehrmals operiert werden, ist seitdem gelähmt und an einen Rollstuhl gefesselt.
Gottschalk, der große Blonde mit der Garantie fürs Heitere, wurde nach dem tragischen Unfall sichtlich nachdenklich, war schockiert. Noch unter dem Eindruck der dramatischen Ereignisse verkündete er dem Publikum: „Ich bringe es nicht fertig, die Sendung zu moderieren . . . ich weigere mich, weiterzumachen, ohne zu wissen, was los ist. Mir tut der Unfall mehr leid als alles andere. Ich fühle mich verantwortlich.“ Erstmals in der Geschichte der Show wurde eine Sendung abgebrochen. Gottschalk erwägte, den lange geplanten Jahresrückblick „Menschen 2010“ eine Woche später abzusagen. Moderierte dann doch und zeigte eine gänzlich neue Facette seines Charakters. Melancholisch, von einer unglaublichen Traurigkeit getragen, der Leichtigkeit des Seins beraubt. In der Folgezeit verkündet Gottschalk seinen Abschied von „Wetten, dass..?“.
Der nachhaltige Gottschalk
Seiner am Abend des Unfalls formulierten Verantwortung blieb er sich bewusst. Im eher schnelllebigen Show-Geschäft bewies der Sonny-Boy der Branche einmal mehr Nachhaltigkeit. Dass er eine konstante Größe in der hektischen Fernsehwelt ist, hat Gottschalk seit mehr als 30 Jahren gezeigt. Und wer genau hingeschaut hat, wie zum Beispiel die Juroren, die dem Moderator vor gut einem Monat die besondere Ehre des Grimme-Preises zuerkannten, sahen: Gottschalk verdiene die „höchste Anerkennung, dafür, wie er sich den Menschen zuwendet und sie nicht, wie in anderen Unterhaltungsbereichen leider oft zu finden, vorführt“. Seine menschliche und professionelle „Grundausstattung“ mit der „unverbrüchlichen Kombination von hoher Präsenz, witziger Geistesgegenwart und unübertrefflicher Schlagfertigkeit“ ließen ihn „auch Ausnahmesituationen mit einer Souveränität meistern, die selbst jene anerkannt haben, welche der Bühne der großen Unterhaltung ferner stehen“.
Sicher, Gottschalk unterscheidet sich erfrischend von einem Dieter Bohlen oder einer Heidi Klum. Er serviert seine Kandidaten nicht ab, er hofiert sie, lädt auf seine Couch, in sein Wohnzimmer, will, dass sich seine Gäste wohl fühlen. Kuschel-Kurs statt Konfrontation heißt seine Devise.
Verona Feldbusch und der große Blubb
Nett kommt er auch als Kinder beschenkender Riesengummibär daher. Seit 1991 wirbt Gottschalk für Haribo, eine Einnahmequelle, die ihm 2005 einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde für die „längste Beziehung zu einem werbetreibenden Unternehmen“ einbrachte. Gottschalk, der Konstante. Zusammen mit seinem Bruder Christoph baut er ein imposantes Werbeimperium auf. Sie vermarkten „Wetten, dass ...?“ in China, akquirieren Promis. Eine der Gottschalk-Entdeckungen heißt Verona Feldbusch. In den Jahren 2000/2001 wird die nervige Ex-RTL-Moderatorin mit der Piepsstimme laut "Focus" gleich sechsmal auf die „Wetten, dass..?“-Couch gebeten. Parallel puscht in dieser Zeit ausgerechnet die Bildzeitung die ehemalige Schönheitskönigin. Alles Zufall? Wohl kaum, denn am Ende steht steht ein lukrativer Spinat-Werbevertrag. Vermittelt von Dolce Media, der Vermarktungsagentur der Gottschalk-Brüder. Ein wahrlich großer Blubb.
Die Nähe zu „Bild“ blieb über die Jahre bestehen, wird in diesen Monaten überdeutlich. Egal wie sich Gottschalk in den letzten Monaten zum Fall Samuel Koch äußerte, wann er den verunglückten Wettkandidaten traf – „Bild“ war dabei. Meist exklusiv.
Doppelspiel ziwschen Verantwortungs- und Sendungsbewusstsein
Skeptiker könnten in dem Doppelspiel zwischen Verantwortungs- und öffentlich zur Schau gestelltem Sendungsbewusstsein einen gefährlichen Spagat sehen. Könnten fragen, in wie weit Gottschalks Mitleid ehrlich gemeint ist. Bleibt vor allem für Samuel Koch zu hoffen, dass die Worte, die „Bild“, wer auch sonst, gehört haben will, stimmen: „Ich war dabei, als du die letzten Meter gelaufen bist. Ich will auch dabei sein, wenn du irgendwann deinen ersten Meter läufst.“