Essen/Mainz. Der preisgekrönte Tierfilmer und Zoologe Reinhard Radke führte Regie in dem beeindruckenden Kinofilm Serengeti. Eine atemberaubende Naturdokumentation über diese einzigartige afrikanische Landschaft.
Als Biologiestudent war er 1978 zum ersten Mal in der Serengeti. Die Weite des Landes, seine faszinierende Tierwelt sollten Reinhard Radke nie wieder loslassen. 52 Jahre nach dem mit einem Oscar ausgezeichneten Dokumentarfilm „Serengeti darf nicht sterben“ von Bernhard Grzimek kommt am Donnerstag wieder eine Naturdokumentation über diese einzigartige afrikanische Landschaft in die deutschen Kinos. Der preisgekrönte Tierfilmer und Zoologe Reinhard Radke führte Regie und drehte auch 80 Prozent der oft atemberaubenden und berührenden Bilder.
Serengeti
„Wenn ein Löwe im rötlichen Morgenlicht aus dem Gebüsch tritt und dröhnend brüllt, dann wird auch Menschen in 50 Jahren das Herz weit werden“, hatte der 1987 verstorbene Grzimek seine Liebe zu diesem Stück Erde in Worte gefasst. Der Direktor des Frankfurter Zoos hat seinen Sohn an diese Liebe verloren. Michael Grzimek stürzte 1959 bei Dreharbeiten zum Film ab. Sein Flugzeug kollidierte mit einem Geier.
Die Serengeti – das ist ein 30 000 Quadratkilometer großes, baumarmes Savannengebiet im Osten Afrikas, das sich vom Norden Tansanias bis zum Süden Kenias erstreckt. Ein Teil ist der 15 000 Quadratkilometer große Serengeti-Nationalpark – ein Weltnaturerbe der Unesco. Wenn Reinhard Radke von der Serengeti erzählt, leuchten seine Augen: „Ein traumhaftes Land, in dem man Tiere in großen Gemeinschaften beobachten kann, wie das sonst auf der Welt nicht mehr möglich ist.“ Radke drehte 2008 und 2009.
„Ich war nie mit mehr als fünf Leuten unterwegs. Denn je größer die Teams, desto schwieriger wird es, Tiere ungestört aufzunehmen“, erklärt der 62-Jährige, der bei Mainz zu Hause ist. Das Handwerkszeug des Tierfilmers: eine hochauflösende Videokamera und zwei extrem scharf zeichnende Objektive – ein großes Tele-Zoom, für Bilder aus großer Entfernung und ein Weitwinkel-Zoom, mit dem auf kurze Distanz gefilmt werden kann.
Damit fing Radke für die Kinoleinwand ein einmaliges Schauspiel ein: den großen Zug der Tiere. Fast zwei Millionen Gnus, Gazellen, Zebras und Antilopen durchqueren jährlich in der Serengeti rund 25 000 Quadratkilometer Wildnis – von den Ebenen unter den Vulkanen des Kraterhochlandes, über die dornigen Buschländer der zentralen Serengeti bis zu den üppigen Weiden im Norden. Gefolgt von Löwen, Leoparden, Geparden und Hyänen.
Bei den Dreharbeiten wurde der Zoologe von Ivo Nörenberg unterstützt. Er war für extreme Zeitlupenaufnahmen von Krokodilen und Geparden zuständig. Dabei arbeitete der Hamburger mit einer Hochgeschwindigkeits-Videokamera, die sagenhafte 2000 Bilder pro Sekunde aufnimmt. „So können wir im Film Tierverhalten in Zeitlupe zeigen, das wir beim Drehen gar nicht bemerkt haben“, erläutert Reinhard Radke. Ein Beispiel: „Ein Krokodil schnappte sich einen Fisch, der ihm von einem anderen Krokodil abgenommen wurde. Mit einem Sprung entkam der Wels beiden. Das sahen wir aber erst, als wir das Material sichteten.“
Seit Grzimeks „Serengeti darf nicht sterben“ (1959) hat sich der Tier-Bestand dort fast verfünffacht. Allerdings leben heute auch zwei Millionen Menschen westlich des Nationalparks.
Der Kinofilm, durch den Schauspieler Hardy Krüger jr. als Sprecher führt, verzichtet auf Hinweise zur Bedrohung der Region durch Siedlungsdruck und Wilderei. Auch über den von Tansania angekündigten Bau einer rund 500 Kilometer langen Fernstraße zum Victoriasee, die 45 Kilometer durch den Nationalpark führen soll, erfährt der Zuschauer nichts. Warum? „Unser Film soll eine Ergriffenheit von der Schönheit dieses Naturraums erzeugen, die mit gut gemeinten Belehrungen leicht zerstört werden könnte“, meint Zoologe Reinhard Radke, der hofft, „auch in unserer unruhigen Welt“ noch die Herzen zu erreichen.