Klagenfurt. Jens Petersen gewann das Dichterwettlesen in Klagenfurt, der Ernst-Willner-Preis ging an Katharina Born. Für einen Skandal sorgte die Rede des Büchnerpreisträgers Josef Winkler: Der Bürgermeister von Klagenfurt mochte vor lauter Unmut nicht mehr zu seinem eigenen Empfang erscheinen.
Der Skandal fand am Rande statt, mit der hochpolitischen und erzliterarischen Klagenfurter Rede des Büchner-Preisträgers Josef Winkler. Der hatte am Vorabend des Lesemarathons das Klagenfurter und Kärntner Establishment ins Mark getroffen, der Bürgermeister erschien tags drauf nicht zu dem Empfang, zu dem er selbst eingeladen hatte! Jetzt fehlt nur noch, dass Klagenfurt endlich die von Winkler eingeforderte Stadtbibliothek bekommt und nicht mehr die einzige Großstadt Mitteleuropas ohne öffentlichen Leseraum bleibt.
Immerhin, eine halbe Woche im Jahr ist Klagenfurt Literaturhauptstadt. Und so gewann gestern eine Geschichte vom Töten auf Verlangen, vom gemeinsamen Liebestod, von der Selbstbestimmung über das Leben hinaus den mit 25 000 Euro dotierten Ingeborg-Bachmann-Preis. Nach dreitägigem Wettlesen hat die siebenköpfige Jury den 1976 in Pinneberg geborenen Jens Petersen zum Sieger aus einer Reihe von nahezu gleichwertigen Texten gekürt.
Mehr als ein Trostpreis
Der Preisträger war vom Vorsitzenden der Jury Burkhard Spinnen vorgeschlagen worden. Er lebt heute in Zürich, steht in der Ausbildung zum Facharzt für Neurologie und las den Auszug „Bis dass der Tod“ aus einem Roman, in dem der Mann seine unheilbar kranke Frau erschießt und seine Selbsttötung über das Ende des Textes hinausschiebt.
Für Ralf Bönt blieb der mit 10 000 Euro dotierte Kelag-Preis mehr als ein Trost. Der studierte Physiker aus Berlin hatte vor mehr als zehn Jahren bereits einmal einen Preis in Klagenfurt gewonnen und ging diesmal, wie er betonte, ganz ruhig in den Wettbewerb. Er machte sich ein Vergnügen daraus, seine doppelbiografischen Erzählung über die beiden großen Physiker Faraday und Hertz aus der Sicht eines erfundenen Elementarteilchens zu erzählen.
Katharina Born im Glück
Eine an der Kieler Förde und im mecklenburgischen Güstrow spielende stimmungsvolle Erzählung brachte Gregor Sander aus Schwerin den 3sat-Preis ein. „Winterfisch“ verschränkt die politische Geschichte aus der früheren DDR und der Vereinigung sehr subtil mit der individuellen Geschichte seiner Personen, die Jury lobte die handwerkliche Perfektion des Autors, der demnächst im Göttinger Wallstein Verlag publiziert wird.
Katharina Born, der Trägerin des Literaturpreises Ruhr 2007, brachte die Startnummer 13 kein Unglück, im Gegenteil, sie war „sehr glücklich” über den Ernst-Willner-Preis (7000 Euro) für ihren Text „Fifty Fifty”, ausgewählt von Ijoma Mangold („Die Zeit”). Es geht um die Verspannungen zwischen der ersten und der zweiten Generation nach 1968. Eher ein Treatment für einen Film, befanden die einen in der Jury – der Text gehe sehr nah an die Figuren heran, die anderen. Die Autorin ist die Tochter von Nicolas Born, dessen Werk sie herausgegeben hat.