Berlin. Ein Hund wird angeklagt – und aus einem skurrilen Fall ein wahrer Kulturkampf: die tierische Komödie „Hundschuldig“ aus Frankreich.
Cosmos hat es schon wieder getan. Zum dritten Mal hat der Hund einen Menschen gebissen, diesmal sogar ins Gesicht. Nun droht dessen sehbehindertem Besitzer, Dariuch Michovski (François Damien), dass sein treuer Begleiter eingeschläfert wird. Entscheiden wird das ein Gericht, vor dem sich der Vierbeiner persönlich verantworten soll.
Ein erhellendes Gedankenspiel über größere gesellschaftliche Themen
Die Verteidigung übernimmt eine ebenso chaotische wie engagierte Anwältin, Avril (Debütregisseurin Lætitia Dosch selbst), die Frau für aussichtslose Fälle. Sie ist zu allem entschlossen, Cosmos vor dem Todesurteil zu bewahren. Das sorgt nicht nur für Medienrummel, sondern ruft auch Tierschützer, Feministinnen und andere Protestgruppen auf den Plan, die sich nichts schenken. Und der arme Köter wird von allen Lagern als Gegenstand eines Kulturkampfs gemacht.
Dosch nimmt in ihrem Film „Hundschuldig“ die skurrile Grundidee, um vor der Kulisse einer vermeintlich heilen Schweizer Kleinstadt daraus ein hintergründig-ironisches, immer wieder erhellendes Gedankenspiel über größere gesellschaftliche Themen zu schaffen, von Tierrechten über tiefverwurzelte Vorurteile und soziale Ungerechtigkeit bis Diskriminierung.
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Auch wenn das bisweilen wie eine Nummernrevue an kleinen Sketchen wirkt und sich in manchem Nebenschauplatz verliert, gelingt ihr doch eine kurzweilige, chaotisch ausufernde Komödie, die immer wieder mit absurden Einfällen überrascht und den Gerichtssaal zum großen Gesellschaftstheater macht. Da will etwa die Anklage den Fall zu einem Hassverbrechen erklären, schließlich seien alle drei Opfer Frauen. Oder waren sie etwa selbst schuld, weil sie den Hund schlicht beim Fressen störten?
Mit meist warmherzigem Witz, aber auch manch bitterem Seitenhieb reflektiert die Regisseurin, was Verantwortung bedeutet, für Hund, Individuen und die Gesellschaft als Ganzes. Da darf es dann, bei aller tierischen Liebe, auch ordentlich menscheln. Das Humanpersonal ist dabei heillos überzeichnet, und am Ende stiehlt die Promenadenmischung Kodi als Cosmos ohnehin allen die Show. Dafür gab’s in Cannes den Palm Dog Award. Wuff!
Komödie, CH/F 2024, 85 min., von Lætitia Dosch, mit Lætitia Dosch, François Damiens, Jean-Pascal Zadi, Pierre Deladonchamps