Bochum. Jan Werner macht seit über 30 Jahren Musik bei Mouse On Mars. Nun hat er als erster Professor für Popmusik an der Folkwang Uni Bochum begonnen.
Die elektronische Musik von Jan Werner ist schwer zu fassen. Schon sein erfolgreichstes Projekt Mouse On Mars, das er seit 1993 mit dem Düsseldorfer Andi Toma betreibt, schwebt im Raum zwischen Techno und Ambient, zwischen Dance und Kraut. Eigentlich ist es aber ein niemals endendes, undogmatisches Klangexperiment. Auch mit seinen künstlerischen Klang-Installationen, die ihn zur documenta und zur Ruhrtriennale brachten, liefert er vollkommen unkonventionelle, herausfordernde Hör-Erfahrungen. Er lehrte bereits am Massachusetts Institute Of Technology (MIT) und zuletzt an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. Seine Berufung zum ersten Professor am Folkwang Institut für Pop-Musik in Bochum kommt also mit einer Verheißung: Er bringt viel Mut mit, Neues zu entwickeln. Wir sprachen mit ihm darüber, warum es gut ist, den eigenen Begriff von Popmusik zu hinterfragen – und die Studenten vielleicht sogar zu verunsichern.
Herr Werner, die Musik, die Sie mit Mouse On Mars machen, fällt zwar ins Pop-Genre. Aber die wenigsten würden den Sound spontan als Pop bezeichnen. Was bedeutet das für Ihre Professur?
Der Ruf an die Folkwang Universität der Künste ist ja mit dem Master-Studiengang verbunden. Der ist etwas strenger im Vergleich zu dem, was ich vorher gemacht habe. Wobei auch die Lehre am MIT nicht unstreng war. Und jetzt treffe ich auf diesen Popbegriff. Was zur Frage führt: Was bedeutet das programmatisch?
Pop ist nur eine Galaxie unter vielen anderen
Und?
Ich muss jetzt erstmal lernen: Was verstehen die bisher dort Studierenden unter Pop, was haben die Lehrenden bisher gemacht? Wir haben jetzt schon auch eine neue Unit entwickelt. Das sind verschiedene Seminare, die zusammengreifen. Das ist dann eher „Klang, Forschung, Praxis“. Pop ist da eher so ein Oberbegriff. Mich interessiert aber immer: Wo ist der nächste Kreis? Inwiefern ist das so ein planetarisches System? Und nicht so ein schwarzes Loch, das alles in sich aufsaugt. Eher so ein konstellatives System, in dem Dinge sich zueinander verhalten. Pop kann eben so eine Galaxie beschreiben. Aber dann gibt es auch noch mal eine andere Galaxie. Und ich finde es toll, diese Auseinandersetzungen und Reibungen zu suchen. Und natürlich auch diesen Popbegriff zu hinterfragen.

Inwiefern?
Ich will vielleicht die Studierenden auch etwas verunsichern. Seid ihr euch da so sicher mit dem, was Ihr denkt? Wie weit kommt ihr mit eurer Popvorstellung? Wie wichtig ist euch das mit der Musik? Da gab es schon die ersten Diskussionen. Man muss da zum Teil sehr behutsam vorgehen. Und zum Teil muss man auch ein bisschen provozieren. Denn das einzig Sichere ist, dass nichts sicher ist. Und damit kann man ganz gut arbeiten.
Das heißt auch, dass der Schwerpunkt nicht auf klassischer Instrumentalausbildung liegen wird, sondern eher auf Kreativität?
Im besten Falle geht es vielleicht sogar darum, eine neue Technik zu erfinden. Das ist eben ein Master-Studiengang. Bestimmte Grundvoraussetzungen werden über den Bachelor-Studiengang vermittelt. Mit dem Master-Studiengang kann man nicht nur bestimmtes Wissen vertiefen, sondern auch nochmal infrage stellen, wie deine eigenen Routinen bisher funktionieren. Du kannst dann selbst Muster erkennen und sie verändern.
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Das heißt: Sie produzieren keine Hits, sondern eher Kunst?
Wir können sogar sagen: Vielleicht kommt am Ende keine Musik dabei raus. Lass uns doch das mal so radikal denken. Es gab in der Geschichte der Musik, der Kunst, der Literatur, des Theaters immer wieder radikale Ablehnungen dem Genre gegenüber. Menschen, die einfach gesagt haben, ich werde keine Geschichte mehr schreiben. So produzierte James Joyce „Ulysses“, das ist Weltkulturerbe. Ähnlich verhält es sich bei John Cage mit dem komplett stillen „4‘33‘‘“. Es ist keine Musik und doch ist es so viel zu hören, was stattfindet.
Kann man den Sound, den ihr mit Mouse On Mars macht, überhaupt einer Ecke im Pop-Genre zuordnen?
Wir wollten uns da nicht festlegen lassen. Wir sind immer weggerannt, wenn es eine neue Bezeichnung gab.
Zusammenarbeit mit Mark E. Smith von The Fall – und mit The National
Sie haben auch mit der Indie-Legende Mark E. Smith von The Fall zusammengearbeitet. Wie passt das?
Die Verbindung zu Mark ist lustigerweise über eine WG im Rheinland zustande gekommen. Die drei dort Lebenden hatten tatsächlich Kontakt mit Mark E. Smith. Auch Alec Empire und andere hingen dort in der WG ab. Elena Poulou, Marks Frau, kam dann mit ihm zu einem unserer Konzerte in London. Wir haben gesagt: Lass uns etwas zusammen machen. Wir waren halt in unserem Ding, er hatte seine eigene Art. Manchmal haben wir ihn gar nicht richtig verstanden, er hatte halt diesen Manchester-Akzent und manchmal hatte er auch seine Zähne gar nicht im Mund. Wir waren also perfekt unkompatibel. Und deswegen hat es super funktioniert.
Und wie war die Zusammenarbeit mit The National?
Die sind total immer ganz verständnisvoll und öffnen sich ganz vielen anderen MusikerInnen und KünstlerInnen gegenüber, sie sind sehr kollaborativ. Wir haben zu den letzten vier Alben von The National Sounds beigesteuert. Aber im Prinzip kann mir sogar wurscht sein, was für Musik sie eigentlich machen. Wir kriegen einzelne Spuren von Stücken und können eigentlich mit jeder Spur machen, was wir wollen. Und dann schicken wir unsere Bearbeitungen zurück. Aber nichts von dem, was wir gemacht haben, hörst du deutlich in der Produktion.