Essen. Die Essener Slampoetin und Komikerin stellt ihr neues Solo „Plüsch“ vor. Inspiration liefert dabei auch ihre eigene Tollpatschigkeit.

Die „Ladies Night“ im WDR, das Kultformat „Nightwash“ auf YouTube oder die Moderation der deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaft im Bochumer Starlight-Express-Theater – Sandra Da Vina hat man in den vergangenen Jahren vielerorts zuhören können. Die Essener Slampoetin, Lyrikerin und Komikerin tourt nun mit ihrem vierten Soloprogramm. Worum es in „Plüsch“ geht, wie man mit Bühnen-Lyrik Geld verdienen kann und warum wir noch mindestens 15 Jahre auf ihren ersten Roman warten müssen, verriet uns Da Vina (35) im Interview.

Wie waren die vergangenen zweieinhalb Jahre mit „Viva da Vina“ für Sie, was waren die Höhepunkte?

Es ist endlich wieder mehr auf den Bühnen passiert. Ich freue mich vor allem, dass wieder Leute kommen. Ein absolutes Highlight war aber auch die Moderation der deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaft in Bochum 2023.

Das neue Programm heißt „Plüsch“. Woher der Titel?

Ich finde das Wort schön. Man denkt an etwas Gemütliches, Bequemes, an Kuscheltiere oder extravagante Outfits. Zudem sollte der Programmtitel knapp sein, nur ein Wort. Ein Titel wie „Plüsch“ lässt zudem vieles offen und macht die Leute neugierig. Ich wollte keinesfalls wieder ein Wortspiel mit meinem Namen machen, hatte schon im „Viva Da Vina“-Programm gewitzelt, dass es, wenn es so weitergeht, bald auf „Da Vina Würstchen“ rausläuft – das galt es unbedingt zu verhindern.

Was ist Ihr Lieblingsplüschtier?

Ein Husky, selbst genäht von Oma. Der war riesig groß, super unhandlich. Da wusste man oft nicht, ob jetzt Klein-Sandra den Husky trägt oder er mich. Aber der hat immer gut auf mich aufgepasst. Ich wollte dann auch total gerne einen echten Hund haben, aber es war natürlich völlig nachvollziehbar, dass die Eltern nein gesagt haben. Ich war ja erst vier. Heute wird er weiterhin gehegt und gepflegt, aber ist nicht mehr aktiv in Benutzung.

Was sind denn die Hauptthemen in „Plüsch“?

Es wird eine wilde Mischung aus Stand-Up-Comedy, Lyrik und Lesung. Themen sind alles, was mich im Alltag beschäftigt: Hobbys, Urlaub, Freundschaft, Liebe. Und ich stelle wichtige Fragen des Lebens wie „Wird KI mich ersetzen?“ oder „Wieso gibt es keine Schaumpartys mehr?“ Natürlich geht es immer auch viel um meine Perspektive, weil man sich selbst im Leben nun mal am meisten begegnet. Ich lache auch gerne über mich, da wird es nie langweilig.

Woher kommt das?

Ich habe zum Beispiel eine gewisse Tollpatschigkeit. Ich mache das jetzt seit mehr als zehn Jahren und kann sagen: Man muss bereit sein, auch mal zu scheitern. Das gehört in dem Beruf dazu. Und ich kann daraus witzige Anekdoten ziehen, dann wieder gemeinsam mit anderen darüber lachen.

Wie politisch wird es?

Als Privatpersonen sind wir ja alle politisch und es ist wichtig, in diesen Zeiten, wann immer es geht, zu zeigen, wo man steht. Das mache ich auch in der Öffentlichkeit. In „Plüsch“ werde ich manche strukturelle Themen anschneiden. Aber ich mache kein politisches Kabarett, in der Sparte sehe ich mich nicht.

Vorlesetipps von Promis: Dieses Kinderbuch mag Peter Lohmeyer

Peter Lohmeyer
Schauspieler Peter Lohmeyer: „„Mein Lieblingsbuch zum Vorlesen ist und bleibt Latte Igel. Das habe ich früher selbst gelesen und würde es auch meinem jüngsten Sohn erst mal vorlesen und ihn dann selber weiterlesen lassen. Ein spannendes Kinderbuch, in dem ein Igel eine abenteuerliche Reise durch eine doch ziemlich ruinierte Natur erlebt, für Kinder ab vier.“ © FUNKE Foto Services | André Hirtz
Ina Brandes, NRW-Kulturministerin: „Als ich acht Jahre alt war, habe ich Pünktchen und Anton zum ersten Mal gelesen, und es wurde gleich mein Lieblingsbuch. Erich Kästner ist ein Meister der klaren, schnörkellosen Sprache und erweckt damit so herrliche Figuren wie die ‚dicke Berta‘, den Bräutigam ‚Robert den Teufel‘ und den Hund ‚Piefke‘ zum Leben. Beim Lesen und Vorlesen geht das Kopfkino los – und das ist noch besser als der tolle Schwarz-Weiß-Film von 1953.“
Ina Brandes, NRW-Kulturministerin: „Als ich acht Jahre alt war, habe ich Pünktchen und Anton zum ersten Mal gelesen, und es wurde gleich mein Lieblingsbuch. Erich Kästner ist ein Meister der klaren, schnörkellosen Sprache und erweckt damit so herrliche Figuren wie die ‚dicke Berta‘, den Bräutigam ‚Robert den Teufel‘ und den Hund ‚Piefke‘ zum Leben. Beim Lesen und Vorlesen geht das Kopfkino los – und das ist noch besser als der tolle Schwarz-Weiß-Film von 1953.“ © MKW | Anja Tiwisina
Katrin Zagrosek, Leiterin des Klavierfestival Ruhr: „ ,Tomte Tummetott‘ von Astrid Lindgren: Eingekuschelt in eine warme Decke von dem wundersamen Zwerg zu lesen, der in der bitterkalten Nacht die Tiere besänftigt, das beruhigt Leserin wie Zuhörerin und lässt Hoffnung schöpfen.“
Katrin Zagrosek, Leiterin des Klavierfestival Ruhr: „ ,Tomte Tummetott‘ von Astrid Lindgren: Eingekuschelt in eine warme Decke von dem wundersamen Zwerg zu lesen, der in der bitterkalten Nacht die Tiere besänftigt, das beruhigt Leserin wie Zuhörerin und lässt Hoffnung schöpfen.“ © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn
Julia Röntgen udn Sänger Sascha
Sasha und Ehefrau Julia Röntgen, Sänger/Entertainer und Kinderbuchautorin: „Wenn wir nicht aus unseren eigenen Kinderbüchern vorlesen, greifen wir am liebsten zur ,Unglaublichen Geschichte der Riesenbirne‘ des dänischen Autors Jakob Martin Strid. Unser fünfjähriger Sohn Otto liebt die fantasievollen Bilder und das spannende Abenteuer.“ © Carlsen-Verlag | Carlsen-Verlag
Schriftstellerin und Kriminalpsychologin Lydia Benecke: „Mein liebstes Vorlesebuch ist ‚Die Brüder Löwenherz‘ von Astrid Lindgren. Es ist eine besonders schöne Geschichte über geschwisterliche Bindung, Integrität und Mut. Der sehr gesunde Bruder Jonathan rettet seinen kleinen, sehr kränklichen Bruder Karl vor einem Hausbrand, stirbt aber dabei. Beide treffen sich kurz darauf im Jenseits wieder. Ein Roman, den ich schon als achtjähriges Kind großartig fand. Die Handlung ist sehr rührend und setzt sich empathisch mit auch komplexen, ethischen Fragen auseinander.“
Schriftstellerin und Kriminalpsychologin Lydia Benecke: „Mein liebstes Vorlesebuch ist ‚Die Brüder Löwenherz‘ von Astrid Lindgren. Es ist eine besonders schöne Geschichte über geschwisterliche Bindung, Integrität und Mut. Der sehr gesunde Bruder Jonathan rettet seinen kleinen, sehr kränklichen Bruder Karl vor einem Hausbrand, stirbt aber dabei. Beide treffen sich kurz darauf im Jenseits wieder. Ein Roman, den ich schon als achtjähriges Kind großartig fand. Die Handlung ist sehr rührend und setzt sich empathisch mit auch komplexen, ethischen Fragen auseinander.“ © FUNKE Foto Services | Zoltan Leskovar / FUNKE Foto Services
Autorin und Poetry-Slam-Künstlerin Sandra da Vina: „Ich habe das Glück, dass ich meinem Kind noch viele Bücher vorlesen darf und dadurch selbst immer wieder neue Geschichten entdecke, an denen auch ich Freude habe. Gerade lieben wir ‚Der Happaflapp reist in den Müthenwald‘ von Michael Engler mit tollen Illustrationen von Barbara Scholz. Eine Geschichte über Freundschaft und Abenteuer rund um den kleinen Flapp, der sich auf die Suche nach einem Freund macht und dabei allerlei wunderlichen Wesen begegnet. Wichtig beim Vorlesen ist ja, dass man auch Gelegenheit hat, seine Stimme zu verstellen. Den Bären Tatz habe ich perfektioniert, das muss mir erstmal jemand nachmachen!“
Autorin und Poetry-Slam-Künstlerin Sandra da Vina: „Ich habe das Glück, dass ich meinem Kind noch viele Bücher vorlesen darf und dadurch selbst immer wieder neue Geschichten entdecke, an denen auch ich Freude habe. Gerade lieben wir ‚Der Happaflapp reist in den Müthenwald‘ von Michael Engler mit tollen Illustrationen von Barbara Scholz. Eine Geschichte über Freundschaft und Abenteuer rund um den kleinen Flapp, der sich auf die Suche nach einem Freund macht und dabei allerlei wunderlichen Wesen begegnet. Wichtig beim Vorlesen ist ja, dass man auch Gelegenheit hat, seine Stimme zu verstellen. Den Bären Tatz habe ich perfektioniert, das muss mir erstmal jemand nachmachen!“ © Marvin Ruppert | Marvin Ruppert
Comedian Johann König: „Lesen ist was Wunderbares. Vorlesen auch. Das muss man sich nur immer wieder sagen. Das Beste aus Astrid Lindgrens Kosmos ist im Band ,Erzählungen’ versammelt; mochte ich selber als Kind schon sehr und hab dann meinen Kindern auch gern daraus vorgelesen. Jeder will doch nach Bullerbü.“  
Comedian Johann König: „Lesen ist was Wunderbares. Vorlesen auch. Das muss man sich nur immer wieder sagen. Das Beste aus Astrid Lindgrens Kosmos ist im Band ,Erzählungen’ versammelt; mochte ich selber als Kind schon sehr und hab dann meinen Kindern auch gern daraus vorgelesen. Jeder will doch nach Bullerbü.“   © Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung | Ralf Engel
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Die meisten Ihrer Auftritte sind weiterhin in NRW – warum?

Es ist ein super Bundesland, in dem kulturell viel geht. Man muss nicht weit fahren, um auftreten zu können. Aber ich trete auch in Hamburg, Leipzig oder Mannheim auf und es kommt an. Ich spreche über Dinge, die nicht nur im Ruhrgebiet funktionieren. Die Leute, die zu mir kommen, sind ja meist in meiner Generation und können sich mit den Themen identifizieren, da ist es egal, wo der Auftritt stattfindet.

Was genau sichert Ihr Einkommen?

Es ist eine Mischung aus allem, und das verhält sich jeden Monat anders. Soloprogramm, Poetry Slam, Moderation, Bücher, Seminare. Die Antwort auf die Frage „Kann man davon leben?“ ist nicht zwingend „Ja“. Es ist auf der einen Seite ein Glücksspiel, auf der anderen muss man aushalten können, dass es phasenweise mal nicht so läuft. Das Gute ist: Man kann sich in verschiedenen Formaten versuchen, wächst in neue Aufgaben und Rollen rein. Du musst bereit sein, unterschiedliche Dinge auszuprobieren, um deinen Weg zu finden.

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Viele heute erfolgreiche Comedians wie Felix Lobrecht oder Till Reiners fingen mit Poetry Slam an, machen heute ständig Witze darüber. Wie denken Sie darüber?

Ohne genau zu wissen, was da genau gesagt wurde: Ich kann nur von mir reden und für mich ist es wichtig, dass du nie deine Wurzeln vergisst. Es gibt ja auch fantastische Parodien über Poetry Slam, jedes Kunstformat bedient ja bestimmte Klischees. Poetry Slam ist ein Format, dem ich viel zu verdanken habe, das dir sehr viele Möglichkeiten bietet und ermöglicht, Bühnenerfahrung zu sammeln und nachgewiesenermaßen ein überragendes Sprungbrett.

Wie hat sich die Szene in NRW seit Ihrem Karrierebeginn entwickelt?

Da gibt es Wellenbewegungen. Den ganz großen Hype gab es, als Julia Engelmann so berühmt wurde. Das hat Poetry Slam bei vielen auf den Schirm gebracht. Heute muss man sagen, dass uns zwei, drei ganze Jahrgänge weggebrochen sind, gerade wegen Corona. Es ist aber immer noch spannend und schön zu sehen, dass junge Leute nachkommen und Impulse setzen. Manchmal bin ich schon die Älteste auf der Bühne. „Wortlaut.Ruhr“ ist leider weg, das ist ein herber Schlag für Poetry Slam in NRW. Da ist gerade einiges im Umbruch, aber die Leute haben noch Bock und kommen.

Sandra da Vina moderiert regelmäßig Poetry Slams oder tritt bei Mix-Shows auf – wie hier mit Florian Wintels und Piet Weber im Theaterhof der Stadthalle in Gladbeck.
Sandra da Vina moderiert regelmäßig Poetry Slams oder tritt bei Mix-Shows auf – wie hier mit Florian Wintels und Piet Weber im Theaterhof der Stadthalle in Gladbeck. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Gibt es bei Ihnen Pläne in Richtung TV?

Nicht wirklich. Aber wenn für eine Late-Night-Show eine Stelle frei wird ... hier bin ich! Grundsätzlich bin ich dem Medium nicht abgeneigt. Wenn sich irgendwas ergibt, warum nicht?

Wie steht es denn um den Roman, den Sie vor Jahren im Interview mit dieser Zeitung ankündigten?

Ich beobachte den Prozess … (lacht) Man muss ja den eigenen Roman 20 Jahre lang ankündigen, damit es wirklich jeder auf dem Schirm hat. Wir sind jetzt im fünften Jahr, 2040 hat sich die Vorfreude dann richtig gelohnt! Aber mal im Ernst: Ich will den immer noch machen, aber es fehlt an der Zeit. Und es ist so: Ich schreibe 80 Seiten und dann habe ich plötzlich Bock auf etwas anderes. Da merkt man, dass ich vom Kurztext komme. Ich muss lernen, eine Langzeitbeziehung mit Textstoffen einzugehen, das fällt mir richtig schwer. Es ist aber auch absolut in Ordnung, wenn Dinge Zeit brauchen.

Sandra Da Vina mit „Plüsch“ live:

26.1. Wesel (Scala, Vorpremiere), 31.1. Essen (Stratmanns), 18.2. Düsseldorf (Zakk), 28.2. Soest (Alter Schlachthof), 15.3. Köln (Comedia), 16.3. Unna (Lindenbrauerei), 28.3. Wuppertal (Die Börse), 15.5. Duisburg (Steinhof). Karten ab ca. 21 Euro und alle weiteren (Moderations-)Termine von und mit Sandra da Vina gibt es auf sandradavina.com.