Oberhausen. Momentan arbeiten 35 Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Welt nahe dem Centro an Eisskulpturen. Die Ausmaße sind gigantisch.

Die schneeweiße Halle gegenüber vom Centro-Parkhaus 7 sticht wie ein Fremdkörper aus der Umgebung hervor. Innen stehen improvisierte Bänke und Tische aus Paletten samt einer Bar mit heißen Getränken. Die sind auch bitter nötig. Denn: Jenseits des Vorraums wird es frostig – minus acht Grad um genau zu sein.

Die Metalltür zur großen Halle öffnet sich und auch eisiger Hauch weht hindurch in den Vorraum hinein. Er kitzelt in der Nase und lässt die feinen Härchen im Nacken zu Berge stehen. Bei einem kurzen Blick ins Innere der Halle wird klar, warum es hier so kalt sein muss: Eine Eisskulptur reiht sich an die nächste. Am 30. November feiert die „Eiswelt“ nach 19 Jahren ein Comeback in Oberhausen. Momentan ähnelt die Ausstellungsfläche allerdings noch einer Baustelle.

Eisskulpturen Ausstellung in Oberhausen
Jamie Louks aus Seattle macht aus mehreren zusammengeschmolzenen Eisblöcken eine kleine Baby-Giraffe. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Eiswelt Oberhausen: Es knirscht und knackt unter den Füßen

Mit einer Schaufel räumt Jamie Louks ihren Arbeitsplatz frei. Klirrend landen größere und kleinere Eisbrocken in der Schubkarre. Unter Louks schweren Arbeitsschuhen knirscht und knackt es. Wie heißt es immer so schön – wo gehobelt wird, fallen Späne . . . beziehungsweise Splitter. Mit einem langen Eiskratzer bewaffnet, schabt Louks Schicht um Schicht von dem großen Eisblock vor sich ab.

In wenigen Stunden entsteht daraus eine Baby-Giraffe – das große Muttertier hat die Künstlerin aus Seattle schon fertig gestellt. Der lange Hals der Skulptur reckt sich gut 4,50 Meter in die Höhe. „Insgesamt habe ich vier Figuren für die Ausstellung gemacht. Ich liebe besonders die Geräusche, die das Eis macht, wenn man es bearbeitet.“ Und das hört man an allen Ecken und Enden der großen Halle. Immerhin sorgen insgesamt 35 Künstler und Künstlerinnen aus der ganzen Welt dafür, dass hier innerhalb von nur zwei Wochen ein Winter-Wunderland entsteht.

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Die Skulpturen sind bis zu sechs Meter hoch

Die Giraffen, die Jamie Louks für die Ausstellung geschnitzt hat, gehören eigentlich nach Afrika. Wenige Meter entfernt steht jedoch die Freiheitsstatue, deren Fackel fast das Hallendach berührt. In einer anderen Ecke reckt sich der Doppelbock von Zollverein in den Himmel und wieder woanders hängt ein fliegender Teppich in der Luft. „Die Besucherinnen und Besucher machen eine Weltreise in der Ausstellung“, erklärt Sprecher Frank Wöbbeking. Aufgebaut ist das ganze „wie die Gänge bei Ikea“, sagt er und lacht. Angefangen von Europa, über den Orient bis zur Arktis.

Auf einem Rundweg schlängeln sich die neugierigen Gäste später an den illuminierten Skulpturen vorbei und durch eisige Tore hindurch. „Die Künstlerinnen und Künstler erschaffen eine richtige Winterlandschaft mit vielen liebevollen Details aus der Halle“, verrät er. An einem kleinen Detail arbeitet Zsolty aus Ungarn. Zusammen mit zwei Künstler-Kollegen hievt er drei Eisblöcke auf einen Stapel Europaletten. 125 Kilo wiegt einer von ihnen. „Ich mache daraus Pinguine“, sagt er und lächelt, „drei oder vier, je nachdem wie viel Zeit ich habe.“

Eisskulpturen Ausstellung in Oberhausen
Eis und Schnee soweit das Auge reicht. Las Vegas samt Marilyn Monroe und Elvis Presley ist eines der Herztücke der Ausstellung. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

200 Tonnen Eis und 200 Tonnen Schnee für ein Winter-Wunderland

Zsolty ist seit gut 30 Jahren Eiskünstler und weiß genau, was zu tun ist, damit aus so einem eckigen Block ein niedlicher Pinguin wird. Mit dicken Handschuhen an den Händen kramt er in seiner Hosentasche und zieht einen kleinen Marker heraus. „Erst male ich die Grundform auf dem Eis vor und fange dann mit der Kettensäge und verschiedenen anderen Werkzeugen an, es zu bearbeiten“, erklärt er. Gut zehn verschiedene Werkzeuge liegen neben ihm – von grob bis fein. Auch Bügeleisen sind im Einsatz, um das Eis gefügig zu machen.

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Allerdings kommt in Oberhausen nicht nur ein spezielles, blasenfreies Eis aus Belgien (200 Tonnen davon, um genau zu sein) zum Einsatz, sondern auch Schnee in der gleichen Menge. Die Künstlerinnen und Künstler benutzen den Schnee, um eine andere Textur mit ins Spiel zu bringen. Gegen das durchsichtige Eis erstrahlt der Schnee in einem dichten Weiß und lässt etwa die Mähne eines Löwen schön flauschig aussehen.

Am Ende bleibt nur noch eine Pfütze von der Kunst

Bis zum Ausstellungsende am 2. März stehen die gut gekühlten Skulpturen in der weißen Halle. Doch was passiert dann, drehen die Veranstalter einfach die Heizung auf? „So ähnlich“, weiß Wöbbeking, „die Skulpturen werden einfach zum Schmelzen nach draußen gebracht.“ Klingt schon ein bisschen traurig.

„Es ist toll, dass diese Kunst vergänglich ist. Ich bin nicht traurig, wenn meine Skulpturen schmelzen. Es ist spannend zu sehen, wie schnell etwas entsteht und wie schnell es dann auch wieder verschwindet“, sagt Jamie Louks und rückt ihre dicke Wintermütze zurecht. Naja, immerhin hat ihre kleine Giraffen-Familie eine Lebensspanne von gut drei Monaten. Danach wird nur noch eine große Pfütze davon übrig sein.

Die Infos und Preise

  • Eiswelt Oberhausen, 30. November bis 3. März, So-Do 10-18 Uhr, Fr+Sa 10-20 Uhr, abweichende Öffnungszeiten über die Feiertage
  • Ort: Gegenüber von Parkhaus 7 des Centros in Oberhausen
  • Tickets Erw. 17,50 €, Ki. 13,50 € über www.eiswelt.de