Duisburg. .

Das Duisburger Finale von Ruhr.2010 setzte auf ruhige und besinnliche Momente. Wegen der Loveparade-Tragödie verzichteten die Macher auf große Effekte. Die Initiativen „Never Forget“ und „Duisburg 21“ erinnerten an die 21 Toten.

Das Duisburger Finale von Ruhr.2010 setzte auf ruhige und besinnliche Momente. Licht, Musik und Lesung verschmolzen zu einem märchenhaften Schauspiel. Die szenische Collage „Ithaka“, inszeniert von Johannes Lepper, ließ die rund fünfhundert Zuschauer im Innenhafen in faszinierende Traumwelten eintauchen – ein würdiger Abschluss für das Kulturhauptstadtjahr. Bewusst hatten die Macher auf Effekthascherei verzichtet. Die Tragödie bei der Loveparade auf dem alten Güterbahnhof wollte man so in das Programm einbeziehen. Und das ist gelungen.

Demonstranten  Rande des Ruhr.2010 - Finales im Duisburger Innenhafen. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Demonstranten Rande des Ruhr.2010 - Finales im Duisburger Innenhafen. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool © WAZ FotoPool

Bevor die Abschlussfeier an der Küppersmühle im Innenhafen mit zwei Chören des „Day of Song“ startete, versammelten sich nicht weit entfernt Demonstranten der Initiativen „Duisburg 21“ und „Never Forget“. Die rund 25 Teilnehmer wollten daran erinnern, dass die Loveparade unter dem Logo von Ruhr.2010 stattgefunden hatte. Nicht die Feier wenige hundert Meter weiter prangerten sie an, sondern den Versuch der Stadt, die Tragödie zu vergessen. Nach den Protestveranstaltungen mischten sich die Demonstranten unter die Zuschauer an der Küppersmühle.

Rittersleute und zwei Bräute aus Marxloh mit Engelsflügeln bewegten sich ebenfalls zwischen den Menschen, die trotz des winterlichen Wetters gekommen waren. Gelbe Ortsschilder mit Namen von Städten und Duisburger Ortsteilen hielten die Zuschauer zum Beginn der Feier in die Höhe. Sie verwiesen auf die Orte, an denen die Kultur-Events von Ruhr.2010 zu Hause waren.

Auch bei der Abschlussfeier erinnerte das Programm an die Loveparade, wenn auch nur indirekt. Das Märchen von Hermann Hesse und Auszüge aus Homers „Ilias“ las der Schauspieler und Synchronsprecher Christian Brückner. Dass die Texte, die die deutsche Stimme von Hollywoodstar Robert De Niro rezitierte, von Tod, Leid, Katastrophen und Krieg handelten, war kein Zufall. „Ich habe unendliches Leid und Unglück gesehen“, tönte es aus den Lautsprechern. Christian Brückner trug die Erzählungen so vor, dass dem Publikum ein Schauer über den Rücken lief.

Bilder überm Innenhafen und in den Köpfen der Zuschauer

Die Blicke der Zuschauer schwenkten zwischen ihm und dem Tim Isfort Orchester hin und her. Der Schauspieler thronte in seiner Sprecherkabine auf einem Steg über dem zugefrorenen Becken des Innenhafens. Streckenweise hüllte Christian Brückner dichter, künstlicher Nebel ein. Hinter ihm trieb ein mit brennenden Lichtern bedecktes Floß. Damit das schwimmende Kunstwerk zu Wasser gelassen werden konnte, kam ein Eisbrecher zum Einsatz. Das Orchester spielte auf einer Bühne unterhalb der Autobahn 59. Die Musik untermalte die Handlung der beiden Geschichten – theatralisch, ruhig und besinnlich oder dynamisch.

Die Band „Mobilee“ aus Duisburg-Rheinhausen beim Ruhr.2010-Finale in Duisburg.  Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Die Band „Mobilee“ aus Duisburg-Rheinhausen beim Ruhr.2010-Finale in Duisburg. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool © WAZ FotoPool

Das Zusammenspiel der beiden Elemente ließ unweigerlich Bilder in den Köpfen der Zuschauer entstehen, ließ die Figuren und Schauplätze aus Hermann Hesses und Homers Erzählungen über dem Bassin des Innenhafens zum Leben erwachen. Illuminationen mit Scheinwerfern, Lasern und Projektoren tauchten den Kubus, der schon bald seinen Platz auf dem Silo der Küppersmühle finden wird, das Wasser und die Küppersmühle selbst in buntes gleißendes Licht. Bewegend, aber dezent.

Ein trauriges, bewegendes Wintermärchen

Das Winter-Tief „Petra“ wurde in dieser Inszenierung zum unfreiwilligen Protagonisten. Das glitzernde Eis und der Schnee verstärkten den melancholischen Eindruck von „Ithaka“: ein trauriges, bewegendes Wintermärchen. Im Hintergrund schwebten gelb und hell erleuchtet zwei Ballons des „Schachtzeichen“-Projekts. Sie sollten zusammen mit Tischen und Bänken vom „Still-Leben Ruhrschnellweg“ Erinnerungen an die Höhepunkte von Ruhr.2010 ins Gedächtnis zurückrufen. Später platze einer der Ballons wegen der eisigen Tempraturen.

Und zum Ende der Inszenierung schwebte ein Klavier an einem Kran hoch über der Küppersmühle. Die Zuschauer waren gefesselt, begeistert und verzaubert. Mit Musik und Kabarett von der Band Mobilée und Kai Magnus Sting zusammen mit den Philharmonixx klang die Abschlussfeier in Duisburg allmählich aus. Nur noch wenige Menschen schauten zu. Die Kälte, der sie zuvor bei „Ithaka“ so stoisch getrotzt hatten, trieb sie allmählich davon.