Weeze. Am zweiten Festivaltag dominieren zwei weibliche Acts die Bühne des San Hejmo. Welche Message Shirin David und Badmómzjay mitbringen.

  • San Hejmo 2024 geht mit einem gelungenen zweiten Festivaltag zu Ende.
  • Am Samstag dominieren auf dem Festival weibliche Solo-Musikerinnen.
  • Was Badmómzjay und Headlinerin Shirin David verbindet.

Eine Frau mit Glitzer auf den Wangen bleibt vor der „Jägermeister Gigant“-Bühne stehen, blickt in die Höhe, jagt dann einer Seifenblase hinterher. Als sie sie erwischt und die Blase zerplatzt, verpufft Zigarettenrauch, den der Besitzer der Seifenlauge in die Blase gepustet hatte.

Vor einer kleineren Bühne versuchen zwei Männer Hula Hoop zu lernen. Andere Gäste sitzen in Hängematten oder auf Sitzsäcken, auf einem Turm steht in großen Lettern „Du bist toll“ geschrieben. Die Stimmung am zweiten und letzten Tag des San-Hejmo-Festivals wirkt entspannt und ausgelassen zugleich, das Wetter spielt im Gegensatz zum ersten Festivaltag, an dem es beinahe durchgängig nieselte, mit. Erst kurz vor dem Auftritt des Headliners Deichkind fängt es dann auch am zweiten Tag wieder an zu regnen – fast als wollte das San Hejmo seine Gäste so verabschieden, wie es sie am Vortag begrüßte.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

San Hejmo 2024: Geschäftsführer besorgte Ski Aggu einen Rollstuhl

Bernd Dicks, Geschäftsführer des San-Hejmo-Festivals, zieht im Gespräch mit der Redaktion bereits am Samstag gegen 18 Uhr ein positives Zwischenfazit: „San Hejmo hat seinem Namen als Wohlfühl-Festival dieses Jahr alle Ehre gemacht.“ Die insgesamt 65.000 Gäste, die das Festival am Freitag und Samstag empfing, seien „gechillt drauf“, auf dem Camping-Gelände gebe man sich gegenseitig Schmink-Tutorials, es herrsche ein angenehmes Miteinander.

Ganz reibungslos sei das Festivalwochenende bisher dennoch nicht verlaufen. „Irgendwas geht immer schief“, weiß Dicks, der neben dem San Hejmo auch das Parookaville-Festival veranstaltet. Für Ski Aggu habe der Veranstalter kurzerhand einen Rollstuhl besorgt. Darum habe der Rapper am Freitag gebeten, als er mit einem Hexenschuss beim San Hejmo ankam. „Ich habe dann einen im Pflegeheim ausgeliehen“, erzählt Dicks. Auf dem Rollstuhl wurde Ski Aggu am Freitag auf die Bühne getragen. Der Performance des Rappers hat seine Verletzung keinen Abbruch getan.

San Hejmo 2024: Badmómzjay reißt das Publikum mit

Bei angenehmen 24 Grad und Sonne füllt es sich vor der Mainstage am Samstag gegen 19 Uhr für den Auftritt von Rapperin Badmómzjay. Als die 21-Jährige die Bühne betritt, scheint sie alle mitzureißen. Sie strahlt eine Energie und Stärke aus, der die wenigsten widerstehen können.

San Hejmo 2024
Badmómzjay brachte die Menge bei San Hejmo zum Tanzen. © WAZ | Jenny Beck

Auf der Mainstage, die weibliche Künstlerinnen am ersten Tag weitgehend entbehren musste, fällt die Veränderung an diesem zweiten Festivaltag unweigerlich auf: Mit Badmómzjay und Headlinerin Shirin David performen hier nicht einfach zwei Solo-Künstlerinnen, sondern solche, die ohne Wenn und Aber zu sich selbst stehen. „Ich würde hier niemals stehen, wenn ich nicht selbst mein größter Fan wäre“, fasst es Badmómzjay zu Ende ihres Sets in Worte. Dem Publikum rät sie: „Werdet euer eigener größter Fan.“

Shirin David bietet tanzlastige Show beim San Hejmo 2024

Shirin David, deren neuer Song „Bauch Beine Po“ die deutschen Single-Charts seit drei Wochen anführt, ist wohl längst ihr eigener größter Fan. Auf der Mainstage des San Hejmo hat sie es – womöglich gerade deshalb – zunächst schwer. Einige Festival-Besucherinnen und Besucher scheinen sich erst noch von der Rapperin überzeugen zu wollen. Mit Texten wie „Ich bin keine Fame-Bitch, ich bin einfach fame, Bitch“ und „Ich hab das Recht, immer zu tun und zu lassen, was ich will“ wirkt sie mindestens sehr selbstsicher, zuweilen leicht arrogant.

Etwa 40 Minuten ihres Sets interagiert sie kaum mit dem Publikum, auf der Bühne ähnelt ihr Auftritt einer Tanzshow. Unterstützt von sechs Tänzerinnen und Tänzern, gerät der Gesang und Rap bei Shirin David teils in den Hintergrund – dann übernimmt das Playback.

Als die Rapperin dann doch endlich mit der Menge interagiert, scheint sie sie schnell für sich zu gewinnen. Den „Ladies“ in der ersten Reihe macht sie Komplimente für ihr Aussehen und fordert sie auf, zu tanzen. Und tatsächlich scheint sich die Energie von der Bühne auf die Zuschauerinnen zu übertragen. Wo die Moshpits bei anderen Acts noch männerdominiert waren, finden sich plötzlich viele weiblich gelesene Personen im Pogokreis.

Mehr zum Thema

San Hejmo 2024: Deichkind reitet auf übergroßer Chanel-Handtasche

Man könnte meinen, Bands wie Giant Rooks und Deichkind drohten unter so viel mitreißender Energie von Badmómzjay und Shirin David unterzugehen – wenn sie nicht Giant Rooks und Deichkind wären. Denn während Giant Rooks mit den charakteristischen Indie-Klängen und bester Stimmung zu begeistern weiß, bietet Deichkind die wohl spektakulärste Bühnenshow. Hier bewegt sich immer etwas, ob eine übergroße Chanel-Handtasche, auf der ein Deichkind-Mitglied Rodeo reitet oder ein noch größeres, bunt gesprenkeltes Faß, auf dem die Band vor der Bühne durchs Publikum getragen wird.

San Hejmo 2024
Giant Rooks verbreitete bei San Hejmo gute Stimmung. © WAZ | Jenny Beck

In dieser zweiten Nacht lassen sich vom Regen dann doch einige einkriegen: Größere Menschenmengen ziehen sich während Deichkinds Show von der Mainstage zurück. Spätestens während Hits wie „Bück dich hoch“ oder „Leider geil“ beweist das Publikum, dass es, auch auf einen Bruchteil der Masse reduziert, Stimmung machen kann. Zum Abschluss holt Deichkind mit „Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah)“ nochmal alles aus den übrigen Zuschauerinnen und Zuschauern raus.

Gegen 2.45 Uhr verstummt es auf und vor der Mainstage, das diesjährige San Hejmo neigt sich dem Ende. Bleibt für Fans des Festivals ein erster Blick ins Line-Up für 2025. Bevor es am 15. und 16. August wieder losgeht, muss Veranstalter Bernd Dicks aber erstmal den Rollstuhl im Pflegeheim zurückgeben.

Festivals 2024 - lesen Sie auch: