Köln. Beste Laune bei Clueso im Kölner Tanzbrunnen. Perfektes Wetter, ein gut gelaunter Künstler und viele Hits. Nur nicht an 2015 denken...
Manchmal möchte man sein Hirn ausschalten. Manchmal wünschte man, man hätte etwas nicht gelesen. Weil man es nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Und es da immer weiter und weiter vor sich hin rumort. Dabei ist es doch, eigentlich, wunderschön. Das Konzert von Clueso Freitag vor begeisterten 9500 Fans im Tanzbrunnen. Perfektes Wetter, ein gut gelaunter Künstler und viele, viele Hits in respektablen zwei Stunden.
Auch das Problem mit dem quälend langen Anstehen vor den Getränke- und Imbissständen haben die Veranstalter in den Griff bekommen. Es sind jetzt mehr Buden geöffnet, und es gibt auch ausreichend Personal. Im Rheinpark riecht es nach Frittenfett und Frohsinn. Deutschland ist Olympia. Clueso hat das Lied dazu geschrieben: „Für immer jetzt.“ Dass die flockige akustische Variante des Faustschen „Verweile doch du bist so schön“-Gefühls auf der aktuellen Setliste nicht fehlen darf, ist klar.
„Wir waren jetzt gerade in Paris. Paris, das war schön“, moderiert Clueso, der in echt Thomas Hübner heißt, den Augenblickslobgesang an. Nicht ohne noch hinzuzufügen, wie toll er die Stadt an der Seine findet. Für den 44-Jährigen ist die Stadt an der Seine ein Sehnsuchtsort. Aber sein Herz gehört der Stadt an der Gera: Erfurt. Da kommt er her, da ist er 2002, nach zweieinhalb Jahren Kölner Exil, wieder hingezogen.
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Fans feiern Clueso im Tanzbrunnen in Köln und singen „Cello“
Mit dem noch unveröffentlichten „Ich komm heim“ und mit „Leider Berlin“ im Zugabenteil widmet er Erfurt gleich zwei Stücke. Auch Hamburg kommt an diesem Abend zu Ehren. Indirekt, wenn Clueso in epischer Breite erzählt, wie es war, mit seiner Gitarre da hinzufahren, um „ihn“ zu treffen, im Hotel Atlantic: „Ich bin rein, und er kam die Treppe runter, wie im Film, er hatte keine Schuhe an, … und wie er mich einfach geküsst hat, auf die Wange, ,Keine Panik, ey!’ – das war sooo entwaffnend.“
Danach bringt Clueso, natürlich, „Cello“, den Song, den er 2011 gemeinsam mit Udo Lindenberg unplugged gesungen und als Coverversion aufgenommen hat. Manchmal möchte man sein Hirn ausschalten. Manchmal wünschte man, man hätte etwas nicht gelesen. Weil man es nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Und es da immer weiter und weiter vor sich hin rumort. Spätestens bei „Cello“ lässt sich das Rumoren nicht mehr ignorieren.
Ursache dafür: Cluesos Erklärung, warum er sich 2015 von der Band trennte, mit der er 14 Jahre lang zusammen war. „Rückblickend begründete er diesen Schritt mit dem Druck, dem er durch die jahrelange Abhängigkeit der Band von seiner Person verspüre und dem er sich nicht mehr gewachsen gefühlt habe“, steht da bei Wikipedia. Natürlich müsste man das erstmal überprüfen, aber die genannten Quellen sind online nicht mehr verfügbar.
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Clueso in Köln: viele Hits in respektablen zwei Stunden
Das „Wie bitte?!“- Gefühl hat sich da auch schon manifestiert. Da entlässt einer Menschen, die Familien haben und wirtschaftlich von ihm abhängig sind – weil er deren Abhängigkeit von ihm nicht mehr erträgt? Wie bitte?! Während Udo Lindenberg seinem am 19. August 1973 gegründeten Panikorchester ein halbes Jahrhundert später voll Dankbarkeit zum Geburtstag gratuliert. „…und die Kiste läuft , - und läuft auf Turbo, seit 5 Jahrzehnten, yeah!“ endet sein ekstatisches Glückwunschschreiben vom 19. August 2023.
Natürlich kann man jetzt sagen: Schnee von gestern. Cluesos Band von heute ist klasse. Und überhaupt ist es doch, eigentlich, wunderschön. Das Konzert am Freitag, vor begeisterten 9500 Fans im Tanzbrunnen. Perfektes Wetter, ein gut gelaunter Künstler und viele, viele Hits in respektablen zwei Stunden. Aber ob Udo Lindenberg heute noch mit Clueso „Cello“ singen würde? Sollte man mal zur Diskussion stellen.