Essen. Neu im Kino: Disney vereinnahmt in dem Marvel-Film mit Hugh Jackman und Ryan Reynolds erstmals zwei gewalttätige Helden der Serie.


Und wieder mal müssen sie die Welt retten. Die Superhelden aus dem Comic-Haus Marvel sind seit einem knappen Vierteljahrhundert eigentlich mit nichts anderem beschäftigt, zumal sich ständig irgendein Superschurke berufen fühlt, sich an die Spitze von allem zu stellen. Dieses Mal ist es Cassandra Nova. Das ist die Zwillingsschwester von Charles Xavier, der als Dr. X einst die X-Men ins Leben rief. Für ihr Unterfangen benötigt sie jedoch die Hilfe zweier Mutanten.

Und damit kommen Deadpool und Wolverine ins Spiel. Letzterer ist zwar schon seit längerem tot, weil er sich für eine Freundin opferte. Aber das geschah lediglich in einem Versum. Da es aber im Multiversum viele Realitätsebenen gibt, bedarf es lediglich einiger technischer Hilfsmittel, um einen quicklebendigen, chronisch schlecht gelaunten Wolverine zu rekrutieren. Deadpool übernimmt diese Aufgabe auch deshalb gern, weil Wolverine wie er selber über schier endlose Regenerationskräfte verfügt. Die beiden können sich also nicht gegenseitig umbringen, wohl aber weh tun. Auf dieser Basis beginnen sie sich zu messen.

Mit der 20th Century Fox kaufte Disney 2019 auch die X-Men als Filmfiguren: „Deadpool & Wolverine“

Womit noch nicht einmal ansatzweise ergründet wäre, wie kompliziert, letztlich auch beliebig der Marvel-Kosmos durch die Erfindung des Multiversums geworden ist. Aber wer sich als Fan freiwillig diesem jüngsten Marvel-Film aussetzt, wird sicher gern zuhören, wenn zwischen den vier ausgiebigen Metzeleien alles das erklärt wird, was aus Zeit- und Plausibilitätsgründen nicht gezeigt werden konnte.

Hugh Jackman (links) als Wolverine und Ryan Reynolds als Deadpool: Maulfauler Schlagetot hier, dauerquasselnder Sarkasmus dort.
Hugh Jackman (links) als Wolverine und Ryan Reynolds als Deadpool: Maulfauler Schlagetot hier, dauerquasselnder Sarkasmus dort. © DPA Images | Jay Maidment

Rückgriff: Die X-Men als Filmfiguren waren eine extrem erfolgreiche Kinomarke für 20th Century Fox. 2019 wurde das Traditionsstudio vom Disney-Konzern gekauft. Der traute sich an die wegen ihrer Gewalttätigkeit umstrittenen Figuren Deadpool und Wolverine lange nicht heran. Das ändert sich nun mit einer radikalen Flucht aus dem Familienimage hinein in eine wohlkalkulierte politische Inkorrektheit.

Hugh Jackman ist der maulfaule Schlagetot, Ryan Reynolds macht auf dauerquasselnden Sarkasmus

Während also Wolverine, seit mittlerweile 25 Jahren verkörpert von Hugh Jackman, den instinktgetriebenen, maulfaulen Schlagetot gibt, markiert Ryan Reynolds als Deadpool einmal mehr dauerquasselnden Sarkasmus, der sich nun auch noch in selbstbezüglichen Spitzen ergeht über das Wesen der Marvel-Superhelden und das nur vordergründig moralbewusste Geschäftsgebaren bei Disney.

„Deadpool & Wolverine“: Chris Evans, Jennifer Garner und Channing Tatum haben Gastauftritte

Shawn Levy, ein gesichtsloser und deshalb umso erfolgreicherer Regiehandwerker mit Schwerpunkt Komödie (u.a. „Nachts im Museum“), lässt seine beiden Stars konstant von der Kette im Wissen, dass er sich dann um nichts mehr sonst kümmern muss. Und so bleiben der aufwändig gestaltete Digitaltrickzauber und jede Menge Gastauftritte (u.a. Chris Evans, Jennifer Garner, Channing Tatum) sträflich ungenutztes Kapital zugunsten pubertärer Zoten und wüster Schlägereien.

Der Erwartungshaltung einer einschlägig vorgebildeten Zielgruppe kommt das entgegen. Der Rest wiederholt besser noch einmal die erste Grundschulklasse im Marvel-Kinoversum mit den X-Men-Filmen aus den Nuller- und Zehnerjahren.