Essen. Die Filmstarts der Woche – ein starkes Drama aus der Türkei, amerikanisches Effektkino für die Familie und Gänsehaut aus Dänemark
„Auf trockenen Gräsern“, jetzt im Kino
Auf trockenen Gräsern – Ein neues Schuljahr bricht an und Samet kehrt eher lustlos zu seiner Stelle als Kunstlehrer an einer Dorfschule zurück. Die Ankunft einer neuen Kollegin im Nachbardorf weckt bei ihm sowie seinem Zimmergenossen romantische Gefühle. Dann werden die Männer zur Behörde zitiert. Das Gerücht steht im Raum, sie hätten die professionelle Distanz zu Schülerinnen nicht gewahrt. Der türkische Filmautor Nuri Bilge Ceylan behandelt auch in seiner jüngsten Arbeit die Kollision von sich aufgeschlossen dünkenden Großstädtern mit den Minderwertigkeitsgefühlen der Landbevölkerung und – wichtiger – zwischen traditionell sozialisiertem Mann und moderner, selbstbewusster Frau. Es geht als um was und auch deshalb merkt man diesem Film seine 200 Minuten Spielzeit kaum an. Alle Akteure spielen sensationell gut, die Bilder sind von atmosphärischer Kraft durchzogen, aber es sind die Dialoge, in denen nichts Vorhersehbares passiert, weil Ceylan immer dahin geht, wo es unbequem wird. Der Film ist ein Wagnis, aber schon jetzt eines der besten des Jahres.
„IF: Imaginäre Freunde“ ab 16. Mai in deutschen Kinos
IF: Imaginäre Freunde – Die 13jährige Halbwaise Bea (Cailey Fleming aus „The Walking Dead“) wird bei ihrer Großmutter einquartiert, als ihr Vater am Herzen operiert werden muss. Eines Abends folgt Bea Geräuschen im Treppenhaus und findet im obersten Stockwerk ein Zimmer vor, wo der frühere Clown Cal sowie diverse drollige Wesen leben. Diese stellen sich als imaginäre Freunde vor, deren menschliche Gegenparts erwachsen wurden und deshalb ihre IFs nicht mehr sehen. Bea macht sich zusammen mit Cal auf die Suche nach neuen Menschen, die einen IF gut gebrauchen können. So weit so kompliziert in der neuen Regiearbeit von John Krasinski, der sich nach den beiden „A Quiet Place“-Gruslern nun dem Familienkino zuwendet. Viel Herz und unbefangene Freude soll im Spiel sein, aber Krasinski trägt in allem, vor allem aber bei den Trickeffekten viel zu dick auf, als dass für echte Gefühle noch Entfaltungsspielraum bliebe. Noch weniger glücklich erweist sich die Besetzung des Cal mit Ryan Reynolds, der mit seinen knopfigen Stauneaugen eigentlich die richtige Wahl für einen Clown sein müsste. Aber Reynolds hat weder die Beweglichkeit von Jim Carrey noch das Timing von Jerry Lewis und vor allem keinen Regisseur an der Seite, der seinen Akteuren Raum für anarchische Selbstentfaltung zutraut. Und deshalb fehlt es diesem Film zwar nicht an Schauwerten, dafür umso eklatanter an Tempo, Charme und Magie.
Nightwatch: Demons Are Forever, der Horror aus Dänemark ist zurück
Nightwatch: Demons Are Forever – Massenmörder Wörmer siecht seit 30 Jahren in psychiatrischer Einzelhaft dahin, aber in der Kopenhagener Gerichtsmedizin ereignen sich erneut schlimme Dinge und die Überlebenden von damals können sich ihres Lebens nicht mehr sicher sein. Der Däne Ole Bornedal beschert seinem Überraschungserfolg von 1994 nach rekordverdächtiger Pause eine Fortsetzung, deren Stilmittel für Schock und Gänsehaut sich präzise am Vorbild orientieren. Der neue Film wirkt dadurch etwas antiquiert, hat mit Fanny Leander Bornedal (die Tochter des Regisseurs) und der immer verlässlichen Sonja Richter zwei Aktricen in schillernden Rollen zur Verfügung. Für ein paar fiese Szenen reicht das allemal, nur im Finale patzt Bornedal beträchtlich, wenn der Killer seinem Opfer nachschleicht, dabei aber Schuhe mit extra lauten Absätzen trägt.