Essen. Folkwang-Absolvent Maurizio Onano zeigt im Comic „In Gucci zu Netto“, wie frustrierend das Leben zwischen Dating-App und One-Night-Stand ist.

Am 3. August feiert sich die queere Community beim „Ruhrpride“-Straßenfest in Essen mit ausgelassener Stimmung und in den buntesten Farben – und das entspricht dem Bild, das die Community gern nach außen hin präsentiert, voller Lebensfreude, Ausgelassenheit, Feierwut und Freizügigkeit. Aber natürlich sieht auch der queere Alltag oft etwas grauer aus. Davon erzählt der Essener Comiczeichner Maurizio Onano in seinem autobiografischen Comic „In Gucci zu Netto“, ein Titel, der Glanz und Elend seiner Existenz in einen schönen Kontrast setzt.

Denn der Erzähler entspricht einfach vielen maskulinen Szene-Klischees nicht. Er ist kein Muskel-Macho, kein massiger Bär und auch kein mädchenhaftes Jüngelchen. Und er hat die Nase von Dating-Apps wie Grindr gestrichen voll, weil es dort eigentlich nur um schnelle Sex-Dates geht, bei denen Trieb und Ego in Rekordzeit befriedigt werden sollen. Dass diese Treffen aber oft oberflächlich und unverbindlich verlaufen, dass es letztlich nur um Benutzen und Benutztwerden geht, höhlt den Erzähler emotional aus.

Comic: So hart ist das Leben als Schwuler in Essen
Hin- und hergerissen zwischen der Verführung durch Dating-Apps und der Suche nach einer echten, tiefen Beziehung im Leben: Maurizio Onano im Comic. © Maurizio Onano | Maurizio Onano

Er hat eine lockere Affäre zu einem älteren, komplett selbstverliebten Mann, der sein Selbstbewusstsein mit Füßen tritt - und eine Menge zu seiner Desillusionierung beiträgt. Und seine Erfahrung bei queeren Sex-Partys ist wie die eines Lauchs im Sportunterricht: Keiner will ihn ins Team wählen. Selbst wenn er lesbischen Freundinnen beim Umzug hilft, wird er ausgegrenzt. Bis es eines Tages Klick macht – und er sich seiner eigenen Bedürfnisse bewusst wird („Immer häufiger hatte ich Angst, Erwartungen nicht zu entsprechen. Ich habe unsägliche Dinge mit mir machen lassen“).

Es ist eine schwule Entwicklungsgeschichte, die Onano in bewusst naive, aber in ihrer farblichen Ausgestaltung sensible Zeichnungen kleidet. Man erfährt ein bisschen mehr über manche Praktiken der Schwulenszene, als ein Außenstehender wissen müsste, aber letztlich zählt, wie sich der Erzähler selbst findet – und sich so frei macht von den Einflüssen, die er für sich selbst als schädlich ansieht.

Maurizio Onano: In Gucci zu Netto, Jaja-Verlag, 80 Seiten, 16 €
Das „Ruhrpride“-Straßenfest lädt am 3. August zu großen Demonstration vom Essener Messeplatz zum Straßenfest am Kennedyplatz (ab 14 Uhr) ein.