Essen. Schluck für Schluck zur Entspannung – am Seaside Beach in Essen gibt es samstags eine besondere Yoga-Stunde. Wir haben das Angebot ausprobiert.

Nicht ohrenbetäubend laut, aber auch nicht unüberhörbar schallen Chart-Hits der vergangenen Jahre aus den Boxen, die sich irgendwo am Seaside Beach verstecken. Zwischen Federball spielenden Familien und gut gelaunten Spaziergängern bereiten sich Yoga-Fans auf eine ganz besondere Stunde vor. Mit einem gekonnten Schwung breiten sie die Matten aus und schlüpfen aus den Schuhen.

Angenehm kühl ist das grüne Gras unter den nackten Füßen. Oben am Himmel wechseln die Wolken von einem dunklen Grau-Blau in ein zartes Weiß. Diese Färbung hat auch der Stargast des Abends – Wein. Der Rebensaft wird beim „Wein-Yoga“ nicht nur getrunken, sondern auch aktiv in die einzelnen Figuren, Asanas genannt, eingebaut.

Wein-Yoga: Das ist das Geheimnis hinter dem Angebot

Eingeschenkt wird von Yoga-Lehrerin Miriam Samedi, die vor ihrer eigenen Matte einen Kühler mit mehreren Flaschen stehen hat. Sie selbst bevorzugt Wasser. „Ich habe das ganz am Anfang mal ausprobiert, aber für mich selbst ist das nichts. Ich muss die Übungen zeigen und den Kurs leiten. Das veträgt sich nicht mit Wein“, sagt die sympathische Essenerin und lacht.

Verständlich, einer muss bei dem Grüppchen einen klaren Kopf behalten. Alle anderen lassen sich ein- bis zweimal nachschenken. Angetrunken ist beim „Wein-Yoga“ niemand und dazu soll der Kurs auch nicht einladen. „Der Wein sorgt aber schon ein bisschen dafür, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen lockerer sind und sich nicht in den Übungen verkrampfen“, erklärt Samedi. Es ist ein gemütliches Beisammensein, nur, dass man nicht in irgendeiner überfüllten Weinbar steht, sondern vor der spektakulären Baldeneysee-Kulisse.

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Gleichgewicht, Anspannung und Entspannung

Alle Gläser sind voll – sei es mit Wasser oder Wein – dann geht es los. Die ersten Minuten geht es darum, zu sich selbst zu finden und zur Ruhe zur kommen. Jeder einzelne Zeh soll sich bewusst in die weiche Yoga-Matte graben. Dann macht es sich jeder im Schneidersitz gemütlich – tief durch die Nase einatmen, tief durch den halb geöffneten Mund ausatmen. Die Augen sind geschlossen, langsam verblasst die Musik im Hintergrund. „Yoga ist toll, um nach einem anstrengenden Tag oder einer Woche abzuschalten“, erklärt Miriam Samedi, die Wein-Yoga selbst in Köln entdeckte und beschloss, es auch am Baldeneysee zu versuchen.

Wer glaubt, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen einfach für den Rest der Stunde entspannt auf ihren Matten sitzen bleiben, täuscht sich gewaltig. Nun macht die Entspannung Platz für die Anspannung. Den „herabschauenden Hund“ dürften mittlerweile auch Yoga-Neulinge kennen. Fußsohlen und Handflächen berühren den Boden, während der Rest des Körpers wie ein Dreieck aufgestellt ist. Jeder einzelne Rückenmuskel bedankt sich für die Dehnung. Vom „Krieger“ gibt es gleich mehrere Versionen – und nein, das liegt nicht am gestiegenen Weinkonsum. Allerdings lässt jede von ihnen die Oberschenkel langsam aber sicher zu Pudding werden. „Yoga bewegt den ganzen Körper und schult das Gleichgewichtsgefühl“, so Miriam Samedi.

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Beim Yoga wird der Wein nicht nur getrunken

Spätestens beim „Baum“ lernt jeder die Grenzen seiner eigenen Balance kennen. Die Yoga-Fans verlagern ihr Gewicht im Stand auf ein Bein. Zeh für Zeh lösen sie den anderen Fuß vom Boden und lassen ihn entweder kurz unter dem Knie oder oberhalb ruhen. Die Hände kommen über dem Kopf zusammen. Ja, das sieht mit viel Fantasie aus wie eine Tanne – eine recht wacklige Tanne, aber eine Tanne. Und obwohl diese Figur schon ohne Wein genug Konzentration verlangt, kommt nun das gefüllte Glas zum Einsatz. Es ist nicht das erste Mal, dass es Teil der Übungen an diesem Abend ist.

Der Stiel ist zwischen Zeige-, Mittelfinger und Daumen der rechten Hand eingeklemmt. Mit ausgestrecktem Arm geht es von der Hüfte am Körper vorbei, nach oben über den Kopf. Dort ruht der Bauch des Plastikglases in den beiden Handflächen. Hypnotisierend schwappt der Weißwein von einer Seite zur anderen – und das alles, während die Teilnehmenden auf einem Bein balancieren. „Sucht euch einen festen Punkt, wo ihr hinschaut. Es kann auch das Glas sein.“ Tief einatmen, tief ausatmen. Beide Hände samt Glas vor die Brust führen und einen Schluck trinken. „Fühlt den Wein in eurem Mund nach“, spornt die Yoga-Lehrerin an.

Wein-Yoga: Für wen ist das Angebot geeignet?

Langsam aber sicher nähert sich das Ende des Kurses. Ein letztes Mal setzen sich alle auf ihre Matten und lassen sich schließlich auf den Rücken sinken. Arme und Beine sind ausgestreckt und bei dem einen oder anderen machen sich die Muskeln schon bemerkbar. „Ich frage zu Beginn der Stunde, wie viel Erfahrung die Leute haben und passe danach die Schwierigkeit an. Das waren jetzt eher einsteigerfreundliche Übungen“, erklärt Miriam Samedi.

Im vergangenen Sommer war „Wein-Yoga“ ein Renner. Matte nach Matte wurde jeden Samstag am Seaside Beach ausgebreitet. In diesem Jahr macht der bisher kühle und verregnete „Sommer“ dem Angebot einen kleinen Strich durch die Rechnung. „Allerdings haben wir die Möglichkeit, bei Regen nach Innen zu wechseln. Es ist eine tolle Gelegenheit was Neues auszuprobieren. Ich hatte auch schon Junggesellinnenabschiede hier, Mütter mit ihren Töchtern und Freundinnen.“ Eines sollten Interessierte jedoch im Hinterkopf behalten – es ist womöglich der erste und einzige Yoga-Kurs in der Region, der ab 18 Jahren ist.

  • Termin: Wein-Yoga, immer samstags 18 Uhr und 19.30 Uhr
  • Ort: Seaside Beach,  Freiherr-vom-Stein-Straße 384, Essen
  • Kosten: 40 €, inklusive Wein und Beacheintritt. Buchbar hier

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