Essen. Hélène Grimaud: immer Garant für Qualität am Flügel. Jetzt begeisterte sie in Essen das Festival-Publikum mit Beethoven, Bach und Brahms.
Mit nunmehr 18 Auftritten gehört Hélène Grimaud zu den treuesten Gästen beim Klavier-Festival Ruhr. Für ihre stilistische Vielseitigkeit ist sie genauso bekannt wie für ihre erlesenen Programme. Koppelte sie vor einem Jahr Chopin mit Debussy und Erik Satie, konzentrierte sich die große französische Pianistin jetzt auf die drei großen „B’s“: Bach, Beethoven und Brahms.
Ganz traditionell mag man meinen, und doch hinterließen auch andere Komponisten ihre musikalischen Spuren. Hörte man etwa die späte Sonate Nr. 30, mit der Beethoven neben seiner individuellen schroffen Tonsprache deutlich einen Fuß in die Romantik setzte, schwang hier das rhythmisch-melodische Verfließen eines Schumann mit wie retrospektiv, in bewusstem Anschlag eingemeißelt, Bachs lineare Strenge. Hélène Grimaud fügte das alles höchst organisch zum Ganzen zusammen, gab den Basskonturen dank ihrer kraftvollen Linken ebenso viel Raum wie den in aller Klarheit ausgebreiteten Diskantperlen.
Hélène Grimaud zu Gast in Essen, gefeiert mit Bach, Brahms, Beethoven
Und ihre weltentrückende, natürliche Gesanglichkeit führte geradewegs zu den Intermezzi op. 117 des gereiften Brahms, die sie in ihrer sensiblen Anschlagskultur als introvertierte Nachtstücke ausleuchtete: Da musste man einfach Grimauds Liebe zu Chopin heraushören. Kontrastreicher in Leidenschaft und Sentiment, in Klangflut und „intimissimo“ verfeinerter Poesie breitete sie die Fantasien op. 116 aus, die ohne Atempause übergingen in Busonis Bearbeitung von Bachs Chaconne aus der Partita Nr. 2 für Violine solo. Ein gewaltiger Monolith: 256 Takte Barockmusik durch die klangopulent-geschmäcklerische Brille des Spätromantikers gesehen und in der Ausschöpfung der pianistischen Möglichkeiten an Liszt anknüpfend.
In der Ausführung gleichermaßen bravourös, durchsichtig und temperamentvoll – so lehrte Hélène Grimaud den Zuhörer das Staunen. Jubel in der Essener Philharmonie und Zugaben.