Essen. Der Bochumer Traditions-Jazzer Chris Hopkins und The Jazz Kangaroos legen ein neues Album vor und gehen auch auf Tournee.
Als Ende 2020 das erste Live-Album des deutsch-amerikanischen Pianisten und Saxophonisten Chris Hopkins und des australischen Trios The Jazz Kangaroos herauskam, mischte sich schiere Begeisterung mit einer Portion Fassungslosigkeit. Das ist nun, da auch der komplette zweite Teil des Konzerts auf der Wasserburg Kemnade in Hattingen vorliegt, nicht anders. Noch immer mag man kaum glauben, dass sich das Quartett erst drei Tage vor dem Auftritt im Juli 2019 zusammengefunden hatte. Für ein solch perfektes Zusammenspiel, für dieses traumhafte Verständnis brauchen manche Bands eine kleine Ewigkeit.
Der Wahl-Bochumer Hopkins, seit mehr als 20 Jahren einer der renommiertesten, weltweit gefeierten Vertreter des klassischen Jazz, Kontrabassist Mark Elton, Geiger George Washingmachine und David Blenkhorn an der Gitarre swingen und improvisieren sich wieder leidenschaftlich durch berühmte (Duke Ellingtons „Mood Indigo“) und weniger bekannte Perlen des Great American Songbook.
Songs von Benny Carter und Edward Claypoole
Es ist immer wieder verblüffend, wie frisch, ja geradezu modern dieser traditionelle, der Melodie verpflichtete Jazz sein kann. Ob Gypsy-Jazz, Stride oder Blues-Balladen mit deutlicher Nähe zum Bebop – Chris Hopkins und seine Freunde von „Down Under“ huldigen den klassischen Stilen, ohne diese zu glorifizieren oder gar zum Dogma zu erheben.
Hopkins, der bei Benny Carters „Karzy Kapers“ zum Altsax greift, brilliert am Piano wie gewohnt als Solist oder als dienender, wunderbare Akzente setzender Begleiter. Ausnahme-Bassist Elton legt großartige rhythmische Fundamente. Und wenn die Geige von George Washingmachine (der auch singt und dabei stark an Tony Bennett erinnert) die Führung übernimmt, bei Irving Berlins „Blue Skies“ etwa oder dem rasanten „Raggin‘ the Scale“ von Edward Claypoole, dann denkt man unweigerlich an Stéphane Grappelli und den Hot Club de France. Zumal dann Blenckhorn, dessen perlender Stil sonst eher an Wes Montgomery orientiert ist, seine Gitarre als Rhythmus-Instrument einsetzt und den legendären Django Reinhardt wieder auferstehen zu lassen scheint.
George Washingmashines Geige klingt wie eine Folk-Fiddle
Umso verblüffter ist man, wenn man wenig später einen fantasievoll ins Jazz-Idiom übersetzten Country-Song zu hören glaubt, bei dem Washingmachines Instrument nun wie eine Folk-Fiddle aus den Appalachen klingt. Bis zur nächsten überraschenden Wende. Chris Hopkins und die Jazz Kangaroos gehen in diesen Tagen übrigens auch auf Tournee.