Düsseldorf. Der „Zero“-Gründer, Kunst-Expeditionsleiter und Werkmotor Heinz Mack wird heute 90 Jahre alt. Der Düsseldorfer Kunstpalast widmet ihm eine Schau.
Sie sollen einander gut verstanden haben, die künstlerisch Galaxien voneinander entfernten Schüler des Düsseldorfer Akademie-Lehrers Ewald Mataré (1887-1965): Während Joseph Beuys die Suche nach neuen, ebenso originellen wie unverdächtigen Materialien warm und heimelig zu Fett und Filz führte, entschied sich der zehn Jahre jüngere Heinz Mack für Licht und Bewegung als Ersatz für Farbe, Marmor oder Bildhauermeißel.
Was Mack, der heute seinen 90. Geburtstag feiern kann, mit dem niederrheinischen Kunst-Schamanen teilte, war die Überzeugung, dass die Zukunft offen ist, vom Menschen zu gestalten – und Kunst dabei eine wichtige, wenn nicht gar entscheidende Rolle spielt. Sein Satz, dem zufolge die Kunst „durch das Licht im besten Fall einen Erscheinungs-Charakter“ bekommt, ist auch geprägt von einem fast religiösen Glauben an Wirksamkeit und Wirkungsweise von Kunst. Dorthin ist einer gelangt, der mit Otto Piene 1959 in Gründung der „Zero“-Gruppe einen neuen Nullpunkt für die Kunst suchte, um in die Zukunft aufzubrechen.
Heinz Mack arbeitet immer noch auf dem Huppertzhof in Mönchengladbach
Neben Licht und Bewegung sind es Strukturen, die den bis heute erzvital auf dem denkmalgeschützten Huppertzhof in Mönchengladbach arbeitenden Heinz Mack früh fasziniert haben: Die Ausstellung zu seinem Frühwerk bis in die 70er-Jahre, die ihm das Düsseldorfer Museum Kunstpalast zu seinem Ehrentag gewidmet hat (und die ab Mittwoch besucht werden kann), zeigt erstaunlich reife Schwarzweiß-Fotografien, die der jugendliche Mack von Feldern und Wäldern, von Steinen und Holzhaufen in der Gegend um sein hessisches Heimatstädtchen Lollar aufgenommen hat. Mit der Leica seines Großvaters, der auch eine Dunkelkammer unterm Dach hatte und als Angestellter des Leica-Herstellers Leitz immer gut an Filme kam, arbeitete Mack die vom Sonnenlicht klar herausgestellten Strukturen heraus.
Im Rückblick wirkt das wie ein Präludium etwa zu den Sandreliefs, die Mack später in die Wüstenlandschaften dieser Welt „zeichnen“ sollte. Überhaupt: Die Sahara faszinierte den jungen Mack, seitdem er ein kleines Bild davon im heimische Brockhaus entdeckt hatte. 1955, als halb Deutschland noch den unerfüllten Traum vom Urlaub an der Adria träumte, fuhr der bis heute draufgängerisch und impulsiv veranlagte Mack mit seinem VW Käfer in die tunesische Sahara. Es sollte nur das erste von vielen Malen bleiben – 1968 etwa, als wiederum in der tunesischen Sahara in Kooperation mit dem Saarländischen Rundfunk und dem WDR der 45-Minuten-Experimental-Film „Tele-Mack“ entstand, der in Düsseldorf in voller Länge zu sehen ist.
Ins Land des Ungesehenen - mit Thomas Höpker
Der vielleicht imponierendste Kunst-Besuch, den die Kunstpalast-Ausstellung im Breitwand-Format schon mehr propagiert als zeigt, war der von der Illustrierten „Stern“ gesponsorte Doppelschlag 1976, der Mack erst in die Sahara und dann in die Arktis führt. Und jedes Mal hat Mack lauter „ungeformtes Material“ dabei, Spiegel, glitzernde Folien, Rasterbleche, Aluminium-Stelen, Metallgeflechte. Der geniale „Stern“-Fotograf Thomas Höpker schießt ganze Bilderserien von Kunstwerken, die nur Momente, Stunden, nicht mal Tage Bestand haben. Außer Fotos muss von diesen Werken nichts länger Bestand haben – Erscheinungen des Augenblicks, die eine erhebliche Wucht haben, damit sie wirken.
Die Düsseldorfer Ausstellung zeigt aber auch den Bildhauer Mack, der anfangs mit Holz, später mehr mit Metallen und Folien-Oberflächen in Erscheinungsformen vordringt, die tatsächlich zuvor ungesehen waren. Viele optische Effekte und Lichtspiele wendet Mack auf seine oft übermannshohen Stelen an – aber auch seine Bühnenbilder für die Rheinoper sind davon geprägt.
Farb-Rotationen und Licht-Ventilatoren
Im Laufe der Jahre gewinnt die Bewegung, oft durch Elektromotoren, immer mehr die Funktion, Licht, Schatten und Farben in immer neuen Konstellationen zur Geltung zu bringen. Etwa in der schwindelerregenden „Farb-Rotation“ von 1968 oder später der „Lichtventilator“ von 2009, die wie eine Hochgeschwindigkeits-Variation der Op-Art daherkommen. Ähnlich staunen macht vielleicht nur, dass Heinz Mack derlei wohl auch noch in seinem zehnten Lebensjahrzehnt schaffen wird.