Cannes. „Triangle of Sadness“ von dem 48-jährigen Regisseur Ruben Östlund gewinnt beim Filmfestival in Cannes die Goldene Palme. Die Jury war schockiert.
Der schwedische Regisseur Ruben Östlund hat zum zweiten Mal den Hauptpreis beim Filmfestival von Cannes gewonnen. Die Jury zeichnete seine Gesellschaftssatire „Triangle of Sadness“ am Samstagabend mit der Goldenen Palme aus. Den Großen Preis der Jury teilten sich der belgische Regisseur Lukas Dhont („Close“) und die französische Filmemacherin Claire Denis („Stars at Noon“). Als beste Schauspieler wurden die Iranerin Sar Amir Ebrahimi und der Südkoreaner Song Kang Ho ausgezeichnet. Der Preis für die beste Regie ging an Park Chan-wook („Decision to Leave“).
Iris Berben und Wooldy Harrelson spielen in „Triangle of Sadness“ ebenfalls mit
„Wir hatten das Ziel, einen spannenden Film für das Publikum zu machen und zum Nachdenken anzuregen“, sagte Östlund, als er die mit hundert Diamanten besetzte goldene Trophäe entgegennahm. Der 48-jährige Regisseur hatte bereits 2017 mit seinem Film „The Square“ die Goldene Palme in Cannes gewonnen. „Die gesamte Jury war extrem schockiert von diesem Film“, sagte Jury-Präsident Vincent Lindon bei der Preisverleihung über den diesjährigen Gewinnerfilm, in dem unter anderem die deutsche Schauspielerin Iris Berben und Hollywood-Star Woody Harrelson mitspielen. Berben spielt eine Schiffsreisende, die nach einem Schlaganfall eine Sprachstörung hat und nur noch den Satz „In den Wolken“ und manchmal „Nein“ sagen kann.
Östlund ist bekannt für humorvolle und bissige Studien menschlichen Verhaltens, und eine solche präsentiert er auch in „Triangle of Sadness“. Der Film ist eine Satire auf die Welt von Influencern und Superreichen. Er spielt unter anderem auf einer Luxusjacht. Nachdem diese von Piraten gekapert wird, stranden ein paar der Schiffsreisenden auf einer Insel, wo die Hierarchien umgekehrt werden. Denn eine Angestellte, die sich auf der Jacht um die Toiletten kümmerte, ist die einzige, die Fische fangen, Feuer machen und somit das Überleben der Menschen sichern kann.
„Triangle of Sadness“ von Ruben Östlund handelt von der Absurdität des digitalen Kapitalismus
„Triangle of Sadness“ handelt von der Absurdität des Kapitalismus, Machtverhältnissen und von sozialer Ungleichheit. Iris Berben ist darin in einer Nebenrolle zu sehen: S Auch sie ist unter den Reisenden, die auf der Insel stranden. Der Film hatte bei der Premiere auf dem Filmfestival für viel Gelächter gesorgt. Es war wohl der grellste und komischste Beitrag.
Ruhigere Töne schlugen die beiden Filme an, die mit dem Großen Preis der Jury, der zweitwichtigsten Auszeichnung des Festivals, ausgezeichnet wurden. Das waren in diesem Jahr die französische Filmemacherin Claire Denis („Stars at Noon“) sowie der Belgier Lukas Dhont für „Close“.
Preise für Zar Amir Ebrahimi und Song Kang-ho
„Stars at Noon“ erzählt von der amerikanischen Journalistin Trish (Margaret Qualley), die wegen eines kritischen politischen Artikels in Nicaragua festsitzt und dort einen mysteriösen Geschäftsmann namens Daniel (Joe Alwyn) trifft, der von den politisch instabilen Verhältnissen in Nicaragua profitiert. Trish und Daniel verlieben sich, und ihre Anziehung wird in einem Großteil des Films lustvoll inszeniert, während der Plot in den Hintergrund rückt. „Close“ wiederum ist ein einfühlsamer Coming-of-Age-Film über die besondere Freundschaft zweier Jungen, die auf tragische Weise endet.
Die Iranerin Zar Amir Ebrahimi nahm den Preis ls beste Schauspielerin entgegen. Sie verkörpert in „Holy Spider“ von Ali Abbasi eine mutige Journalistin, die einem Serienmörder auf der Spur ist. Als bester Schauspieler wurde der Südkoreaner Song Kang-ho für seine Rolle in „Broker“ von Hirokazu Koreeda gewürdigt.
Spezialpreis für die Stammgäste Jean-Pierre und Luc Dardenne
Der Preis der Jury wurde an „Le Otto Montagne“ von Charlotte Vandermeersch und Felix Van Groeningen sowie zu gleichen Teilen an „EO“ von Jerzy Skolimowski vergeben. Der Schwede Tarik Saleh wurde mit dem Preis für das beste Drehbuch für seinen Film „Boy from Heaven“ geehrt. Eine besondere Ehrung bekamen die belgischen Filmemacher Jean-Pierre und Luc Dardenne, die Stammgäste auf dem Filmfestival sind. Sie sind zum 75. Jubiläumsjahr mit einem Spezialpreis für ihren Film „Tori and Lokita“ geehrt worden.
Wolodymyr Selenskis Ansprache und Filme aus der Ukraine
Die diesjährigen Filmfestspiele standen im Zeichen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. In Cannes stellten sowohl der ukrainische Regisseur Sergej Losniza als auch der Russe Kirill Serebrennikow, der inzwischen in Berlin lebt, ihre neuen Filme vor. Auch der postum vollendete Film des im April in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol getöteten litauischen Filmemachers Mantas Kvedaravicius wurde in Cannes gezeigt. Bei der Eröffnungszeremonie vor knapp zwei Wochen war überraschend der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj zugeschaltet worden. In seiner Ansprache hatte er an die Filmwelt appelliert, sie müsse gegen den Krieg in der Ukraine „die Stimme erheben“.
Das berühmte Festival an der Côte d’Azur feierte in diesem Jahr seine 75. Ausgabe. Dazu fand am Dienstagabend eine Gala mit Stars wie Sophie Marceau, Kristen Stewart, Diane Kruger und Guillermo del Toro statt. Für Glamour an der Croisette sorgten dieses Jahr auch Hollywood-Produktionen wie die Filmbiografie „Elvis“ von Baz Luhrmann und der Actionstreifen „Top Gun: Maverick“ mit Tom Cruise in der Hauptrolle. Vergangenes Jahr war das Festival in Cannes wegen der Corona-Pandemie in den Sommer verlegt worden, 2020 musste es Corona-bedingt ausfallen.