Essen. Ein altmodischer Männerfilm voller ungebremster USA-Begeisterung: Roland Emmerichs Kriegsfilm „Midway – Für die Freiheit“ ist aber hochspannend.

Am 7. Dezember 1941 überfallen japanische Luftkampfverbände überraschend den Militärhafen Pearl Harbor – eine Demütigung für den US-Nachrichtendienst. Chester Nimitz, der neue Chef der US-Pazifik-Flotte, will alte Fehler nicht wiederholen und setzt verstärkt auf nachrichtendienstliche Ermittlungen.

Die liefern Hinweise darauf, dass Japan einen Angriff zur See am strategisch wichtigen Midway-Atoll vorbereitet. Ein halbes Jahr nach Pearl Harbor kommt es dort zur Schlacht. Diesen Höhepunkt im Pazifik-Krieg nutzt Roland Emmerich als Steilvorlage für ein gigantisches Kriegsepos, das er effektbewusst als spannendes Themenparkabenteuer in historischen Kostümen inszeniert und mit Actionszenen garniert, die wirken wie „Star Wars“ mit Propellermaschinen.

So kann man das betrachten und den Film damit abhaken. Es ist ja auch nicht wirklich von Interesse, wieso ein erprobter deutscher Blockbuster-Macher in Hollywood mit chinesischen Geldgebern gerade jetzt ein Ereignis des Zweiten Weltkriegs nachstellt, das Japans Weltmachtpläne erschütterte und die Wende im Pazifikkrieg zugunsten der USA einläutete. Vermutlich fiele eine Antwort darauf ebenso hilflos aus wie drei Jahre zuvor der Versuch. das kurzfristige (und wenig erfolgreiche) Aufbranden von epischen Filmen nach biblischer Vorlage zu erklären. Vermutlich ging es nur darum, eine aufregende Geschichte zum Glanz und Ruhm von US-Boys im Moment der Bewährungsprobe für ein Jugendpublikum zu erzählen, das die alten Kriegsfilme der 50er und 60er ebenso wenig kennt wie den Midway-Film von 1976 mit Charlton Heston.

Roland Emmerichs ungebremste USA-Begeitsterung

„Für die Freiheit“, lautet der deutsche Beititel zum Film. Eine gewagte These, die sich hier nur in einer Szene manifestiert, wenn Air-Force-Pilot Doolittle nach seinem riskanten Bombenangriff auf Tokio im von Japanern besetzten China notlanden muss und die Hilfe der einheimischen Landbevölkerung mit einem anerkennenden Heben der Augenbrauen und einem Sturmfeuerzeug als Geschenk ehrt. Solche Zuspitzungen wirken ebenso naiv wie die markigen Oneliners, wenn der finale Bombenabwurf auf einen japanischen Flugzeugträger mit dem Satz kommentiert wird: „Das ist für Pearl!“ Da könnte man meinen, dass Roland Emmerichs ungebremste USA-Begeisterung das Resultat einer freiwilligen gedanklichen Selbstbescheidung sein könnte.

Star-Ensemble mit Ed Skrein, Woody Harrelson, Dennis Quaid und Patrick Wilson

Immerhin gibt der Film aber auch Raum für den Epiker Emmerich, der Materialschlachten mit einer Grandezza in Szene zu setzen versteht, dass selbst die weniger gelungenen Digitaltricksequenzen einen immer noch nach Luft schnappen lassen. Mehr noch lässt Emmerich sein umfangreiches Ensemble (der Posterheld Ed Skrein als Super-Pilot Dick Best, Woody Harrelson als Admiral Nimitz, Dennis Quaid als „Bull“ Halsey und Patrick Wilson als Nachrichtenoffizier Layton) in präzisen Breitbildkompositionen und eleganten Kamerafahrten Glanz entfalten in einer Weise, wie das sonst nur noch bei Steven Spielberg zu erleben ist.

Im Kern ein altmodischer Männerfilm – aber hochspannend

Und das ist die richtig gute Nachricht dieses im Kern so altmodischen Männerfilms – er vereint moderne Effekttechnik mit klassischen Erzähltugenden. Die historische Aufarbeitung bewegt sich in seriösem Rahmen und zeigt auch gegenüber dem Feind eine unerwartet faire Gesinnung. Emmerichs Faible für schmucke Kerle und markige Sprüche wirkt längst nicht so dümmlich und infantil, wie das etwa in Michael Bays „Pearl Harbor“ der Fall war. Und wenn Emmerich sich Mühe gibt, was hier sehr oft der Fall ist, dann erreicht sein Film Momente von zeitloser Klasse. Und ja, er ist über die volle Distanz von 140 Minuten zum Nägelkauen spannend.