Essen.
Manche Düsseldorfer mokieren sich darüber, dass Horst Eckert in den Bullenopern seiner Kriminalromane über Männer und Frauen in der „Festung“ des Polizeipräsidiums den Eindruck erweckt, als sei die Landeshauptstadt so kriminalitätsverseucht wie Chicago, das jeden Tag zwei Morde und rund 3500 Schießereien im Jahr erlebt. Dabei liegt die Stärke Eckerts ja genau jenseits des schieren Verbrechens, in der Realität an dessen Rändern. Eckert war derjenige, der die verdächtig engen Beziehungen eines Oberbürgermeisters zur Bauindustrie in der Phantasie ausspinnen konnte; Eckert thematisierte ruppige Umgangsformen in der Altstadtwache. Überhaupt: Polizisten schildert der einstige Journalist Eckert nicht schwarz-weiß, sondern mit vielen Grautönen und auch sehr dunklen Schattierungen; durch Gewährsleute in der „Festung“ weiß er zudem, welche Sau nun jetzt wieder durchs Behördendorf gejagt wird.
Nach seinem beklemmenden Verfassungsschutz-Thriller „Im Namen der Lüge“ über rechtsradikale Netzwerke in den Geheimdiensten und der hohen Politik nun also die Fortsetzung: Kriminalrätin Melia Adan ermittelt wiederum in halb verschwörerischer Manier mit Vincent „Che“ Veih, dem aus der Art geschlagenen Sohn einer ehemaligen RAF-Terroristin.
Mietspekulation, Drogenhandel und eine mutig-hilflose Fernsehschauspielerin
Diesmal geht es, weniger hoch aufgehängt, aber realitätsgesättigt um Kokain für die feinen Kreise, Miet- und Bodenspekulation, eine mutig-hilflose Fernsehschauspielerin und eine Drogenkommissarin auf Abwegen, einen Psychologen, eine schöne, ältere Restaurantbesitzerin und einige junge Menschen in der Falle. Es gibt viele kurze Kapitel, die gut sind für den Spannungsaufbau und in ihrer Hektik manchmal an Filmschnitte erinnern. Das grundierende politische Thema aber kristallisiert im superreichen, mächtigen, rechtsradikalen Bauunternehmer Osterkamp und einem toxisch intriganten Helfer in der Politik.
Und es gibt diesmal vielleicht tatsächlich ein bisschen viel Tote und eine Story, die neben der erwartbaren, handelsüblichen Aufklärung wie beim Vorgängerroman am Ende einen Haken hat. Wird ja nicht der letzte Eckert gewesen sein...
Horst Eckert: Die Stunde der Wut. Thriller. Heyne Verl., 446 S., 12,99 €.