Essen. Die Leistungsschau der modernden Tanzszene NRW muss 2021 digital über die Bühne. Was bei „tanz nrw“ ab Mittwoch zu sehen ist.
Die körperliche Nähe von schweißtreibendem Ausdruck, die überrumpelnde Kraft von physischer Meisterschaft gepaart mit politischen Botschaften – auch der Kosmos des Neuen Tanzes muss in Pandemie-Zeiten sein Heil auf dem Bildschirm suchen. Das größte NRW-Festival der Branche geht 2021 komplett ins Netz.
Ob klassischer Tanz, ob hintersinnig animiertes Bildertheater, ob Circus Dance oder waghalsige Performance: Erstmals findet das Festival tanz nrw durchweg digital statt. Sein ehrgeiziges Ziel, „einen konzentrierten Blick auf die hiesige zeitgenössische Tanzszene“ zu zeigen und „Entwicklungen, Experimente und individuelle Profile“ hier lebender Choreografen und Choreografinnen „einem breiten Publikum“ zugänglich zu machen, soll allerdings auch per Stream spürbar bleiben.
Am 28. April beginnt „tanz nrw 2021“ und kreist um das Thema Gardetanz
Ein listiger Coup, die Eröffnung am 28. April als Hommage an Volkstümliches zu gestalten: Der gute alte Gardetanz steht im Mittelpunkt von „Cobra Blonde“ – die Kölner Choreografin Reut Shemesh will mit unkonventionellen Mitteln „den Widersprüchen dieser Unterhaltungsform“ nachspüren.
Das Tanzland NRW hat das seit 2007 alle zwei Jahre stattfindende Festival stets als lustvolle Leistungsschau begriffen. Davon zehrt die Bandbreite auch in diesem Jahrgang. Da erforscht „bodytalk“ in „Bilderzerstörer“ das Phänomen von in Museen attackierten Gemälden. Ursina Tossi fragt sich in „Revenants“ (Rückkehrer) am 29. April, 2. und 5. Mai, wie Konflikte dieser Welt heute aussähen, wenn mehr Frauen an den Hebeln der Macht gesessen hätten.
Die hochrangigen Tanzabende werden gestreamt
Lust am Extremen spiegeln in „Cultural Drag“ TachoTinta am 1. und 2. Mai mit „glamourösem Übertreiben“ – Kultur, Identität und Transkulturalität als Webstoff des Vorurteils. „Just before Falling“ aus Bonn hinterfragt das El Cuco Projekt (8. Mai) unser Verständnis von Zeit und Raum: ein Tanzabend, der sich dem Moment widmet, wenn etwas fällt – kurz vorm Zerbrechen. Kooperationen mit dem Tanztheater Wuppertal (Creature, 4. Mai) und dem Ballett am Rhein („Step by Step“, 6./7. Mai) binden auch traditionsreiche Kompanien ein.
Essens Pact Zollverein ist neben Bonn, Münster, Düsseldorf und Köln unter den insgesamt neun Aufführungsorten. Körperlich anwesend dürften dort freilich nur Tänzerinnen und Tänzer sein. Wie so vieles in diesen Zeiten, wird dem Publikum der heimatliche PC-Bildschirm als Brücke zum theatralischen Erlebnis gebaut. Mehr Info zu Tickets und Zeiten gibt es auf www.dringeblieben.de