Essen. In den 90er Jahren war er ein Superstar. Als Sänger der holländisch-englischen Band Caught in the Act brachte der Brite Lee Baxter Mädchen schier um den Verstand. Heute macht er die Musik, die er machen will. Doch das war ein weiter Weg.

Lee Baxter war einmal ein Superstar. Sein Poster zierte die Wände unzähliger Mädchenzimmer. Seine weiblichen Fans kreischten auf den Konzerten und fielen verzückt in Ohnmacht. In den 90er-Jahren war der heute 43 Jahre alte Baxter Sänger der Band Caught in the Act und bewegte sich mit seinen Bandkollegen Benjamin, Bastiaan und Eloy synchron zu Liedern wie "Love is Everywhere".

Das ist inzwischen zwei Jahrzehnte her. Heute macht Baxter die Musik, die er mag. In den kommenden Tagen erscheint seine Single "For What It's Worth", in das Video hat er Aufnahmen seiner alten Videokamera eingearbeitet. Erinnerungen an eine Zeit, die alles andere als einfach war. Im Interview der Nachrichtenagentur dpa spricht er über die beängstigende Boygroup-Welt, Konkurrenzdruck und darüber, warum er zu seinen Ex-Bandkollegen seit Jahren keinen Kontakt mehr hat.

Ihr neuer Song, der in Kürze auf den Markt kommen soll, heißt "For What It's Worth". Worum geht es darin?

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Lee Baxter: Es geht darum, sich mit der Vergangenheit zu versöhnen und weiterzumachen. In das Video haben wir altes, privates Videomaterial aus meiner Zeit in der Band eingebaut, von Tourneen in Asien, Backstage-Material. Es geht um Caught in the Act, um vergeben und vergessen. Ich denke, die Fans werden es lieben.

Was gibt es denn zu vergeben und vergessen?

Baxter: Der einzige, mit dem ich in den vergangenen Jahren Kontakt hatte, ist Benjamin. Als wir zusammen in der Band waren, waren wir wie in einer Blase, und je erfolgreicher wir wurden, desto kleiner wurde die Blase. Es ist ziemlich schwierig für vier Männer, bei so viel Stress so lange in dieser engen Blase zu sein, ohne aneinander zu geraten. Es gab viele Spannungen und Dinge, die unausgesprochen blieben.

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Ich denke aber, nach mehr als 20 Jahren sollten wir mal sagen: Schwamm drüber. Benjamin hat mich kontaktiert und er scheint das genauso zu sehen. Von Bastiaan und Eloy habe ich seit Jahren nichts gehört - auch wenn viele Fans immer noch von einem Comeback träumen.

Wünschen Sie sich, Ihre Ex-Kollegen wiederzusehen?

Baxter: Ja, ich hoffe, dass sie vielleicht irgendwie auf das Lied reagieren. Schließlich haben wir alle vier immer dann, wenn es Gerüchte um eine Wiedervereinigung gab, unabhängig voneinander gesagt, wir wären dabei. Also müssen ja auch die anderen irgendwie zumindest in Betracht gezogen haben, dass wir uns mal wiedersehen.

Wie erinnern Sie sich an die Caught in the Act-Zeit? War es so wahnsinnig, wie es schien?

 Baxter: Ja. Aber man gewöhnt sich erstaunlich schnell daran. In den ersten sechs Monaten nach unserem ersten großen Hit in Deutschland war es am schlimmsten für mich. Es ist mir schwer gefallen, mich an die Situation zu gewöhnen, obwohl ich nach Erfolg strebte. Als es dann wirklich passierte, war es, als habe mir jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Plötzlich waren so viele Menschen um uns herum, die Leute von der Plattenfirma, PR und so weiter. Es hat ein halbes Jahr gedauert, bis ich mich daran gewöhnt hatte.

Die Zeit war natürlich voller wundervoller Erlebnisse, aber es war einfach auch unglaublich anstrengend. Wir haben um zwei Uhr morgens Fotoshootings gemacht. Ich erinnere mich an ein Interview, das Eloy und ich gegeben haben und in dem wir einfach nicht aufhören konnten zu lachen, weil wir einfach völlig fertig waren und ein bisschen durchgedreht sind.

Was denken Sie heute über Caught in the Act?

Baxter: Ich bin inzwischen sehr stolz, dass ich dabei war. Es gab eine Zeit, in der ich nicht daran erinnert werden wollte, in der ich meinen Namen änderte. Ich kam aus Holland zurück nach England und wollte einfach alles vergessen, weil die Zeit und die Zeit nach dem Aus für mich auch viel Schmerz bedeuteten.

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Aber ich habe gemerkt, dass die Fans immer noch da sind. Sie werden uns niemals gehen lassen. Das war ein Gedanke, der mir wirklich Angst gemacht hat. Aber die Zeit heilt alle Wunden und heute kann ich mich auch an die schönen Seiten erinnern. Und heute bin ich unglaublich dankbar für die Loyalität meiner Fans.

Haben Sie sich deshalb so lange aus der Öffentlichkeit zurückgezogen? Weil Sie Zeit brauchten?

Baxter: Also erst habe ich ja, wie alle in der Band, verzweifelt versucht, allein an die Erfolge anzuknüpfen. Ich habe Songs geschrieben und wollte auf Teufel komm raus eine Solo-Karriere. Aber dann habe ich mir eine Auszeit genommen, habe auch spirituell versucht, mich zu finden. Irgendwann hatte ich dann kein Geld mehr, musste mein Haus verkaufen, nach Großbritannien zurückziehen und quasi von Null anfangen. Ich hab mir dann einen Schauspielagenten genommen und Theater gespielt - als Collin Baxter. Aber heute bin ich froh, dass ich wieder als Lee Baxter Musik mache und meine Fans noch da sind. (dpa)