Hamburg.

Erwachsene dürfen nicht nach Smaland. In jedem Ikea-Kaufhaus können Eltern ihre Kinder zu Tausenden bunten Bällen entlassen, um danach einkaufen zu gehen. Aber viele würden am liebsten mit eintauchen ins Bällebad. Im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe dürfen sie das jetzt. Der Konzern erfüllt seinen Kunden in der Ausstellung „Fenomen Ikea“ einen heißgehegten Wunsch.

Vorgestellt werden auch die Vorbilder, die Ingvar Kamprad 1943 zur Gründung seiner Firma bewegten, dazu Klassiker von Ikea. 250 Exponate aus sechs Jahrzehnten, sie haben Nord- und Mitteleuropa geprägt wie keine andere Möbelkultur, aber auch andere Regionen in der Welt. Die größte globale Einrichtungsmarke war die erste, die demokratisches Design für alle durchsetzte. Als Mix aus skandinavischer Moderne, schwedischer Folklore und der Idee vom organisierbaren Wohnen - vorgedacht vom Bauhaus und Deutschen Werkbund. Hell, farbenfreudig und funktional, das war die skandinavische Umsetzung der deutschen Idee vom Wohnen.

Etwa mit der legendären und experimentell angelegten „PS Kollektion“, eine immer neu durchdachte Designvielfalt, die als Signal gegen hochpreisige Produkte enormen Erfolg verzeichnete. Oder mit den Klassikern „Billy“, „Klippan“ und „Lack“, die Millionen Wohnräume ausstatten. Das Regal Billy wurde seit 1979 rund 41 Millionen Mal verkauft. Ein klar strukturiertes Möbelstück: Acht Querbretter, zwei Seitenbretter, eine 202 cm hohe Rückwand, das Regal 80 cm breit. Ein Kultmöbel mit eigenem Buch (Billy - 30 Jahre alt, Zweitausendeins, 252 S., 14,95 Euro). Millionen Käufer fluchten, als sie es aufbauten, das Nachschrauben nach zwei Wochen vergaßen und die Konstruktion etwas wacklig wurde. Aber fast alle haben weitere Billy-Regale erworben.

Wohnstil von Generationen geprägt

Im Bewusstsein der Menschen ist verankert, dass Ikea schöne, praktische und preiswerte Möbel hat. In Hamburg zeigen die „Frankfurter Küche“ von 1926, Thonet-Stühle und andere Stücke, dass dieser Gedanke zuerst in Deutschland verbreitet wurde. Ingvar Kamprad war schlau genug, daraus ein Modell zu machen, das am Kunden orientiert war, nicht an einer „Philosophie“. Die Ausstellungsmacher ließen eine Werbeagentur ermitteln, wie heute das häufigste deutsche Wohnzimmer aussieht. Es dominieren Möbel und Einrichtungsgegenstände von Ikea. Wie viele Gespräche, wie viele Liebesromanzen haben auf dem „Klippan“-Sofa begonnen? Selten war ein Werbespruch so treffend wie „Entdecke die Möglichkeiten!“ Der schwedische Konzern hat den Wohnstil von Generationen geprägt.

In der Sonderschau „Non Ikea“ wird dokumentiert, dass internationale Künstler an den Schweden einfach nicht vorbeikommen. Manche ließen sich vom Katalog inspirieren, andere nutzten Ikea-Artikel und sogar tonnenweise Verpackungsmaterial, um daraus Kunst zu machen.

Inzwischen haben Österreicher ermittelt, was die Bezeichnungen bei Ikea bedeuten. Polster- und Rattanmöbel, Couchtische, Bücherregale, Musikmöbel und Türknöpfe tragen schwedische Ortsnamen, Betten, Kleiderschränke und Gangmöbel Namen norwegischer Orte. Esstische und Sessel gehen auf finnische Bezeichnungen zurück, Badezimmerartikel auf solche von skandinavischen Seen, Flüssen und Meeresbuchten. Sessel und Schreibtische haben skandinavische Männernamen, Stoffe und Gardinen Frauennamen. Teppiche tragen dänische Ortsnamen und Gartenmöbel die schwedischer Inseln. Bettwäsche, Decken und Polster sind nach Blumen, Pflanzen und Edelsteinen benannt, Leuchtkörper nach Jahreszeiten, Monaten, Tagen und Booten. Deutschland übrigens ist mit derzeit 45 Filialen der bedeutendste Ikea-Markt weltweit.