Bochum. Der Bochumerin Sabine Bode ist mit „Älterwerden ist voll sexy, man stöhnt mehr“ ein Bestseller gelungen. Wir mussten mit ihr mal darüber reden...

Mit dem Älterwerden ist das ja so eine Sache: Keiner hat das gewollt, aber eines Tages guckt man auf die Uhr – und die steht schon auf kurz vor 50. Dass dann auf einmal so viele Jüngere um einen herumturnen und so viele neue Dinge einem vollkommen hirnrissig vorkommen, das ist ja wohl eine Unverschämtheit. Und dass man plötzlich ein paar Pfunde mehr an sich entdeckt, obwohl man doch genauso wenig Sport macht wie früher, als man noch schlanker war… Geschenkt! Wer das alles allzu gut verstehen kann, für den hat die Bochumerin Sabine Bode (über 50 und fühlt sich auch so) das richtige Buch geschrieben: „Älterwerden ist voll sexy, man stöhnt mehr“ steht seit einem Jahr auf den Paperback-Bestsellerlisten, hat gerade die verflixte 13. Auflage an „Leserinnen und Frauenverstehwoller“ verkauft – und war einer der Überraschungshits 2020. Gibt’s etwa doch mehr Menschen, die sich lustig und spitzfindig mit ihrer einsetzenden Verrunzelung auseinandersetzen wollen? Wir haben bei Frau Bode mal nachgefragt…

Frau Bode: Ich habe in Ihrem Buch gelesen, darin kommen auch so hässliche, alte Wörter vor: Matritzendrucker, Testbild, Wählscheibentelefon – jetzt fühle ich mich älter. Was haben Sie da gemacht?

Bode Alt ist ja immer zehn Jahre älter, als man selbst ist. Aber das ist ja nur die Eigenwahrnehmung, die Fremdwahrnehmung ist anders. Vor allem, wenn man sieht, wie lange manche Dinge schon her sind. „Fade To Grey“ von Visage ist jetzt auch schon 40 Jahre alt. Ich weiß noch, wie der Song im WDR als „Oldie der Woche“ gespielt wurde, als er zehn Jahre alt war. Dann 20 Jahre, 30 und: Oh, 40 Jahre! Man kennt das von sich selber: Jeder, der früher über 40 oder 50 war, der war ja suspekt. Und auf einmal: Zack, bist du mittendrin.

Kommt man sich selbst immer zu jung vor?

Leben auf der Überholspur? So versprach’s einst die Serie „Beverly Hills 90210“. Oft ist das Leben eher eine Fahrt mit dem Autoscooter: Obwohl es rummst, kann’s Spaß machen.
Leben auf der Überholspur? So versprach’s einst die Serie „Beverly Hills 90210“. Oft ist das Leben eher eine Fahrt mit dem Autoscooter: Obwohl es rummst, kann’s Spaß machen. © Getty Images | wundervisuals

Auf jeden Fall. Ich frage mich immer: Warum ist das denn meiner Tochter peinlich, wenn sie mit mir über die Straße geht oder durch den Ruhrpark? Aber mit 15, 16 wäre ich auch nicht gern mit meinen Eltern gesehen worden. Man fühlt sich selbst immer noch ganz hip und berufsjugendlich, aber ob das immer noch so stimmt? Was heute auf WDR 4 läuft, das ist derzeit das älteste an Popmusik, was läuft. Das kann ich alles mitsingen – aber was gibt’s danach? Was Älteres gibt’s nicht mehr.

Gut aber, dass Sie sich im Buch nicht nur aufs Fältchenzählen beschränken…

Es gibt ja schon genügend Bücher, die auf dem Fältchenthema rumtanzen mit der Einstellung: „Hach, ich trinke mir einfach einen Prosecco dazu, dann ist das Leben schön!“ Das wollte ich eigentlich nicht. Ich habe ein paar Aspekte reingebracht wie Musik, Nostalgie, Mode, Werbung, wasweißichnichtalles… Das ist schon ein bisschen umfassender. Aber im Prinzip wollte ich einfach ein paar lustige Geschichten schreiben – unter dem Blickwinkel: Ach ja, ich bin ja jetzt auch schon nicht mehr so jung…

Ist das denn ein Buch speziell für Frauen geworden?

Wenn ich mir die Kritiken anschaue, dann haben das durchaus auch ein paar Männer gelesen. Aber man kann schon sagen, dass die Frauen schon mehr Probleme mit dem Thema Älterwerden haben – oder es wird uns zumindest eingeredet… Die Männer kompensieren das aber anders, die kaufen sich dann noch einen Porsche, richten sich ein Eisenbahnzimmer ein – oder stellen sich an den Weber-Grill.

Wie viel Ernst steckt in Ihren Überlegungen?

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Es ist vorrangig Satire. Und ich bin manchmal erschrocken, wie viele Leute das für bare Münze nehmen. Ich glaube, Frauen traut man weniger Satire zu als Männern. Ich bin nach einem Auftritt schon gefragt worden: Haben Sie da beim Arzt wirklich statt Urin eine Probe mit Caprisonne abgegeben?

Viel von Ihrem Humor besteht ja auch in der Gegenwehr gegen unsinnige Zeiterscheinungen, etwa wenn Sie berichten, wie Sie in der Bäckerei zwischen „Weizen-Wichteln“, „Sesam-Seppen“ und „Hafer-Hutzeln“ wählen sollen. Kann man sich das ab einem gewissen Alter leisten?

Ja, auf jeden Fall. Es gibt doch diesen berühmten Spruch von Jean-Jacques Rousseau: Die Freiheit des Menschen ist nicht, dass er tun kann, was er will, sondern dass er nicht tun muss, was er nicht will. Es ist ja so: Ich habe seit 15 Jahren einen Festplattenrekorder, aber meint irgendwer, ich hätte mir ein einziges Mal die Bedienungsanleitung durchgelesen? Ehe ich die Sachen programmiert habe, sind die fünfmal irgendwo wiederholt worden. Es gibt Sachen, bei denen ich sage: Boah, gut dass ich das jetzt nicht mehr brauche.

Was kann ich als Mann tun, um gemeinsam mit der Frau gut älter zu werden?

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Es ist ja jetzt auch das Alter, wo Frauen von den Männern gesagt bekommen wollen, wie gut sie noch aussehen – „für ihr Alter!“ So einen Mann möchte ich nicht. Man sollte nicht sagen müssen: „Du hast dich aber gut gehalten!“ Viel besser ist, wenn man einfach noch genauso bescheuert ist wie am Anfang, das ist das Beste, was einem passieren kann. Man sollte sich seine jugendliche Verrücktheit bewahren, ohne auf dem Nostalgietrip zu sein. Die Jugend kommt nicht zurück, das Alter aber auch nicht.

Was wäre ein guter Rat zum Älterwerden?

Augen zu und durch! Und sich nicht immer vor Augen führen, wie alt man ist. In Zeitschriften steht immer sowas wie: Johnny Depp, 57, Meryl Streep, 71. Im nächsten Buch, das ich gerade schreibe, habe ich einen Text darüber, dass Zahlen nicht mehr so wichtig sein sollten. Stattdessen sollte man sich fragen: Was tut mir gut, wer tut mir gut? Und man sollte sein Leben entrümpeln, indem man zum Beispiel alle Marie-Kondo-Bücher wegschmeißt.

Sabine Bode mögen viele noch nicht kennen, dafür haben die meisten schon mal über sie gelacht – oder vielmehr über ihre Gags. Die lieferte sie frei Haus für Harald Schmidt, Anke Engelke (Anke Late Night), Hape Kerkeling (Hapes halbe Stunde), Stefan Raab (TV Total), Kaya Yanar (Was guckst Du?) und Lockenkopf Atze Schröder. Mit „Älterwerden ist voll sexy, man stöhnt mehr“(Goldmann, 224 S., 13 €) landete sie einen Verkaufshit, der in der vergangenen Woche auch als Hörbuch (Der Hörverlag, 4,5 Std, 11,95 €) erschienen ist. Momentanschreibt Sie an ihrem nächsten Buch, das am 15. März herauskommt. Titel: „Lassen Sie mich durch, ich muss zum Yoga!“ www.fraubode.de