Hünxe. Zum Festival-Comeback spielen Social Distortion, Kreator und ein geheimer Top-Act. Handicap-Beauftragter und Sozialarbeiterin sind auch vor Ort.
Für Punks und Punkrock-Fans aus (nicht nur) ganz Deutschland war im Sommer stets eine Wiese am nordwestlichen Rand des Ruhrgebiets das Ziel ihrer Festivalträume. Seit 2008 versprach das „Ruhrpott Rodeo“ zuverlässig enthemmte Pogo-Freuden unter freiem Himmel. Zwei Jahre blieb es still auf dem Festivalgelände am Langen Weg in Hünxe, kommendes Wochenende dröhnen die Verstärker endlich wieder.
Ruhrpott Rodeo: Backstage-Möbel dringend gesucht
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Doch der Neustart war gar nicht so einfach, wie neben anderen Festivalveranstaltern auch Rodeo-Chef Alex Schwers erfahren musste: „Es ist einfach ein großes Problem, Material zu kriegen“, erklärt der 49-Jährige. „Die ganz wichtigen Sachen – Bühne, Sound – waren unproblematisch. Da haben wir langjährige treue Partner. Aber ein Problem gab’s zum Beispiel bei Dusch-Containern. Die mussten wir uns dann von ganz weit weg und zu horrenden Preisen organisieren ...“
Selbst kurz vor dem Festival blieben Schwers und sein Team nicht verschont – wobei mitunter „Material“ betroffen ist, von dem der Nicht-Festival-Veranstalter keinen Schimmer hat: „Letzte Woche erst hat unser Lieferant für Backstagemöbel abgesagt“, berichtet der Gladbecker und erklärt auf Nachfrage („Backstagemöbel“?): „Es gibt für die Backstage-Zelte und Container spezielle Couch-Garnituren, da bucht man Zweier- oder Dreiercouchs mit Sessel, Beistelltisch und einem Spiegel. Aber wir brauchen das eben 45 Mal. Die kann man sich also nicht irgendwo mal eben vom Sperrmüll holen ...“.
Lokalmatadore, Pöbel & Gesocks – sowie eine Kultband
Ein Problem, ja. Doch keines, das das Rodeo noch gefährden könnte („Die kriegen wir schon irgendwie. Und sonst stehen da eben Bierzeltgarnituren oder Sitzsäcke …“). Platz nehmen wird backstage (worauf auch immer) ein breites Feld von Bands aus allen Subgenres des Punkrock – und darüber hinaus. 45 Bands sind es insgesamt, zu den üblichen Verdächtigen gehören deutschsprachige Festivallieblinge wie die Lokalmatadore, Pöbel & Gesocks und WIZO (alles Samstag). Mit Social Distortion beehrt das Festival am Freitag endlich einmal die Kultband all jener, die ihr Portemonnaie traditionell am Kettchen tragen.
Thrash Metal für die Pogofans
Dass sich auch rotziger Hardrock ins Line-up mogelt, ist keine Überraschung, am Samstag sind es etwa die norwegischen 90er-Schweinerocker Gluecifer. Der Auftritt der Essener Kreator als Topact am selben Tag ist jedoch eine Premiere. Lupenreiner Thrash Metal beim Ruhrpott Rodeo – ist das ein Wagnis? „Man macht sich immer Gedanken – man will ja nichts auf die Bühne stellen, was alle scheiße finden“, so Alex Schwers. „Ich bin mir aber sicher, dass Kreator ankommen, genauso, wie vor drei Jahren Blümchen angekommen ist, da ging’s ja total ab. Kreator und Blümchen kann man jetzt zwar nicht vergleichen, aber ich glaube, dass Punk heutzutage offen genug für eine Band wie Kreator ist.“
Stadionband als Überraschung
„Eine Punkband“, soviel zumindest verrät der Rodeo-Macher, verberge sich hinter dem „Surprise Act“, der für Sonntagabend im Zeitplan steht. Und wohl keine kleine, sondern eine, „die sonst in Stadien spielt und die gerade auf Tour ist.“ Gelüftet werde das Geheimnis jedoch erst kurz vor dem Festivalstart.
Persönlich steht (bzw. sitzt) Schwers am Freitag mit den deutschen Ur-Punks Slime auf der Bühne – als Schlagzeuger. Eine Doppelbelastung? „Nein, das ist eher eine Pause vom Festival für mich – raus aus meinem Büro, Handy aus und eine Stunde ins Konzert eintauchen“, verrät der Festivalchef und Drummer. „Das sind für mich eigentlich immer die intensivsten Auftritte mit meiner Band.“
Awareness-Konzept und Handicap-Beauftragter soll Spaß für alle garantieren
Dass auch wirklich alle Besucher und Besucherinnen das Festival intensiv und unbeschwert genießen können, darum bemühen sich Schwers und sein Team in diesem Jahr ganz besonders. So ist im Rahmen des Awareness-Konzepts eine Sozialarbeiterin vor Ort, die als Ansprechpartnerin fungiert, wenn es zu übergriffigem oder diskriminierendem Verhalten kommen sollte.
Doch nicht nur das: „Wir haben auch einen Ansprechpartner für Menschen mit Handicaps, das habe ich noch bei keinem anderen Festival gesehen“, berichtet Schwers „Und das wird super angenommen. Er hat einen Haufen Mails bekommen und versucht für die Einzelfälle Lösungen zu finden. Ein Podest für Rollstuhlfahrer ist ja zum Beispiel selbstverständlich. Aber wer denkt schon daran, dass man da auch Strom haben muss, weil jemand mit einem Dialysegerät kommt?!“
Die Infos zum Ruhrpott Rodeo:1.-3.7. Hünxe (Freigelände am Flughafen Schwarze Heide). Tageskarten (81 €) und Festivaltickets (ca. 128 €, inkl. Camping: ca. 149 €) gibt’s auf www.ruhrpott-rodeo.de.