Essen. Der neue „Thor“-Film hat zahlreiche unterhaltsame Momente zu bieten. Doch die Flut an Comic-Verfilmungen sorgt inzwischen für eine Übersättigung.

Im neuen „Thor“-Film „Love and Thunder“ kommt der Donnergott mal hammerhart, mal zärtlich-zart daher. Und dennoch bleibt nach diesen zwei durchaus unterhaltsamen Kino-Stunden ein schaler Beigeschmack. Der weniger vom Film selbst herrührt als von der Gesamtsituation in einer immer eindimensionaler handelnden Branche.

Ja, Comic-Verfilmungen waren und sind noch sehr erfolgreich: Der im Jahr 2019 gestartete „Avengers: Endgame“ ist aus kommerzieller Sicht sogar der größte Kassenschlager der Kino-Geschichte. Und auch die anderen bislang 27 Werke aus dem aus dem Marvel Cinematic Universe (MCU) lockten fast ausnahmslos ein üppiges Millionen-Publikum vor die Großleinwände. Doch auch echte Fans haben sich irgendwann einmal satt gesehen. Der Punkt scheint erreicht zu sein.

Sechs Filme aus dem Marvel Cinematic Universe in nur einem Jahr veröffentlicht

„Thor: Love and Thunder“ mit Chris Hemsworth in der Titelrolle startet am 6. Juli in den deutschen Kinos.
„Thor: Love and Thunder“ mit Chris Hemsworth in der Titelrolle startet am 6. Juli in den deutschen Kinos. © Jasin Boland | Jasin Boland

Zur Einordnung: Dieser Auftritt von Odins Sohn, gewohnt tollkühn und Muckibuden-gestählt vom Australier Chris Hemsworth verkörpert, ist schon der sechste Superhelden-Film, der innerhalb von nur einem Jahr vom Disney-Konzern auf den Markt geworfen wird. Klar, durch die Corona-Pandemie waren einige dieser Blockbuster wie „Black Widow“ noch aus den Jahren 2020 und 2021 liegengeblieben und mussten alle nachträglich raus. Doch die Masse, sie erschlägt mittlerweile einfach nur noch.

Denn mit „The Batman“, „Morbius“ und „Venom 2“ liefen in diesem Zeitraum auch noch vergleichbare Produkte anderer Anbieter in den Kinos. Im Streamingdienst „Disney Plus“ erscheinen dazu derzeit noch etliche neue Superhelden-Serien – gefühlt in monatlichem Abstand. Und trotz der mit Akribie und Hingabe betriebenen Zeichnung von unterschiedlichen Typen und Charakteren: Jedes Superhelden-Abenteuer erzählt, auf den Kern reduziert, letztlich doch immer eine ähnliche Geschichte.

Ex-Batman Christian Bale übernimmt die Rolle des göttermordenden Gorr

Natürlich muss es auch Thor in seinem neuen, nunmehr vierten Film wieder mit einem Superschurken aufnehmen. Der will mal ausnahmsweise nicht die Erde zerstören, hat es dafür aber auf alle Götter im Universum abgesehen. Und schlachtet sie gnadenlos ab.

Gorr heißt dieser Bösewicht, gespielt von Christian Bale, dem Batman-Darsteller aus der „Dark Knight“-Reihe. Seine Hungerhaken-Statur erinnert sofort an seinen Auftritt in „Der Maschinist“ (2004). Doch dieser ausgemergelte, gezeichnete Mann wird dank eines magischen Schwerts plötzlich zum Killer mit kahlrasiertem Schädel, der Kinder entführt und Schattenmonster aus der Unterwelt heraufbeschwören kann.

Natalie Portman ist beim vierten „Thor“-Teil wieder mit am Start

Dieser Gorr hat es selbstverständlich auch auf unseren blonden Donnergott abgesehen. Wie gut also, dass der Verstärkung bekommt: von „The Mighty Thor“. Sie ist das weibliche Pendant zum Titelhelden – und niemand anders als Dr. Jane Foster. Natalie Portman spielte diesen Part bereits in den ersten beiden „Thor“-Filmen. Im dritten Teil setzte sie aus. Jetzt verschafft ihr Regisseur und Drehbuchautor Taika Waititi ein Rollen-Comeback. Und die Oscar-Gewinnerin von 2011 („Black Swan“) macht – blondiert und im Göttinnen-Dress – eine richtig gute Figur. Doch zum Hammer greift sie, so viel sei verraten, auch aus überlebenswichtigen Gründen.

Russell Crowe als Röckchen tragender Göttervater Zeus

Apropos Hammer: Die Szenen, in denen Hemsworth mit seinem Exemplar namens „Stormbreaker“ flirtet, schimpft und lamentiert, sind die mit Abstand lustigsten. Und dass eine göttliche Streitaxt Eifersuchtsanfälle erleiden kann, darauf muss man auch erstmal kommen. Es zählt zu den Pluspunkten dieses Films, dass der Regisseur auch den Humor zu wichtigsten Kräften eines Superhelden zählt. Da will auch Russell Crowe in seinem hoch amüsanten Kurzauftritt als lockiger, Röckchen tragender Göttervater Zeus nicht hintanstehen.

Zu loben ist auch die visuelle Opulenz, fast Standard im MCU: Die All-Delfine, die als leuchtende Erscheinung an Sternenhaufen vorbeiziehen, oder die kreischenden Riesenziegen als Zugtiere für fliegende Wikinger-Schiffe sind perfekt animiert und sehen einfach nur hinreißend aus. Und doch: Wenn der Abspann (bis ganz zum Schluss sitzen bleiben ist wichtig!) vorbei ist, bleibt vor allem eines. Das Gefühl akuter Superhelden-Übersättigung.