Düsseldorf. Regentinnen unter sich: Laura Linnenbaum inszeniert „Maria Stuart“ im Schauspielhaus Düsseldorf - stark gekürzt, aber als großes Spiel der Macht.
Das mit den roten Rosen hat sich längst erledigt. Die Wunder sind ausgeblieben – statt dessen heißt es: sich fügen, sich begnügen. Stocksteif thront Königin Elisabeth I. in ihrem üppigen Wallekleid, die Schieflage ihrer Herrschaft hält sie aus. Wäre da nicht die Kontrahentin, die im Kerker sitzt, und von deren Schicksal die Zukunft ihres Reiches abhängt: Schottlands Regentin Maria Stuart, Cousine, Rivalin, Schwester im Geiste. Spätestens, wenn sie hingerichtet wird, rund zweieinhalb Stunden später im Düsseldorfer Schauspielhaus, ist klar: Es ging auch damals schon ums Siegen. Alles oder nichts.
Und so behält die Knef recht, deren „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ Laura Linnenbaums Inszenierung einrahmt. Dazwischen gibt’s „Maria Stuart“, klassisch und doch modern – eine kurzweilige Erzählung, die sich ganz auf die beiden Königinnen konzentriert: Zwei Frauen, eitel und machthungrig. Schillers Historiendrama diskutiert die Frage nach Verantwortung und Schuld ebenso wie die geistige Freiheit. Man kann das Stück auf viele Arten lesen. Als Märtyrergeschichte, politisches Drama, psychologische Studie und patriarchalisches Theater. Hier bekommt man von allem etwas. Die Mischung stimmt.
Stark gekürzt, nachlesen sinnvoll
Linnenbaum mag Schillers Sprache und lässt sie walten. Aber sie hat stark gekürzt. Wer die Geschichte nicht mehr parat hat, sollte nachlesen: Alles entwickelt sich rasant. Dazu passt die Bühne (Valentin Baumeister), eine bewegliche, schiefe Ebene aus Stufen. Minna Wündrich ist Elisabeth I., eine kräftige Frau mit lauter Stimme. Von der Unsicherheit, die Schiller ihr zuschrieb, ist nichts zu spüren: Elisabeth weiß um ihre Pflicht, auf ihre Freiheit verzichtet sie für ihr Volk. Und sie weiß um ihr Korsett; schnell tauscht sie das Kleid gegen einen Anzug. Klug debattiert sie mit dem Staatsrat über Ansehen und Herrschaft: Maria wurde unrechtmäßig inhaftiert. Elisabeth muss sie loswerden. Aber sie hat auch ein Herz. Wündrich ist stark, vielleicht noch stärker als Judith Bohle in der Titelrolle. Ihre Maria ist von statischem Stolz: Die Zeit als Verführerin hat sie hinter sich gelassen. Selbst wenn sie kniet, strahlt sie Würde aus. Am Ende schreitet sie als Märtyrerin zum Schafott, umgeben vom Glanz des innerlich freien Menschen.
Umrahmt werden die Frauen von Grafen und Rittern, eine Armada in Anzügen, die sie belagern und verfolgen. Vergeblich, diesen Regentinnen könnten sie nie das Wasser reichen! Nicht der ordengeschmückte Baron von Burleigh (Andreas Grothgar), nicht der rechtsgläubige Graf von Shrewsbury (Thiemo Schwarz), nicht der katzenfüßige Mortimer (Joscha Baltha). Und auch nicht Robert Dudley, Graf von Leicester, den beide Frauen begehren. Hier ein Mann mittleren Alters, gesegnet mit Mutterwitz und Schläue (Wolfgang Michalek).
Die Politik und der Verstand der Frauen
Linnenbaum geht es mehr um die Politik, als um die Liebe, mehr um den Verstand der Frauen, als um ihr Gemüt. Das ist kein Eifersuchtsdrama, sondern ein Spiel um Macht. Am Ende schickt Elisabeth Maria aus politischem Kalkül in den Tod und bleibt hadernd und verlassen zurück. Leicester ist wie üblich zu Schiff nach Frankreich. Diese Königin wird damit fertig, garantiert.
2 ¾ Stunden, eine Pause. Termine/Karten: www.dhaus.de