In der Region. 20 Jahre Kulturnacht: Nach zwei Jahren Zwangspause findet die Extraschicht wieder statt – und kann endlich ihre Jubiläumsausgabe nachholen.

Wenn in einer Nacht die Grenzen zwischen Sonsbeck und Unna, Dorsten und Hattingen verwischen, werden Teile Nordrhein-Westfalens zur eingeschworenen Metropole Ruhr – dann zumindest auch sichtbar für den Rest des Bundeslandes.

Die bekannte wie beliebte „Extraschicht – Die Nacht der Industriekultur“ tagt nach zwei Jahren Zwangspause wieder wie gewohnt am letzten Wochenende im Juni. Am Samstag, 25. Juni, zelebriert der rhein-ruhrische Feiertag die große Jubiläumsausgabe des zum 20. Mal stattfindenden Kulturfestes. 23 Städte beteiligen sich an der diesjährigen Ausgabe.

„Extraschicht – Nacht der Industriekultur“ feiert 20. Geburtstag

Ein besonderes Schmankerl zum runden Geburtstag gibt es nicht, dafür viel kleine Appetithappen, die zusammen ein alle Sinne bewegendes Menü ergeben. „Wir wollen eine ‘normale’ Extraschicht veranstalten, gerade weil sie zweimal ausfallen musste, und setzen auf Altbekanntes und Beliebtes“, erklärt Pressesprecherin Franziska Vogel.

Eine Besonderheit sei, dass die Nacht der Industriekultur teilweise im Zeichen digitaler Kunst steht. Vier der insgesamt 43 Spielorte setzen auf eindrucksvolle Technik: Im LWL-Industriemuseum Henrichshütte Hattingen hat Künstler Tim Berresheim eine Installation entworfen, die die Arbeiten und Traditionen der Hütte über Augmented Reality (z. dt. „erweiterte Realität“) erlebbar macht.

Videomapping in Bochum und Kunst in Dorsten

Die multimediale Show „Phoenix Ruhr“ taucht die Zeche Hannover in Bochum dank Videomapping in ein Gesamtkunstwerk – so scheint es unter anderem, als wenn ein Teil des Gebäudes einstürzt. Weniger brachial sind die Musik- und Lichtinstallationen.

Auch das Creativquartier Fürst Leopold in Dorsten setzt aufs künstlerische Ausleuchten der ehemaligen Zeche. Andere digitale Wege beschreitet die Dortmunder Zeche Zollern: Mit einer VR-Brille geht es auf Erkundungstour durch die Zukunft der Region – per Fahrrad. „Das ist schon ein sehr spannender Aspekt“, findet Vogel.

Feuer-, Licht- und Lasershows an vielen Orten

So aufregend die virtuelle Realität auch sein mag, das analoge Angebot kann sich ebenfalls sehen lassen: Allen voran die fast schon traditionellen Feuer-, Licht- und Lasershows, die meist das fulminante Finale der Kulturnacht in der jeweiligen Stadt markieren.

Im Duisburger Innenhafen – und nicht wie gewohnt im Landschaftspark – will das dortige Höhenfeuerwerk gleichzeitig ein Zeichen für den Frieden setzen, erklärt die Sprecherin.

Wassermuseum zeigt das Leben der Quallen

Wer ein wenig im Programm der teilnehmenden Städte kramt, stößt auf viele weitere besondere Kunstperformances und -installationen. Während einige Orte auf Altbewährtes in Form von Live-Musik, Kleinkunst und breitgefächertes gastronomisches Angebot setzen, warten andere mit Kuriosem auf.

Das Aquarius Wassermuseum in Mülheim zum Beispiel stellt die „Jellyworld“ vor – im Mittelpunkt: die seit 670 Millionen Jahren durchs Meer treibenden Quallen. Die bis zu zwei Meter langen, leuchtenden Meeresbewohner ohne Herz, Knochen oder Hirn von Daniel Kurniczak sind in diesem Fall aus gebrauchtem Kunststoff gefertigt. Ein Quallenquiz und eine Künstlertruppe runden das Thema ab.

Klaviermusik an Bahnhöfen

Die Einkaufsbahnhöfe in der Region setzen auf Musik und stellen Klaviere auf: Ein Magic Piano in Essen, ein Rolling Piano in Oberhausen und ein Walking Piano in Duisburg.

Die Zeche Nachtigall in Witten entführt die Besucher auf eine Zeitreise in die 50er- und 60er-Jahre – mit Hilfe von Oldtimern, die im stillgelegten Ringofen präsentiert werden.

Jugendliches Flair hingegen verströmt die Jahrhunderthalle Bochum. Die ehemalige Gebläsemaschinenhalle stellt Longboard Dancing vor und lädt zum Mitmachen ein. Die Experten von Longboard Ruhrgebiet zeigen, wie Anfänger elegant über das Board tänzeln können. Komplettiert wird das Angebot von Poetry- Beiträgen der Veranstaltungsreihe WortLautRuhr.

Drei Neuheiten mit dabei

Und dann gibt es da noch die Neuheiten: Das Trainingsbergwerk Recklinghausen öffnet die Türen zu seinen Strecken, der Luftschiffhanger in Mülheim putzt Zeppelin und Ruhrgebietswahrzeichen „Theo“ heraus und der Zechenpark Friedrich Heinrich in Kamp-Lintfort trumpft mit Musik, Führungen, Kunst, Walking Acts und Mitmachaktionen auf.

Unter einen Hut oder vielmehr in eine Nacht bekommen Besucher der Extraschicht all jene spannenenden Beiträge zur Nacht der Industriekultur nicht. „Wir empfehlen, sich maximal drei Spielorte anzuschauen“, rät Pressesprecherin Vogel. „Ansonsten hetzt man nur von Ort zu Ort. So kann man die Extraschicht genießen und eventuell auch mal mitmachen.“

Shuttlebusse kostenfrei nutzbar

Am besten sollten sich die favorisierten Orte auf einer Shuttlebuslinie befinden, so die Expertin weiter. Mit einem Extraschicht-Ticket können die Inhaberinnen und Inhaber Bus und Bahn, sowie die eigens eingesetzten Shuttlebusse kostenfrei die ganze Nacht nutzen.

„Oder man steigt aufs Rad. Fahrradfahrer können dann zusätzlich auch das Ruhrgebiet bei Nacht erleben.“ Die Veranstalter haben dafür gleich sechs Radrouten ausgearbeitet, die auf der Extraschicht-Homepage einsehbar sind.

So kommen Besucherinnen und Besucher zwar nicht von Sonsbeck nach Unna oder von Dorsten nach Hattingen, aber der Dortmunder Norden oder ein Rundweg durch Oberhausen und Duisburg klingen ja auch verlockend.

>>> Info:

Extraschicht, 25.6., 17-1 Uhr, 43 Spielorte, 23 Städte, 2000 Künstler. Mehr Infos, Linienpläne und Rad-Routen: www.extraschicht.de

Tickets (keine Kontrollarmbänchen, dafür personalisierte Onlinetickets) für die Extraschicht gibt es für 17 € im Vorverkauf (erm. 14 €), Tageskasse kostet 20 € (kein Verkauf am Veranstaltungsabend an den Spielorten). Infos zum Ticketkauf unter extraschicht.de/ticket/

Im Ticket enthalten: Freier Zutritt zu allen Spielorten, kostenlose Nutzung der ExtraSchicht-Shuttlebusse (17-2 Uhr), freie Fahrt im Tarifraum des VRR- und des Teilraums Ruhr-Lippe des Westfalentarifs (2. Klasse) bis 7 Uhr am Folgetag.