Ein Mann, ein Bademantel, zehntausend Worte. Olli Dittrichs Kultfigur Dittsche wurde von der Fangemeinde in Dortmund euphorisch gefeiert.
Natürlich hatten wir das mit dem Chaos und der Theorie oft gehört, aber wie der Flügelschlag eines brasilianischen Schmetterlings texanische Wirbelstürme anbläst, das Begriff die Fernsehnation dann doch erst, als einer aus dem Chaos badelatschige Praxis machte.
Das war und ist Dittsche. Sein Brasilien ist Wandsbek-Gartenstadt, das vom Chaos getroffene Ziel ein Baumarkt in Poppenbüttel, Oder die Eimermajonäse in der Imbissvitrine. Und erst recht der Wagenheber unter dem dicken Hintern hüftkranker Kumpel und und und. Wir können ja hier auch nur vom Hörensagen plaudern, und es wird einem schwindelig, will man anderntags die tausendfachen Kurven auf dem Weg zur „Gaddastrofe“ nachzeichnen. Der Mann ist einfach nicht der Typ, den Bademantel des Schweigens über Tücken des Alltags zu legen.
Olli Dittrich und sein Dittsche: unzertrennlich, Dortmunds Konzerthaus jubelt
Mal eben nachrichtlich dazwischengefunkt: Olli Dittrich, gab sich Mittwoch im Konzerthaus Dortmund die Ehre. Rein und bewundernswert solistisch zwei Stunden lang als „Dittsche“, alles ohne Extras, keine Musik, keine Filmeinspieler, keine Leinwand. Außer der Aldi-Tüte kein Requisit, kein Tresen, kein Ingo, nichts, wo sich der 65-Jährige Comedian sonst imbissgemäß Halt sucht für seine Tiraden im Schatten der Fritteuse.
Aber das ist gar kein Problem, die knappe Tausendschaft in Dortmund (zwei davon in Bademänteln und Latschen!) trägt ihn auf Händen. Und Dittrich, der einst diese liebenswerte kleine Hamburger Looser-Type erfand, liefert lang und kauzig. Vorwiegend ein „Best Of“, gewiss. Aber hatten nicht selbst eingefleischte Verehrer vergessen, dass Viagra Pillen und fachmännisch zurechtgefeilte Spülmaschinentabs Schwestern im Geiste sind? Ebenso wie gutes altes Weihnachtslametta und selbstgebastelte Reizwäsche? Nicht zu schweigen vom Hamster, der spätestens im Schellack-Gang des alten Plattenspielers das Wunder der Fliehkraft erfahren darf?
Ob der WDR weiter „Dittsche“ produziert ist ungewiss, auf der Bühne lebt die Kultfigur
Das Publikum erfährt all dies auf dem kürzesten Weg zuverlässigst abschweifender Weltreisen, für die man mindestens achtmal das Verkehrsmittel wechselt, 34 Mal umsteigt und am Ende selig dort ankommt, wo man nie hinwollte. Mag der WDR, wie unlängst zu hören, auch über ein Ende dieses Reiseveranstalters in Form einer frotteeumhüllten Kulttype nachdenken: Wir glauben einfach nicht, dass Dittsche verschwindet. Mittwoch hat er nicht zuletzt daran erinnert, wie er mit der Nummer, die anfangs niemand wollte, angefangen hat: live, vor Publikum, bescheuert und herzwärmend zugleich. Das hat er fabelhaft drauf. Sage niemand, Schumiletten seien tönerne Füße. Wer nicht dabei war: Bald ist der Meister in Bochum.