Köln/Hamburg. . Seit über einem Jahrzehnt schwadroniert Olli Dittrich als Dittsche im Bademantel über Gott und die Welt.

Komiker Olli Dittrich (61) ist ein Verwandlungskünstler. Kaum eine Figur spielt er aber so lange und so sichtlich lustvoll wie den arbeitslosen Dittsche, der in der „Eppendorfer Grillstation“ über den Weltenlauf fabuliert. An diesem Sonntag (8. April, 23.30 Uhr, WDR) gibt es wieder neue Folgen. Im Interview spricht Dittrich über die besondere Beziehung zu dem Bademantel-Philosophen, die neue Besetzung auf dem Barhocker von Schildkröte und Dittsches Kreuz bei der Bundestagswahl 2017.

Es gibt wohl keine Figur, die Sie länger spielen als Dittsche. Warum kehren Sie immer wieder zu dem Mann zurück?

Olli Dittrich: Diese Figur gibt mir beim Spielen die größtmögliche Freiheit, in alle Richtungen zu denken, frei zu assoziieren, meiner Intuition im Augenblick des Geschehens zu folgen und spielerisch zu gestalten. Wobei es gar kein Spielen im herkömmlichen Sinne ist, es ist der freie Fall. Das ist großartig und mit nichts zu vergleichen. Dittsche ist das Sprachrohr des typischen „kleinen Mannes“, der sein kleines Glück im Schwadronieren findet, in einer Welt, in der sich niemand wehren kann. Weil er Antworten findet, wo andere die Fragen nicht einmal mehr verstehen. Und er schaut stets von unten nach oben – nicht umgekehrt. Wir improvisieren hier seit 2004 ein 30-minütiges Kammerspiel, noch dazu live, ohne Netz und doppelten Boden.

In den neuen Folgen von „Dittsche“ wird Ihr stummer Kompagnon Schildkröte leider nicht mehr auf dem Barhocker sitzen – Darsteller Franz Jarnach ist gestorben. Stattdessen sitzt dort nun der Sohn von Schildkröte. Wird er gesprächiger sein?

Man wird sehen. Der Apfel fällt ja nicht weit vom Stamm. In der ­2017er-Staffel hat sich Krötensohn Jens durchaus schon gelegentlich ins Gespräch eingeschaltet, das wird sicher auch diesmal der Fall sein.

Sie haben einmal gesagt, dass Sie „eine große Nähe zu diesem Milieu der Gescheiterten“ hätten. Mittlerweile haben Sie mehrere Grimme-Preise gewonnen und sind ein hochgelobter Komiker. Fällt es nicht manchmal doch schwer, sich in die Rolle eines Arbeitslosen zu versetzen?

Nein, überhaupt nicht. Ich habe meine eigene Zeit der Arbeitslosigkeit noch sehr gut in Erinnerung und fühle mich darüber hinaus von jeher dem Milieu des „einfachen“ Mannes deutlich zugehöriger als der Welt des Glamours.

Es gibt die These, dass die Welt seit 2004, also seit der ersten „Dittsche“-Folge, sehr viel komplizierter geworden ist – Brexit, Trump, Rechtspopulismus. Konnte Dittsche damals noch sehr viel leichter über die Welt fabulieren?

Nein, das denke ich nicht. Jede Zeit hat doch ihre ganz speziellen Abenteuer, Katastrophen, fragwürdigen Berühmtheiten oder echten Helden. Gerade Leute wie Trump, Putin oder Kim Jong-un und deren Machenschaften rufen Dittsche besonders auf den Plan, Hintergründe zu erkennen. Oder wie er gerne sagt: „Da is noch keiner draufgekommen, mein Ingomann.“ Und der HSV ist sowieso ein Dauerbrenner.

Sie senden live und befassen sich mit der Tagesaktualität. Die Bundestagswahl wird also nicht so recht vorkommen. Verraten Sie, was Dittsche gewählt hätte?

Dittsche ist, wie er selbst sagt, „ein reiner Hanseat“. Er verehrt seit seiner Jugend Helmut Schmidt, also wählt er seit Jahrzehnten SPD. Klare Sache.