Essen. Die Top-Ausstellungen 2022 an Rhein, Ruhr und Weser: 100 Jahre Folkwang, Liebermann in Düsseldorf und Künstliche Intelligenz in Dortmund.

Normalerweise gibt es rund um die Jahreswende ein prächtiges Konzert aus lauter Ankündigungsfanfaren, wenn die Museen dieser Welt den Blick aufs Jahr voraus richten und dazu in schönsten Farben ausmalen, was sie demnächst alles zu zeigen gedenken. Aber Corona hat auch hier angesichts der schwer absehbaren Schutz-Auflagen so manche Stimme verstummen, andere leiser werden lassen. Gleichwohl gibt es noch genug Aussichten, über die sich das Kunst- und Ausstellungs-Publikum an Rhein und Ruhr 2022 freuen kann.

Klassiker der Moderne

Schon zu Beginn wartet das Folkwang als 100 Jahre immerjunges Museum mit einer großen Impressionisten-Schau auf: „Renoir, Monet, Gauguin – Bilder einer fließenden Welt“ (6. Februar-15. Mai).

Und drei Tage zuvor öffnet nur zwei Katzensprünge entfernt im Düsseldorfer Museum Kunstpalast ein weiterer beliebter Klassiker der Malerei: „Ich. Max Liebermann – ein europäischer Künstler“ stellt sich nach der Premiere im Hessischen Landesmuseum Darmstadt am Rhein vor (3. Februar-8. Mai). Und das Wuppertaler Museum von der Heydt beleuchtet das Verhältnis von Fotografie und Impressionismus unter dem Titel „Eine neue Kunst“ (2. Oktober-8. Januar 2023).

Die Kunstsammlung NRW in Düsseldorf entdeckt eine bisher wenig beachtete Seite des großen Abstrakten Piet Mondrian: Landschaften, gegenständliche Motive „oft mit überraschender Farbigkeit inszeniert“ – spannend! (29. Oktober-12. Februar 2023). Und das Museum Folkwang legt dann noch mal mit einer Groß-Ausstellung zu den Expressionisten der eigenen Sammlung nach mit dem Untertitel „Entdeckt – Verfemt – Gefeiert“ (20. August-8. Januar 2023)

Nachkriegsklassiker

Das Münstersche Picasso-Museum zeigt 75 „Prints“ (Siebdrucke auf Papier) von Andy Warhol (14. Mai-18. September), die einen Querschnitt durch sein gesamtes grafisches Schaffen bilden; zeitgleich sind dort Picassos Variationen Alter Meister zu sehen, in denen er sich mitunter auch ironisch mit Leonardo da Vinci, Botticelli, Munch, Cranach, El Greco und Manet ausein­andersetzt. Und der Düsseldorfer Kunstpalast plant eine große Ausstellung über Christo und Jeanne-Claude, unter dem noch etwas ungelenken Arbeitstitel „Vom Netzwerk in die Welt“ (7. September-16. Januar 2023). Das Museum von der Heydt in Wuppertal streift durch die 60er- und 70er-Jahre unter der Überschrift „Zero, Pop und Minimal“ (10. April-Juli 2023).

Gegenwart

Die Gruppenausstellung „Subversives Design“ im Düsseldorfer NRW Forum (11. Februar-22. Mai) widmet sich dem kritischen Design, das sich um Klimaschutz, Digitalisierung und Diskriminierung kümmert, das Museum soll ein „Kaufhaus der Kritik“ werden. Der Dortmunder Hartware Medienkunstverein im U-Turm, der 2020 aus der Sicht der Kunstkritik mit „Artists & Agents“ über Performance und Geheimdienste die Ausstellung des Jahres zeigte, packt mit seiner neuen Ausstellung „House of Mirrors“ über unsere Vorstellungen von Künstlicher Intelligenz ein heißes Eisen an (9. April-31. Juli).

Motive

Das Kölner Wallraf-Richartz Museum verfolgt die Spur der „Susanna“ (gern auch im Bade) als „Bilder einer Frau vom Mittelalter bis MeToo“ (28. Oktober-26. Februar 2023).

Die Bonner Bundeskunsthalle widmet sich unter dem Titel „Ernsthaft?“ der Albernheit und dem Enthusiasmus in der Kunst (11. November-16. April 2023).

Natur & Gesellschaft

Die Bundeskunsthalle Bonn startet mit einer großen Ausstellung über „Das Gehirn in Kunst und Wissenschaft“ am 28. Januar in ihr Ausstellungsjahr (bis 26. Juni). Es folgt die Ausstellung „Die Oper ist tot – Es lebe die Oper!“ (30. September-5. Februar 2023)

Das LWL-Museum für Naturkunde in Münster plant einen groß angelegten Grundkurs über das, was uns im kommenden Jahrzehnt neben kleinen Viren und politischen Großmäulern am meisten beschäftigen dürfte: „Das Klima“ soll auf 1000 Quadratmetern alle grundsätzlichen Fragen verständlich klären (ab 14. Juni).

Das Industriemuseum Zeche Hannover in Bochum spiegelt passend zum Ausstellungsort, der vom Schauplatz der Maloche zum Spiel- und Lernplatz für die Gegenwart wurde, mit „Schuften und Chillen“ die beiden Seiten der Arbeitswelt gestern, heute und in der „Industrie 4.0“ (7. April-30. Oktober).

Die Henrichshütte in Hattingen plant eine Schau zum Thema „Energiewende“ (August bis Dezember). Das Textilwerk in Bocholt widmet sich dem Mode-Thema „Coolness“ (29. Mai-30. Oktober).

Geschichte

Der alte Kaiser Barbarossa (1122-1190) kommt im Kunst- und Kultur-Museum Münster und zugleich im renovierten Schloss Cappenberg ganz groß raus: „Die Kunst der Herrschaft“ (28. Oktober bis 5. Februar 2023) hier, „Das Vermächtnis von Cappenberg“ (16. September-5. Februar 2023) dort.

Das Wallraf-Richartz zeigt unter dem Titel „Sensationen des Sehens“ Auszüge aus der Sammlung Werner Nekes, dem wahrscheinlich weltweit größten Bestand zur Seh-Geschichte. In Köln geht es um Bilder und Gegenstände aus dem Barock (3. Juni-23. April 2023).

Das bisher vor sich hin dümpelnde Preußen-Museum in Minden nimmt einen neuen Anlauf für Besucherströme mit der Dauerausstellung „Potzblitz Preußen!“ („ab Herbst“, heißt es eher wolkig); dabei soll es jenseits der Preußen-Klischees um Kultur- und Sozialgeschichte gehen; dazu soll ab November auch noch per Sonderschau der preußische Kolonialismus beleuchtet werden.

Das Klostermuseum Dalheim in Lichtenau beleuchtet unter der Fragestellung „Tot oder lebendig“ Geschichte und Gegenwart von „Latein“, mit dem man zumindest im östlichsten Westfalen noch nicht am Ende ist (13. Mai-8. Januar 2023).

Karikaturen

Das Freilichtmuseum in Hagen hat einen Karikaturen-Wettbewerb rund um Traditionsberufe ausgeschrieben – das Ergebnis trägt den schönen Titel „Handwerk hat doppelten Boden“ und umfasst die 100 besten Arbeiten zum Thema (15. Mai-31. Oktober).