Essen. Um sich nicht als Bruder von Carolin erklären zu müssen, trat David Kebekus jahrelang unter einem Pseudonym auf. Nun stellt er ein neues Solo vor.
Bis Komiker David Kebekus den Schritt wagte, als Solokünstler auf die Bühne zu gehen, arbeitete er vor allem beim Fernsehen. „Freitag Nacht News“, „heute-Show“, „Switch Reloaded“ oder „Joko gegen Klaas – Das Duell um die Welt“ – der 37-Jährige war als Autor und Regisseur für viele erfolgreiche Produktionen tätig, zuletzt auch für den Amazon-Prime-Hit „LOL – Last One Laughing“. Die Auftragsarbeiten waren neben seinem neuen Programm „Überragend“ auch Thema im Gespräch mit Patrick Friedland.
Herr Kebekus, was finden Sie denn im täglichen Leben „Überragend“?
David Kebekus: Wenn man über etwas lacht, wo man im ersten Moment gar nicht sieht, dass man darüber eigentlich Witze machen kann. Dann den Weg zu finden, andere zum Lachen zu bringen, das finde ich überragend.
Der Titel suggeriert, dass Sie ein sehr positives Programm vorstellen werden.
Es wird ein rein positives Programm. Ich werde auch schwierigere Themen präsentieren, aber so, dass sie auch Spaß machen. Wenn man privat etwas nicht so Positives erlebt, kann man für die Bühne meist etwas Positives daraus ziehen, mit Humor da ran gehen. Corona-Witze kommen nicht vor. Das Thema langweilt mich total.
Der Pressetext verspricht ein „Stand-up nach amerikanischem Vorbild“. Wie lässt sich dies charakterisieren?
Der Begriff beschreibt ein Stand-up, bei dem nicht einfach nur ein Text aufgesagt wird. Ohne austauschbare Witze, die so konzipiert sind, dass einfach jeder sie erzählen könnte. Im Vergleich zu vielen Deutschen sind die Comedians in Amerika und England sehr persönlich auf der Bühne. An einem solchen Abend lernst du den Künstler richtig kennen, wo er herkommt, wie er ist, wie er denkt. Ich merke aber, dass viele jüngere deutsche Comedians von diesem Stil immer stärker geprägt werden.
„Bei Komikern und Publikum sollte immer ein Dialog stattfinden“
Ihr Programm basiert also vor allem auf persönlichen Beobachtungen?
Total. Je persönlicher man wird, desto origineller wird es ja meistens auch. Und: Es ist ein Programm, dass mit dem Publikum zusammen entwickelt wird. Ich finde, bei Komikern sollte mit dem Publikum immer ein Dialog entstehen. Wenn ich neue Gags, vielleicht auch etwas thematisch heiklere, entwickle und austeste, kriege ich sofort Resonanz, ob es funktioniert oder nicht. Dann wechsle ich nicht unbedingt meine Meinung, aber eher die Art und Weise, wie ich die Gags rüberbringe. Dieses „Das ist immer meine Art, ich mach das jetzt so und Tschö“ ist überhaupt nicht meins.
Es wird jetzt das erste neue Programm, dass inmitten einer Pandemie startet. Fühlten Sie sich in den vergangenen anderthalb als Künstler fair behandelt?
Ich fand es gut, dass man sehr vorsichtig war und die Gesellschaft damit gut geschützt hat. Aber je länger die Krise ging, desto mehr dachte man, dass da ein Missverhältnis vorliegt. Nur da wir jetzt wieder ein Licht am Ende des Tunnels sehen und auch merken, dass die Leute wieder Karten kaufen, habe ich wenig Lust, irgendwie nachzutreten. Ich bin froh, dass ich nicht entscheiden musste, was die Politik entscheiden musste. Wir werden auch dahin kommen, dass es wieder normal wird, bei einer Veranstaltung in einem vollen Haus zu sitzen.
Haben Sie in der bühnenfreien Zeit ein neues Hobby für sich entdeckt?
Ich war viel draußen, Sport treiben. Irgendwann habe ich angefangen, zu nähen und mich mit Holz-Handwerk beschäftigt. Bin auch extra in eine Wohnung gezogen, in der noch ein paar Sachen erledigt werden müssen. Ich mache jetzt quasi eine Handwerkslehre als Autodidakt.
„Im Lockdown habe ich eine Tür abgeschliffen“
Schon irgendwelche besonders schönen Sachen kreiert?
Naja, ich habe eine Tür abgeschliffen. Eigentlich immer dieselbe Arbeit: Abschleifen, ausspachteln, dann wieder drüber streichen, damit es aussieht wie neu. Und ich habe einen Vorhang genäht, damit das Schlafzimmer richtig dunkel wird. Mit Saum, damit die Röllchen einhaken kann. Hab‘s nur leider falsch herum genäht, wenn man jetzt ins Schlafzimmer kommt, sieht man die Röllchen. (lacht).
Für Ihre Shows halten Sie immer einige Freikarten zurück, für Besucher, die sich „ein Ticket wirklich nicht leisten können“. Woher kommt die Motivation?
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Das wurde noch gar nicht so oft benutzt, meine Tickets sind ja auch nicht so teuer. Ich finde das einen feinen Zug. Ich verliere dadurch nichts und gerade jetzt in dieser Krisenzeit haben manche eben kein Geld für Kultur. Ich hatte sogar mal angeregt, die Leute umsonst reinzulassen und hinterher halt selbst entscheiden lässt, wie viel sie zahlen wollen. Aber das machen die Theater nicht mit. Ein Ticket sollte ja auch einen gewissen Wert haben, sonst denken die Leute, dass das irgendwas Käsiges, Unprofessionelles ist.
Bis vor ein paar Jahren nannten Sie sich auf der Bühne noch David Kebe. War die Änderung auf den bürgerlichen Namen eine gute Idee?
Auf jeden Fall. Die Entscheidung war kurz vor dem Moment, wo man merkte: Ich komme in die Öffentlichkeit. Die Auftritte wurden größer, der Terminkalender 2019 war proppevoll, ich durfte bei sehr vielen Shows mitmachen. Im Hinterkopf hatte ich ohnehin immer, irgendwann von „David Kebe“ wieder auf Kebekus zurückzugehen. „Kebe“ war mit Absicht gewählt, damit der Weg zurück kein weiter ist.
Warum hatten Sie denn überhaupt dieses „Pseudonym“?
Ich wollte, dass mich die Leute in Ruhe lassen und ich mich auf der Bühne entwickeln kann, ohne dass jemand voreingenommen ist. Wenn du von einem Moderator als „Kebekus“ angesagt wirst, hast du direkt den Druck, dem Publikum etwas erklären zu müssen. Am besten noch bei einer Mix-Show, wo du nur fünf Minuten Zeit hast. Dann eine Minute dafür aufwenden müssen, zu erklären, wer ich bin, wollte ich nicht.
„Ich bin total gerne Carolins Bruder“
Wann kam der Wendepunkt?
Kurz bevor mein erstes Programm „Aha? Egal.“ fertig wurde. Da wusste ich endlich, was ich will und wofür ich stehe. Da ich den amerikanischeren, persönlicheren Stil bevorzuge, wäre es seltsam, sich dann hinter einem anderen Namen zu verstecken. Im neuen Programm wird der Name auch Thema sein. Wenn man erstmal sagt, „Ja, ich bin der Bruder von Carolin“, macht sich ja automatisch eine ganz neue Themenwelt auf.
Stört es Sie nicht, ständig auf Carolin angesprochen zu werden?
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Nein. Ich bin total gerne ihr Bruder.
In Bonn sind Sie im Sommer zusammen aufgetreten – eine Seltenheit. Wie war’s?
Ja, da hat es bei einer ihrer Shows endlich mal geklappt. Ich war Support, es war absolut super. Ein richtig schöner Juli-Abend, über den ich nichts Negatives sagen kann. Gibt es denn Pläne für eine gemeinsame Show?Wir werden nächstes Jahr ein Projekt machen, über das wir jetzt natürlich noch nichts sagen dürfen. Nur auf der Live-Bühne macht Carolin ihr Ding und ich mache meines.
Sie schrieben Gags und Skripts für verschiedene TV-Shows, unter anderem „Das Duell um die Welt“ von Joko & Klaas. Wie muss man sich dort die Zusammenarbeit vorstellen?
Das war der einfachste Fernsehjob, den ich je hatte und auch mein liebster. Ich hatte die Vorgabe, irgendwo auf der Welt Aufgaben zu finden. Egal, was die Umsetzung kostet. So konnte ich mir die absurdesten Sachen ausdenken. Ich habe aus Köln gearbeitet, die Kollegen in Berlin haben ebenfalls Ideen beigesteuert.
„Das Bullsurfing bei Joko & Klaas war toll“
An welche Aufgaben erinnern Sie sich besonders gern?
Einmal bin ich selbst zur Recherche nach Paris, in die Katakomben. Es gibt um die Zeit der Pest, wo Leichenteile wegen Überfüllung der Friedhöfe einfach nur in die Kanalisation gekippt wurden. Es gibt heute noch vereinzelte, verbotene Stellen, die man sich angucken kann. Auch gibt es ein zweites Straßennetz für Gefangenentransporte, wo man durch einen Gullideckel einsteigen muss. Ich bin mit einem Guide und einer Go-Pro dahin und schlängelte mich durch Löcher, durch die viele andere gar nicht erst durchgekommen wären. Da gibt’s auch ein Video von auf YouTube. Ich habe also was gemacht, was die in der Show letztlich gar nicht schafften. Auch schön war, als die Redaktion lange nach meinem Abgang noch eine alte Idee von mir fand und verwertete, weil ein anderer Plan nicht umgesetzt werden konnte. Da ging es darum, auf einem Heißluftballon mitzufliegen. Theoretisch kannst du nämlich mit einem Fallschirm auf dem Ding landen. Ebenfalls toll: Das Bullsurfing in Indien und das gesprengte Haus, auf dem Klaas saß.
Da steckt sicher viel Arbeit hinter.
Ja. Manchmal war es total ätzende Recherchearbeit, aber abgefahren. Einmal fragte ich einen Stuntman, ob es möglich wäre, einen Wasserfall im Schlauchboot runterzufahren. Und dabei zu überleben. Er meinte: Kein Problem. Ein Helikopter, der vorne weg fliegt, ein Seil, dann passt das. Dann ging die Recherche los. Wie kriegen wir den Heli, das nötige Sicherheitsseil, dass vielleicht nicht mit den Kufen kompatibel ist. Wasserfälle sind oft in Nationalparks, da darf kein Heli drüberfliegen. Und so weiter …
Ihre Lieblingsaufgabe?
Das Bullsurfing. Da hatte ich einen sehr guten Draht zu dem Guide in Indien. Er fragte: „Willst du liebe Bullen oder die crazy Bullen, die so richtig Gas geben?“ Ich habe natürlich lapidar gesagt, dass ich die „crazy bulls“ will …
Wie ging’s aus?
Es ging ein Video in der Whatsapp-Gruppe des Reiseteams rum, das zeigt, wie einer der „crazy Bullen“ so halb ins Publikum gerast ist. Ich dachte nur: „Oh, ich glaube, damit habe ich wohl was zu tun.“ (lacht) Aber es ist alles gut gegangen.
Reizt Sie denn noch ein Showformat?
Hm. Ich habe ja auch schon für die „heute-Show“ und das „Magazin Royale“ von Jan Böhmermann geschrieben. Wie Böhmermann seine Themen bearbeitet, finde ich Weltklasse. Es ist journalistisch fundiert und aufgearbeitet. Aber wenn ich es mir aussuchen darf, dann hätte ich gerne eine Show, bei der man Sachen aufdeckt und das dann noch mit Witzen kombiniert.
Also „Böhmermann trifft Wallraff“?
Joa. Warum nicht?
>>> INFO: David Kebekus live
Termine: 9.11. Hemer (Jugend- und Kulturzentrum), 16.11. Moers (Bollwerk 107), 18.11. Köln (Gloria), 19.11. Solingen (Cobra), 20.11. Mönchengladbach (Theater im Gründungshaus), 9.12. Gelsenkirchen (Kaue), 27.1. Krefeld (Kulturfabrik), 28.1. Kaarst (Albert-Einstein-Forum), 16.2. Essen (Zeche Carl), 17.2. Hamm (Werkstatthalle), 10.3. Dortmund (Junkyard), 11.3. Düsseldorf (Savoy), 12.3. Siegen (Lyz), 30.3. Oberhausen (Ebertbad)., 6.4. Brilon (Kolpinghaus).
Karten ab ca. 20 €. Weitere Termine auf davidkebekus.de.