Essen. Die Schurken sind das Salz in der Agentensuppe. James Bond kämpfte in seinen 50 Kino-Jahren gegen verrückte Forscher, Mondsüchtige und Raffkes. Oft waren die Bösewichte Kinder ihrer Zeit.
Was täte Bond ohne Männer, die der Welt Probleme bereiten? Strafzettel schreiben? Was wäre er ohne das Prinzip Faust/Mephisto. Bond ohne Böse? Ein Langweiler.
Die Schurken haben wir mindestens so gern wie den Helden. Wenn nicht sogar lieber. Ihr Wahn! Ihre Überheblichkeit! Diese Siegessicherheit in den miesen Visagen!
Böse Kinder ihrer Zeit
Viele von ihnen waren Kinder ihrer Zeit. Die Drehbücher griffen klug die gesellschaftliche Stimmung auf, in der die Welt sich ohnehin befand. Dr. No wurde vom aufrechten Physiker zur atomaren Bedrohung. In ihm fand sich eine ganze Generation von Wissenschaftlern wieder. Die einen erkannten mit Scham, wie die Politik ihre Forscherneugier in Tausende Tote umgemünzt hatte. Die anderen waren isoliert, weil sie sich nicht in den Dienst vernichtender Schläge gestellt hatten.
Oft standen Bonds Schurkenstücke für reale Bedrohungen, andere bargen prophetische Gesellschaftskritik. Als CNN sich kaum weniger für den Irak-Krieg rüstete als das US-Heer selbst, war „Der Morgen stirbt nie“ längst gedreht. Der Film erzählt von Medienmachern, die aus Gier ihren Frieden mit Kriegen gemacht haben. Bond-Schurken stehen für weltpolitischen Alltag: Überschwemmung mit Drogen, Ressourcenknappheit und, immer wieder, den Dritten Weltkrieg vor der Tür. Irre verantworten die Katastrophen.
Ging es in „Casino Royale“ nur ums Geld?
Es soll Bond-Fans gegeben haben, die in dieser Hinsicht über „Casino Royale“ klagten. Da trat in „Le Chiffre“ ja einer an, der völlig vernünftig war, dem es einfach nur: ums Geld ging. Hatten sie recht?
War das nicht der Coup, vielleicht gar die Rettung der Bond-Filme für die Gegenwart, weil hier von einem erzählt wurde, der im Casino exakt das Gleiche tat wie an der Börse: zocken. Wie ähnlich Bank und Spielbank einander waren, das begriffen manche erst im Kino.
Die Gesichter, die das Böse bei Bond bekam, blickten in den Spiegel ihrer Entstehungstage. Fragt man sich, warum Gert Fröbes Goldfinger bis heute „der“ Schurke für so viele ist, liegt die Antwort einerseits im extrem charismatischen Darsteller. Andererseits in einer bizarr märchenhaften Rolle, die ein dickes Kind zeigte, das alles Spielzeug für sich haben will.
Goldfinger: ein dicker Wirtschaftswunderschuft
Wer aber war Fröbes Goldfinger 1965? Die Zuschauer blickten in ein spätes Wirtschaftswundergesicht, bös und adipös, angeschwollen von der Gier. Frauen waren diesem Mann bloß Schmuck. Blondinen: hübsche Kanarien in der Voliere des Tycoons. Der Film deutet durchaus an, dass es mit der praktizierten Erotik nicht weit her ist.
Das war nicht nur ein Triumph Bonds, es war ein Triumph des Kleinbürgers im Kinosessel. Er kannte den Typ Generaldirektor dieser Zeit. Er hatte ihm die hübscheste Sekretärin vor der Nase weggeschnappt. Und nun? Der Geldsack ging auf den Golfplatz.
Ein garstiges Leitmotiv vieler Bond-Streifen: Mit den Schurken und den Schönheiten an ihrer Seite ist es wie mit dem Drachen aus der Sage. Sie besitzen den Schatz, anfangen können sie wenig mit ihm.
Schlechte Verlierer waren sie alle
Bond-Bösewichte sind schlechte Verlierer. Aber natürlich können sie es nicht lassen, mit Bond zu spielen, also: gegen ihn. Gewinnen sie, ist es ein Etappensieg, durch Schummeln errungen zumeist. Sie bitten Bond zum Duell im Golf (gezinkter Ball), im Backgammon (gezinkte Würfel), im Springreiten (gezinkte Hürden). Böses bleibt.
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Die Wahl guter Schurken war oft ein Schlüssel zu starken Bond-Filmen. Vielleicht auch der Grund für schwache: Julian Glover und Jeroen Krabbé liegen tief und vergessen in den Archiven des „MI6“.
Viele flogen ohne Fallschirm
Ist die Strafe gerecht, die Bond den Schurken, die ihn doch erst stark machen, zuteilt? Wer sind wir, das zu fragen? Auffällig viele fliegen ohne Fallschirm (Goldfinger, Hugo Drax, Max Zorin, Gustav Graves). Einer platzt („Leben und sterben lassen“), einen setzt Bond in der Wüste aus, mit einem Fläschchen Motoröl, was nun wirklich kein „Quantum Trost“ ist. Manchmal helfen die Girls, manchmal steht sich der Schuft selbst im Weg des Weiterlebens. Gelegentlich entkommt er, um im nächsten Abenteuer zu nerven (Blofeld).
Einer („Koskov“ in „Hauch des Todes“) wird ziemlich bürgerlich verhaftet. Ein Unding, nicht wahr? Der Darsteller arbeitet heute als Landschaftsmaler in Holland.