Dortmund.. Die neue Ausstellung „Meisterwerke – Caspar David Friedrich bis Max Beckmann“im Dortmunder U-Turm zeigt, wie sich die Kunst der Klassischen Moderne entwickelt hat.

Eine so ansehnliche Gemäldegalerie, wie sie jetzt mit der neuen Ausstellung „Meisterwerke – Caspar David Friedrich bis Max Beckmann“ im 6. Stock des Dortmunder U-Turms auf Zeit entstanden ist, sollte die Stadt schon Ende der 30er-Jahre bekommen. Doch der Zweite Weltkrieg machte die Pläne zunichte. So entschloss man sich nach dem Krieg, am Ostwall ein Museum für moderne Kunst einzurichten – und die Kunst des 19. Jahrhunderts im Museum für Kunst und Kulturgeschichte zu belassen.

Bauernhochzeiten und Spitzweg

Jetzt aber sind die beiden Sammlungen zusammengeführt – bis zum 19. August. Und man sieht, wie sich die Kunst der Klassischen Moderne aus dem Protest gegen etablierte Kunst des 19. Jahrhunderts entwickelt hat. Man sieht etwa zwei Gemälde von Caspar David Friedrich: den vom Abendlicht abgedunkelten „Junotempel von Agrigent“ und eine großartige „Winterlandschaft“ mit verschneiten Tannen und einem Holzkruzifix – erst später sieht man zwei herrenlose Krücken im Schnee und den betenden Mann, der an den Felsen vor dem Kruzifix lehnt. Eingerahmt von biedermeierlichen bis romantischen Porträts, westfälischen Bauernhochzeiten, italienischen Ideallandschaften und einem Lichtstrahl im Dom zu Münster. Malerisch überzeugt indes vor allem die Düsseldorfer Schule mit Andreas Achenbach (mit einem derart plastischen „Nordischen Gebirge im Winter“, dass man drin spazierengehen möchte) und seinem Bruder Oswald allen voran, oder Carl Spitzwegs „Ständchen im Mondschein“.

Wie sehr die Berliner Akademie-Kunst am Ende des 19. Jahrhunderts mit ihren Historienschinken und Naturalismus-Idyllen erstarrt war, zeigt sich neben Ausnahmekünstlern wie Lovis Corinth oder Max Liebermann, dessen Genie schon in einem kleinen, ungeheuer intensiven Mädchenporträt aus dem Jahr 1900 aufscheint.

Aber erst mit der „Brücke“, dem „Blauen Reiter“ und anderen Expressionisten kann die Dortmunder Sammlung so richtig die Kunst-Muskeln spielen lassen. Da stellt sich Christian Rohlfs in Frühwerken als van-Gogh-Schüler vor oder als vorübergehender Pointillist („Das Ruhrtal bei Herdecke“) und Impressionist (dessen „Steinbruch“ von 1889 derart die Konturen verloren hat, dass es wie vorweggenommenes Informel wirkt). Da sind die typischen Schmidt-Rottluffs und Kirchners, die Pechsteins (mit einem hinreißenden „Damenbildnis in Grün“), Jawlenskys und Otto Muellers, da ist auch das immer wieder gern gezeigte Prunkstück von August Macke, der „Große zoologische Garten“ aus der heilen Vorkriegszeit. Und schließlich fünf Bilder von Max Beckmann, darunter sein dunkel glühendes „Selbstbildnis mit Zigarette“ von 1947.

Hoetgers Eleganz der frühen Jahre

Neu und wieder zu entdecken ist in Dortmund auch die Ausdruckskraft des in Hörde geborenen Bildhauers Bernhard Hoetger, dessen Kopfstudie von Paula Modersohn-Becker die Bilder der großen Worpswede-Malerin ergänzt. Hoetgers Eleganz seiner frühen Jahre gipfelt in „Tänzerin Sent M’Ahesa“, die Natur und künstlerische Anmut in sich vereint.

Zusammengestellt hat die Schau (mit kräftiger Unterstützung der örtlichen Galerie Utermann) der Gastkurator Gerhard Langemeyer, ehemals Direktor des Museums für Kunst und Kulturgeschichte, dann Kulturdezernent und schließlich Oberbürgermeister der Stadt. Lange­meyer hat, wie er betont: ehrenamtlich im U-Turm die Chance genutzt, einmal vorzuführen, was er sich bei seinem Museumsentwicklungsplan von 2002 eigentlich gedacht hatte. Die großen Qualitätsunterschiede zwischen den hier vereinten Sammlungen lassen allerdings die Kontraste zwischen 19. Jahrhundert und der Moderne noch krasser wirken als sie wirklich sind.