Düsseldorf.. Das Düsseldorfer Schauspielhaus verzichtet auf das Stück „Schuss“, das im März 2014 uraufgeführt werden sollte. Es wäre dabei um politische Morde und Detlev Karsten Rohwedder gegangen. Dessen Witwe schritt ein, Theaterintendant Manfred Weber ließ sich darauf ein, den Autor mit einem anderen Thema zu beauftragen.
Nur zwei Wochen nach der Absetzung des Skandal-„Tannhäusers“ in der Rheinoper verschwindet in Düsseldorf erneut ein Stück vom Theaterspielplan. Eigentlich sollte das Stück „Schuss“ am 14. März 2014 im Kleinen Haus des Schauspielhauses am Gründgensplatz uraufgeführt werden. Der chilenische Autor Guillermo Calderón erhielt vom kommissarischen Intendanten des Hauses Manfred Weber den Auftrag, ein Stück über das „Phänomen des politischen Mordes“ zu schreiben.
Calderón, so heißt es im Ankündigungs-Heft für die Düsseldorfer Spielzeit 2013/14, wolle nicht nur über politische Gewalt in seinem Heimatland Chile schreiben, „sondern auch Verbindungslinien nach Deutschland ziehen, nach Düsseldorf, wo am Ostermontag des Jahres 1991 Detlev Karsten Rohwedder, der Vorsitzende der Treuhandanstalt, einem Gewehrschuss zum Opfer fiel.“
Persönliches Gespräch
Diese Ankündigung, die garniert war mit einem Live-Reportage-artigen Blick in das Innenleben eines politischen Attentäters, alarmierte Hergard Rohwedder, die nach wie vor in Düsseldorf lebende Witwe des Ermordeten. Sie sei „außer sich gewesen“, als sie von den Plänen des Schauspielhauses hörte, „ich fand das Ganze absurd, ich habe es einfach nicht verstehen können“, sagte sie.
Schauspielhaus-Chef Manfred Weber, dem Hergard Rohwedders Empörung zu Ohren gekommen war, lud sie zu einem „persönlichen“ Gespräch ein. Dessen Konsequenz war am Mittwoch: Ein Stück mit diesem Thema von Guillermo Calderón wird es in Düsseldorf nicht geben.
„Angesichts der großen persönlichen Verletzung“, die ihm im Gespräch mit der Rohwedder-Witwe deutlich geworden sei, wolle das Schauspielhaus „aus Respekt vor ihr in diesem besonderen Fall“ von seinen Plänen Abstand nehmen, sagte Weber gestern. Ohnehin sei es dem Theater in erster Linie um eine Zusammenarbeit mit dem Autor
Calderón gegangen, dessen Stück „Beben“ man in der Spielzeit 2011/12 uraufgeführt habe. Calderón hätte eine ganze Reihe von Themen bearbeiten können; er wisse bereits von den Änderungen der Planung und sei einverstanden damit.
„Operation am offenen Herzen“
Die Anwältin Hergard Rohwedder hat bereits vor zehn Jahren gegen eine Kunst-Ausstellung in Berlin interveniert, die sich künstlerisch mit dem Thema RAF-Morde auseinandersetzen sollte; sie fand nach langen Diskussionen 2005 doch statt. Andererseits betont sie, dass sie gegen die herabsetzenden Darstellungen ihres Mannes in Rolf Hochhuths Stück „Wessis in Weimar“ oder in Günter Grass’ Wende-Roman „Ein weites Feld“ nicht vorgegangen sei.
Die Düsseldorfer Stück-Ankündigung aber habe sie tief getroffen: „Es geht da um die entsetzlichste Nacht meines Lebens. Ich habe mir danach ein neues aufgebaut, und ich möchte nicht von einem Autor in diese Nacht zurückgestoßen werden“, sagte sie. „So ein Stück wäre eine Operation am offenen Herzen für mich und meine Familie. Die Freiheit der Kunst, wie sie im Grundgesetz gesichert ist, finde ihre Schranke an den Persönlichkeitsrechten anderer.“