Essen.. Eigentlich ist er kein Freund von Glamour, spricht nicht gern über Geld und Status. Aber nun tritt der Basketball-Star Dirk Nowitzki ein bisschen in die Welt der Traumfabrik. Er spielt sich selbst in einem diese Woche startenden Kinofilm. Ein Interview.
Er gehört zu den bestbezahlten deutschen Sportlern und ist in den USA ein Superstar. 19 Millionen US-Dollar verdient Dirk Nowitzki jährlich bei den „Dallas Mavericks“, mit denen er 2011 die NBA-Meisterschaft gewann. Wie dieses Märchen um den 2,13 Meter großen Riesen aus Würzburg sich zugetragen hat, erzählt der Dokumentarfilm „Nowitzki, der perfekte Wurf“. Der Ausnahmesportler erweist sich als bodenständig, witzig, sympathisch – auch im Gespräch mit Dieter Oßwald.
Herr Nowitzki, im Film erfährt man, dass Sie beim Kochen so schlecht wie beim Kegeln sind, von Geld wenig Ahnung haben und Präsident Obama spottet über Ihr Gesangstalent. Was können Sie, außer Bälle in Körbchen werfen?
Dirk Nowitzki: Was kann ich überhaupt? (Lacht) Nicht viel, nicht viel! Sportlich war ich immer recht begabt, alles andere ist nicht ganz so toll. Schon in der Schule hat sich schnell gezeigt, dass ich kein großes Talent für Sprachen oder Naturwissenschaften hatte. Sport war nie ein Problem, alles andere war immer harte Arbeit.
„Basketball war für mich Frauensport“
War Basketball immer Ihr großer Traum?
Dirk Nowitzki: Überhaupt nicht. Am Anfang habe ich nur Tennis und Handball gespielt, Basketball war für mich Frauensport, weil meine Schwester und Mutter ihn betrieben. Als 13-Jähriger kam das Umdenken, schließlich war ich ziemlich groß für mein Alter. Mein Cousin schleppte mich einmal mit zum Training und es hat mir sofort Spaß gemacht. Zunächst habe ich alle drei Sportarten gleichzeitig betrieben. Weil die Schule immer darunter mehr gelitten hat, habe ich erst Handball und mit 16 schließlich auch Tennis aufgegeben und nur noch Basketball gespielt - das war eine ganz gute Entscheidung: Beim Tennis hätte es für mich nie bis oben gereicht.
Können Sie an einem Ball vorbeilaufen ohne danach zu greifen?
Dirk Nowitzki: Sehr schwer! Ich bin schon als Kind begeistert hinter jedem Ball hergelaufen, meine Eltern waren beide Ball-Sportler und damit bin ich groß geworden. Der Ball wird auch nach meiner Karriere immer eine große Rolle für mich spielen. Ich kann mir nicht vorstellen, jemals zu sagen: ‚Basketball adieu, jetzt mache ich etwas anderes!’ Was ich in zwanzig Jahren über diesen Sport gelernt habe, möchte ich auf alle Fälle später einmal weitergeben - in welcher Funktion auch immer.
„Man musste sich durchbeißen.“
Waren Sie von Anfang an zuversichtlich, dass Sie den großen Spielertraum in Amerika verwirklichen können?
Dirk Nowitzki: Nein, vor allem das erste Jahr war schwer. So viele Spiele war ich nicht gewohnt. Das Spiel war schneller und aggressiver, da kamen mir schon ein bisschen Zweifel. Aber alle haben mir gut zugeredet und gesagt, das erste Jahr sei für jeden schwierig und man müsse sich durchbeißen. Das ist mir gelungen und im zweiten Jahr lief alles schon viel besser. Da fühlte ich mich auch außerhalb des Spielfeldes wohler, was für einen Sportler immer enorm wichtig ist.
Wie lange haben Sie gezögert, bis Sie dem Film zugestimmt haben?
Dirk Nowitzki: Als mir das Projekt vorgestellt wurde dachte ich sofort: das machst du auf keinen Fall. Ich hatte befürchtet, dass die Kamera rund um die Uhr in meinem Haus wäre und so eine Reality-Show daraus wird - das wollte ich überhaupt nicht. Ich bin absolut kein Fan von diesen Formaten. Das Konzept war allerdings ein ganz anderes. Der Dreh war längst nicht so schlimm, wie ich dachte. Inzwischen bin ich sehr froh, dass der Film zustande kam.
Halbnackt am Strand
Im Film bekunden Sie, nicht gerne im öffentlichen Mittelpunkt zu stehen. In der Wirklichkeit dürfte das schwerfallen, schon allein wegen Ihrer Größe werden Sie überall schnell erkannt. Wünschen Sie sich bisweilen eine Tarnkappe für den Alltag?
Dirk Nowitzki: Das wäre ab und zu schon ganz schön! (Lacht) Mein schlimmstes Erlebnis war, als ich mit meiner damaligen Freundin und heutigen Frau nach dem Titelgewinn 2011 in Urlaub gefahren bin. Wir lagen dösend und halbnackt am Strand und plötzlich kamen Leute und klopften mir auf die Schulter - das war mir dann doch ein bisschen unangenehm. Ich dachte, ein bisschen kleiner und lange Haare wären jetzt nicht schlecht. Generell gefällt es mir, erkannt zu werden, schließlich drücken Fans damit ihre Anerkennung für meine Leistung aus. Nur manchmal würde man sich schon auch wünschen, unerkannt zu leben.
Gibt es überhaupt Orte, an denen Sie unerkannt bleiben?
Dirk Nowitzki: Solche Ort gibt es durchaus. In Australien zum Beispiel spielt Basketball keine große Rolle, da konnten wir ziemlich ungestört Urlaub machen und ganz normal durch Sydney laufen, wenn wir nicht gerade an die Touristenorte gingen. In Malaysia ist es ganz ähnlich - da wird nur gekichert und auf mich gezeigt, weil ich so groß bin.
„Wir dürfen keine Extremsportarten betreiben“
Sie haben die perfekte Karriere gemacht. Gab es Momente, wo Sie überlegten am Höhepunkt besser aufzuhören?
Dirk Nowitzki: Vor einem Jahr hätte ich die Frage vielleicht noch anders beantwortet. Damals lief es spielerisch nicht so gut und die Knie-Operation hat Probleme bereitet - das war eine schwierige Zeit. Aber letztes Jahr hat es wieder großen Spaß gemacht, ich war fit und die Mannschaft spielte gut, das alles hat mich positiv gestimmt.
Wie viele Freiheiten muss man als Superstar im Sportgeschäft aufgeben? Dürfen Sie noch Motorrad fahren oder surfen?
Dirk Nowitzki: Das ist im Vertrag genau festgelegt. Wir dürfen keine Extremsportarten betreiben oder solche, bei denen ein erhöhtes Verletzungsrisiko besteht. Bungeejumping ist ebenso verboten wie Skifahren, Surfen oder Streetball. Auch Motorradfahren ist nicht erlaubt, seit ein Spieler durch einen Unfall seine Karriere beenden musste.
Im Sportwagen wird es eng
Wie lebt es sich im Alltag mit einer Größe von 2,13 Meter? Der Traum vom Sportwagen dürfte unerfüllt bleiben und selbst Luxushotels könnten eng werden?
Dirk Nowitzki: Sportwagen wird eng, aber man findet schon einen Weg. Man bucht Hotels, deren Betten am Ende kein Brett haben und man die Beine heraushängen lassen kann. Schwieriger war es für mich in meiner Jugend als ich mit 15 richtig gewachsen bin. Da hatte ich für die Schule nur ein Paar Jeans und ein paar Schuhe. Mittlerweile hat sich die Situation verbessert, auch große Menschen finden in normalen Läden passende Kleidung.
Rührt vom Teenager-Trauma Ihr Tick, alle Sportschuhe, die Sie je trugen, in der Garage aufzubewahren?
Dirk Nowitzki: Stimmt, vielleicht ist das wirklich der Komplex, dass ich als Teenager nur ein Paar passende Schuhe gehabt habe! (Lacht) Von meinem Sponsor Nike werde ich allerdings auch mit Schuhen bestens versorgt und habe mittlerweile mehr als genug davon.
„Es ist schön, sich um Geld keine Sorgen machen zu müssen“
Im Film erzählen Ihre Eltern, dass Sie an finanziellen Dingen nur wenig Interesse hätten. Wie entspannt ist Ihr Verhältnis zum Geld?
Dirk Nowitzki: Ich habe immer gesagt, dass es schön ist, sich um Geld keine Sorgen mehr machen zu müssen. Nach dem Ende meiner Karriere muss ich keinen unangenehmen Job annehmen, um meine Familie ernähren zu können. Mehr hat mir Geld aber nie bedeutet. Ich habe nie versucht, ein großes Vermögen anzuhäufen oder mit Geld anzugeben. Mein Ziel ist, dass meine Familie und ich nach meiner Karriere ein unbeschwertes Leben führen können.
Wie verbindet man Kind und Karriere als Spitzensportler?
Dirk Nowitzki: Die letzte Saison war eine Herausforderung, das war das erste Jahr mit meiner Tochter. Wir haben dann einen ganz guten Mittelweg gefunden: Die Frau ist meist aufgestanden, ich habe mich dann nochmals herumgedreht. (Lacht) Nach Spielen, bei denen es heiß hergeht und wir auch noch verlieren, kann es sein, dass ich vor 2 oder 3 Uhr morgens nicht einschlafe. Da kann ich nicht um 6 Uhr bereits wieder aufstehen und danach tagsüber die volle Leistung bringen. Jetzt im Sommer fehlen mir leider die Ausreden fürs morgendliche Herumdrehen und ich muss selber aufstehen. Ich habe sogar angefangen, Kaffee zu trinken - das erste Mal in meinem Leben.