Essen/Dortmund.. Große Namen versprechen große Abende. Mutter und Gruberova, Klangkörper von Amsterdam bis London und Berlin: Essens Philharmonie und Dortmunds Konzerthaus stehen vor einer vielversprechenden Saison. Die muss nicht immer teuer sein: Die „Happy Hour“ gibt es schon für 12,50€.
Zu Konkurrenten haben sie sich nicht entwickelt. Zum Glück! Sonst träfen Verteilungskämpfe die beiden großen Konzertsäle der Region in schweren Zeiten. So aber herrscht friedliche Koexistenz zwischen Essen und Dortmund. Darüber täuscht auch das grimmige Nashorn nicht hinweg, von Beginn an Dortmunds dickhäutiges Maskottchen. Für die neue Saison nehmen es auf Werbepostern Stars der Klassik an die Leine. Besonders hübsch geriet die Montage mit Anne-Sophie Mutter. Schade: Das Bild, das wir unseren Lesern gerne gezeigt hätten, wurde vom Konzerthaus nicht freigegeben.
Palette von Oper bis Jazz
Die gute Nachricht voran: In Essen wie in Dortmund wird es auch 2014/15 hochkarätig bleiben. Feste Abo-Reihen (von Weltorchestern über Liederabende bis zu den Großen der Kammermusik) garantieren Klassik (auch Jazz oder Weltmusik) auf Spitzenniveau.
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Ja, es gibt Wochen in dieser Spielzeit, da lassen die beiden Häuser die Institutionen in Köln und Düsseldorf mühelos hinter sich. Nehmen wir nur den November: In Essen spielen Berlins Philharmoniker mit Martha Argerich und unter Riccardo Chailly, das Königliche Concertgebouworkest und das London Philharmonic. In Dortmund gastieren im gleichen Monat Lang Lang, Chor und Orchester des Petersburger Mariinsky-Theaters, Thomas Hengelbrock, Sabine Meyer... Wer uns vor 20 Jahren so ein Programm für die Region beschrieben hätte – wir hätten ihm nicht geglaubt.
Kluger Spagat
Essen wie Dortmund behaupten sich weiter gut im klugen Spagat, klassische Erwartungshaltungen nicht zu enttäuschen, von der „H-Moll-Messe“ über Beethoven und Bruckner bis zu schillernden Weltstars der Oper (darunter am 5.12. Edita Gruberova in Dortmund und am 29. 9. Joyce DiDonato in Essen). Die Steinway-Flügel in Essen und Dortmund stürmen, um nur einige zu nennen, Rudolf Buchbinder und Fazil Say, Andras Schiff und Ivo Pogorelich.
Gleichzeitig werden die Intendanten nicht müde, zeitgemäße Formate zu prägen. Neu in beiden Städten ist die Kooperation mit dem WDR in „Happy Hour“-Konzerten. Das Konzept ist sympathisch und selbst Bürogeschlauchten wochentags zumutbar: Eine Stunde Klassik um 19 Uhr für 12,50 €, kaum überm Kinopreis also und doch auf hohem Niveau. Am 25. 9. gibt’s in Dortmund etwa Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ mit Nicola Benedetti und dem WDR-Sinfonieorchester. Essen bietet unterm gleichen Motto zwei Mozart-Sinfonien (19.11.) Das Besondere: Anschließend gibt es einen Umtrunk mit den Musikern.
Auch Unterhaltung vom Broadway hat ihren Platz
Und Unterhaltung wird in Essen wie Dortmund nicht deshalb kleingeschrieben, weil die Hausgötter Bach oder Brahms heißen. Für Götz Alsmanns „Broadway“-Programm haben beide Häuser ein Herz. In Essen jazzt Rebekka Baken Tom Waits.
Man setzt auf den Klangtempel als Mehrgenerationenhaus: Jüngere buchen in Dortmund das Pop-Abo, junge Eltern lieben die sonntägliche „Klassik um vier“, da gibt es nämlich Kinderbetreuung. Essen spielt zudem mit seinem „Now“-Festival den Trumpf anspruchsvoller Zeitgenossenschaft – dieses Mal mit einem begeisternd ehrgeizigen Programm.
Bei so einer Wucht von Angeboten überhaupt Empfehlungen auszusprechen, läuft immer auf eine Ungerechtigkeit hinaus.
Und doch: Christian Gerhahers „Winterreise“ (DO, 29.1.15) und seine „Lieder eines fahrenden Gesellen“ (E, 7.6.15) stehen auf unserer Favoritenliste ganz oben, das Barockprogramm des grandiosen Trompeten-Ungarn Gabor Boldoczki (E, 7.12.) und Brahms’ Requiem der Bamberger Symphoniker mit dem altersweisen Herbert Blomsted t (DO, 23.11.) nicht minder. Und wer einen der außergewöhnlichsten jungen Pianisten Deutschlands hören will, sollte die Matinee mit Alexander Krichel (E, 12.10.) nicht versäumen.
Saisonprogramm beider Häuser gibt es in Buchform – für Selbstabholer ist es kostenlos. Die Saison in Essen beginnt am 29.8., in Dortmund am 5.9. Mehr Infos: 0201-81 22 200 (Essen) und 0231-22 69 62 00 (Dortmund).