Berlin.. Sie sieht Kunst als Dienstleistung. Helene Fischer ist es wichtig, mit ihrem Schlager-Konzept niemanden zu verprellen. Ihre Rechnung geht auf: Der Schlager-Star bedient alle Generationen. Dabei sagt sie selbst: „Ich will nicht immer die Nette sein.“ Die ARD widmet ihr einen Themenabend.
Nena tut es, Lena tut es, auch Schlagerkönigin Andrea Berg hat schon als Jurorin in einer Casting-Jury gesessen. Helene Fischer dagegen hat Skrupel: „Ich möchte nicht über andere urteilen“, sagt die 28-Jährige beim Treffen in Berlin. „Da steht ein junger Mensch und hat Hoffnungen und Träume und dem sage ich, nur weil es gerade nicht mein Geschmack ist, das gefällt mir nicht. Damit zerstöre ich doch alles.“
Natürlich hat sie schon Anfragen bekommen. Und es liegt ja auch nah: Der deutsche Schlager boomt, DSDS-Kandidatin Beatrice Egli hat sich mit Fischers Erfolgsliedern bis ins Finale gesungen. Doch Helene Fischer winkt ab. Jury? Nein, danke. „Für mich kam das noch nie in Frage.“ Und überhaupt: „Mit Casting-Shows sind wir doch langsam wirklich bedient, oder?“
Helene Fischer kann sich Absagen erlauben
Mal sehen, wie lange sie das durchhält. Im Moment kann sich Helene Fischer Absagen erlauben. Sie ist nicht bloß der Liebling der Schlagerszene. Sie macht exakt das, wovon die Kandidaten in den Casting-Shows meistens vergeblich träumen: Sie singt, tanzt, moderiert, schauspielert – und halb Deutschland hört ihr zu, vom Kleinkind bis zur Großmutter. Ihr klares Nein zu Casting-Jurys – für Helene Fischer ist das kein Risiko. Eher ein Sympathiepunkt.
Die ARD widmet dem Schlagerstar am Himmelfahrtstag einen ganzen Abend – mit einem Konzert-Mitschnitt (20.15 Uhr) und der Dokumentation „Allein im Licht“ (22 Uhr) über Helene Fischers Tournee im letzten Jahr. Es ist das Porträt einer jungen Frau auf dem vorläufigen Höhepunkt ihrer Karriere. Die Botschaft: keine Allüren, echte Wertarbeit, alles ehrlich ersungen. Und immer die Hand am Puls des Publikums. Helene Fischer, die unermüdliche Dienstleisterin, die keinen Feierabend kennt, keine Launen und keine Exzesse. Die statt mit hübschen Tänzern das Hotelzimmer zu zerlegen lieber bis spät in die Nacht Liedzeilen einübt. Und die sich schwer atmend bekreuzigt, kurz bevor sie auf die Bühne tritt.
„Ich wollte einen sehr ehrlichen Film haben“
Ist sie am Ende auch noch tiefgläubig? Nein. „Ich bekreuzige mich nur dann, wenn ich wahnsinnig aufgeregt bin. Wenn ich das Gefühl habe: Heute brauche ich Gott ganz besonders. Damit beruhige ich mich selbst.“ Ein paar Häppchen Privates, wohldosiert. Soll keiner sagen, die pausenlos nette Helene sei hinter der Bühne kalt wie ein Fisch.
„Ich wollte einen sehr ehrlichen Film haben“, sagt sie. In einer der ehrlichsten Szenen rutscht dem Tour-Manager ein Satz raus, der viel von Fischers Erfolg erklärt: Ob man den Titel „Von hier bis unendlich“ nicht mal etwas härter, poppiger auf die Bühne bringen sollte, überlegt die Runde. Auf keinen Fall! Dann geht „bei der Omi der Herzschrittmacher durcheinander“. Helene Fischer macht es wie die Volksparteien: Wahlen werden in der Mitte gewonnen. „Wir achten sehr darauf, was wir dem Publikum anbieten – und was nicht.“
Traumpaar Helene Fischer und Florian Silbereisen
Das Traumpaar Helene Fischer und Florian Silbereisen – auch das ist so ein Angebot: unschlagbar romantisch und am Ende sogar mit echtem Gefühl. Beim Treffen in Berlin erklärt sie, warum sie trotzdem nicht jedes Mal über ihre Liebe reden will. Seit 2008 sind die beiden ein Paar und stehen unter Dauerbeobachtung. Es reicht nicht, dass sie Deutschland verlassen, um Ruhe zu finden. Die deutschen Touristen erkennen die Sängerin und den Volksmusikstar auch am Mittelmeer. Und mal spontan mit Freunden tanzen gehen? „Das geht nicht. Ich weiß aber auch nicht, ob ich Lust dazu hätte. Ich versuche eigentlich immer, wenn ich freie Zeit habe, mich zurückzuziehen.“
Wird ihr das Korsett zu eng? Im Film sagt sie: „Ich will nicht immer die Nette sein.“ Unter vier Augen fällt ihr das Bild vom Engelchen mit der glasklaren Stimme ein, das manchmal die Nase voll hat vom Engelsein. „Viele denken, ich wäre immer gut drauf und würde immer strahlen. Aber ich habe auch eine andere Seite. Dann muss ich mich aufrappeln. Aber ich bin professionell genug, um das auf der Bühne auszublenden.“ Was sonst. Im Showgeschäft ist Kunst immer auch die Abkürzung von Kundendienst.