Düsseldorf.. Die Rockmusiker wollen keine Fans, die mitgrölen, wenn sie im Oktober in der Düsseldorfer Tonhalle zusammen mit den klassischen Musikern der Düsseldorfer Schumann-Hochschule „Die Moorsoldaten“ spielen, „Stimmen aus dem Massengrab“ oder die Swing-Perle „Einen großen Nazi hat sie!“ von Felix Grünbaum.

Im Mai 1938 wurde sie im Ehrenhof in Düsseldorf eröffnet: die Ausstellung „Entartete Musik“, die all die Künstler an den Pranger stellte, deren Werke nicht in das Bild der Nazi-Ideologie passten.

Das betraf Komponisten wie Schönberg oder Weill, Hindemith oder Strawinsky. Sie wurden verfolgt, weil sie Juden waren oder weil ihre Werke nicht dem propagierten Schönheitsideal entsprachen. Im selben Jahr war „Entartete Kunst“ in der Stadt gezeigt worden, ebenfalls im Ehrenhof.

„,Tage wie diese’ werden wir garantiert nicht spielen“

Dass im Oktober 2013 die Toten Hosen und das Sinfonieorchester der Robert Schumann Hochschule an die verbotene Musik erinnern, scheint bei genauerem Hinhören gar nicht überraschend. Schon auf der Bonus-CD zum letzten Album gab es Stücke, die wahrscheinlich bei den gemeinsamen Konzerten gespielt werden, „Die Moorsoldaten“, „Stimmen aus dem Massengrab“ mit einem Text von Erich Kästner oder die Swing-Perle „Einen großen Nazi hat sie!“ von Felix Grünbaum. Kurz darauf war Swing tanzen verboten, der Autor des Liedes starb im KZ. So stieß der Prorektor der Robert Schumann Hochschule, Thomas Leander, keineswegs auf taube Ohren, als er den Toten Hosen eine Zusammenarbeit vorschlug.

Das verdächtige Saxophon stand für das, was die Nazis „entartete Musik“ nannten: das Titelblatt der Ausstellungs-Broschüre von 1938. (Foto: Sergej Lepke)
Das verdächtige Saxophon stand für das, was die Nazis „entartete Musik“ nannten: das Titelblatt der Ausstellungs-Broschüre von 1938. (Foto: Sergej Lepke) © Sergej Lepke | Sergej Lepke

Eines aber ist Sänger Campino und Gitarrist Breiti bei der Pressekonferenz in der Tonhalle wichtig; „Wer zu den Konzerten kommt, sollte sich vor allem für das Thema interessieren, nach dem Motto: na schön, die Hosen nehme ich dafür in Kauf. ,Tage wie diese’ werden wir garantiert nicht spielen.“ Das kann man bei den beiden Konzerten in der Düsseldorfer Arena am 11. und 12.10. hören. Die Musiker sind darauf bedacht, keine Fans in die Tonhalle zu locken, die Songs zum Mitgrölen erwarten. „Das wird knallhart, es wird auch nicht lustig wie unsere Auftritte mit Gerhard Polt oder den Biermösl Blosn.“

Was an Technik fehlt, wird durch Leidenschaft wettgemacht

Das ist auch kaum zu erwarten, wenn zu den aufgeführten Werken auch „Ein Überlebender aus Warschau“ von Arnold Schönberg gehört, ein Opus für Stimme, Chor und Orchester. Campino übernimmt die Rolle des Sprechers. „Wir wissen schon, dass wir da ein Päckchen schnüren, an dem man zu knabbern hat. Schließlich ist Schönberg nicht für seine eingängigen Pop-Melodien bekannt.“

Da wäre aber noch eine andere Gefahr: Wie sehen sich die Toten Hosen, die zugeben, auch nach all den Jahren keine musikalischen Virtuosen zu sein, im Vergleich mit den Sinfonikern? „Wir sind natürlich keine Musiker, die den Profis aus der Klassik das Wasser reichen können. Aber was uns an Technik fehlt, machen wir durch Leidenschaft wieder wett. Es muss nicht alles perfekt sein.“ Es dürfte äußerst interessant sein, wie sich das Ergebnis dieser Zusammenarbeit anzuhören wird. Die kritische Rekonstruktion der Ausstellung „Entartete Musik“ wird ab Januar 2014 wieder in der Tonhalle gezeigt.