Als Sängerin und Schauspielerin ist Yvonne Catterfeld in den letzten zehn Jahren deutlich gereift. Aus dem Mädchen aus „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ ist eine reflektierte Frau geworden. Wir wollten wissen, was sie heute anders macht als damals.
Yvonne Catterfeld hat sich in den mehr als zehn Jahren, in denen sie jetzt schon als Sängerin und Schauspielerin im Geschäft ist, zum eindeutig Besseren verändert. Aus dem niedlich und harmlos wirkenden Erfurter Mädchen, das in „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ mitspielte und mit dem von Dieter Bohlen komponierten „Für dich“ die Charts anführte, ist eine intelligente, reflektierte Frau von 34 Jahren geworden. Ihr erfreuliches neues Werk „Lieber so“ bietet dazu passend deutschsprachige Popmusik mit Niveau, Haltung und schwer zu singenden Worten wie „desillusioniert“. Wir sprachen mit Yvonne Catterfeld in Berlin.
Frau Catterfeld, könnten Sie ein Lied wie „Für dich“ heute noch singen?
Catterfeld: Nein, das könnte ich nicht.
Warum nicht?
Weil mir das Frauenbild, das ein solcher Song vermittelt, einfach nicht mehr entspricht. Auch wenn ich manchmal zweifele und hadere, ist es mir wichtig, dass meine Lieder selbstbewusst sind. Die Perspektive einer schwachen, unterwürfigen Frau ist einfach nicht mehr meine Perspektive. Ich habe mich weiterentwickelt. Zehn Jahre sind natürlich auch eine lange Zeit.
Bekommen Sie solche Songs heute trotzdem noch angeboten?
Ja. Man merkt, dass erstaunlich viele männliche Textschreiber ein bestimmtes Frauenbild und vielleicht auch Angst vor starken Frauen haben. Aber alle Texte, in denen die Frau in so einer Opferrolle steckt, lehne ich heute sofort ab.
„Ich habe vielleicht eine gewisse heile Welt verkörpert“
Warum war „Für dich“ damals so erfolgreich?
Also, ich will nicht gegen „Für dich“ wettern. Mir hat der Song damals gefallen. Das ist einfach ein romantisches Liebeslied voller Idealvorstellungen gewesen. Das war halt niedlich.
Wenn Sie damals niedlich waren, als was sehen Sie sich dann heute?
(lacht): Ich habe ja nicht gesagt, dass ich selbst mich niedlich fand. Aber für viele bin ich das vielleicht gewesen.
Das Land hatte sich ein bisschen in Sie verguckt, oder? In das junge, unschuldige, talentierte Mädchen.
Naja, das ist ja alles auch nur eine Projektionsfläche. Ich habe vielleicht eine gewisse heile Welt verkörpert. Ich kann schwer sehen, wie ich gewirkt habe, und eigentlich ist es mir auch egal (lacht).
Auf dem neuen Album bezeichnen Sie sich als „Amazone“. Yvonne, die Kriegerin?
Hahaha. Es soll mir recht sein, wenn ich so gesehen werde. Ich habe den Text zu „Amazone“ ja auch selbst geschrieben.
Ist es angebracht, „Lieber so“ als erwachsenes Pop-Album zu bezeichnen?
„Pop“ ist ja heutzutage der Oberbegriff für alles. Ich finde, mein Album ist soulig und groovig, es hat eine erdige und kraftvolle Grundstimmung. Es ist naturbelassen, zeitlos und nicht irgendeinem Trend angepasst. Da ich ja schon seit ein paar Jahren erwachsen bin, würde ich die Platte lieber reif nennen. Wie einen guten Wein.
Sie singen manchmal ungewöhnliche Wörter und mit einer tieferen Stimme.
Das stimmt. Wir haben zweieinhalb Jahre an der Platte gefeilt. Ich habe seit vier Jahren einen neuen Sprechlehrer, wir haben intensiv an meiner Stimme gearbeitet, was mir für die Schauspielerei und fürs Singen viel gebracht hat. Diese „Tiefe“ war mir wichtig – beim Gesang und auch bei den Inhalten. Ich wollte auf gar keinen Fall ein Album machen, das oberflächlich wirkt. Ich wollte keine blumige, zu poetische oder abgehobene Sprache. Sondern ich wollte klingen, als würde man sich unterhalten.
Die Single „Pendel“ handelt von den Höhen und Tiefen des Lebens, es geht auch um die erste Wohnung, den ersten Job, die erste Liebe. Wie persönlich ist dieses Lied?
Das Album ist persönlich. Wenn ich schauspielere, schlüpfe ich in Rollen, aber bei der Musik würde es mich nicht interessieren, etwas zu singen, das mir nicht entspricht. Bei einer Platte habe ich die Verantwortung, in einem Film bin ich Teil eines Ensembles. „Pendel“ ist ein realistisches Lied, das Leben verläuft weder gleichförmig noch so, wie du selbst es dir vorstellst. Bist du glücklich, dann ahnst du, dass bald etwas Unangenehmes kommt. Umgekehrt kannst du in einer schwierigen Phase sicher sein, dass sie irgendwann endet. Ich höre meine Musik oft im Auto. Bei „Pendel“ werde ich jedes Mal schneller. Der Song treibt mich voran. Diese Kombination aus Melancholie und Zuversicht hat eine unglaublich kraftvolle Wirkung.
„Ich finde es wichtig, Fehler machen zu dürfen“
Die Texte sind melancholisch, aber auch trotzig-optimistisch. Was sind Sie für ein Mensch?
Ich neige dazu, mir sehr viele Sorgen zu machen, von denen 80 oder 90 Prozent unbegründet sind. Ich denke viel nach. Mein Kopf ist manchmal so voll, dass ich kaum klar denken kann. Bei mir gibt es Phasen, in denen möchte ich über alles reden. Und es gibt Phasen, in denen ich mich einschließe und keine Lust habe auf Konversation und Sozialleben. Ich weiß, dass es ein Glück für mich ist, Krisen und die negativen Gedanken kreativ verarbeiten zu können. Ich finde es wichtig, Fehler machen zu dürfen. Mein Leben muss nicht perfekt sein.
In „Lieber so“ sagen Sie, es sei besser, eine Beziehung zu beenden als sich krampfhaft an ihr festzuhalten. Sprechen Sie aus Erfahrung?
Der Text entspricht meiner eigenen Haltung. Ich stehe nicht dahinter, wenn ein Song nur wehmütig oder schmerzhaft ist. Traurig zu sein, ist völlig in Ordnung, aber man sollte sich nicht klein machen und jammern, sondern kraftvoll und selbstbewusst auf Rückschläge reagieren. Ich finde es teilweise erschreckend, wie sich Paare manipulieren und so tief in ihrem Beziehungs-Schlamassel stecken, dass sie das selbst gar nicht mehr mitbekommen. Man kennt Leute, bei denen man denkt „Mensch, trennt euch doch endlich, ihr tut euch nicht gut.“ Ich habe eine solche Situation auch erlebt und weiß, wie schwer es ist, aus so einer Beziehung herauszufinden. Das Witzige ist: Mit besagtem Ex-Freund bin ich heute noch befreundet, und er sagte letztens zu mir: „Du hast mir einfach nicht gut getan“ (lacht). In dem Punkt sind wir uns beide absolut einig.
„Einschätzungen von außen würden unsere Beziehung nicht umstürzen“
Sie sind seit sechs Jahren mit dem Schauspieler Oliver Wnuk, dem „Ulf“ aus „Stromberg“, zusammen. Was sagen Ihre Freunde denn wohl umgekehrt über Ihre Beziehung? Traumpaar?
Das weiß ich gar nicht, was die denken. Ist mir auch egal, denn Einschätzungen von außen würden unsere Beziehung nicht umstürzen. Wenn man glücklich ist mit seinem Partner, spielt so etwas keine Rolle. Außerdem ist unsere Beziehung für mich wie ein Raum, den wir nur für uns haben. Niemand anderes kann dort hineingucken. Selbst meine beste Freundin, der ich wirklich alles erzähle, weiß nicht alles über meinen Freund und mich.
Das ist jetzt also genau der richtige Moment, um nichts über Heirats- oder Familiengründungspläne zu erzählen.
(lacht) Sie haben es erfasst. Dazu sage ich gar nichts mehr.