Tutzing..

Peter Maffay arbeitet an einer neuen CD über den kleinen grünen Drachen Tabaluga. Die soll im Herbst erscheinen. Gleichzeitig arbeite er an der Fortsetzung seiner „Tattoo“-Tour. Tour. Im Mai kommt er nach NRW.

In seinem Büro hängt Keith Richards – überlebensgroß als Poster. Mehr Rock’n’Roll als der Gitarrist der Rolling Stones geht eigentlich nicht. Trotzdem ist das Leben eines Rockstars harte Arbeit, sagt Peter Maffay. Derzeit steht er im Studio, arbeitet an einer neuen CD, einer Fortsetzung des musikalischen Märchens rund um den kleinen Drachen Tabaluga. Gleichzeitig bereitet sich Maffay auf seine Tour vor. Mit ihm sprach Matthias Düngelhoff.


Schaut man sich hier im Gebäude um, hat man den Eindruck, in einer Firma zu sitzen. Sind sie Unternehmer oder Künstler?

Peter Maffay:Wir haben uns vor Jahren entschlossen, so zu arbeiten. Ich habe keinen Bock auf einen Manager, der über meinen Kopf hinweg für mich entscheidet. Ich möchte in allen Vorgängen drinstecken, weil es meine Birne ist, die irgendwann auf Plakaten hängt oder die sich in Talkshows zu Dingen, die wir tun, äußern muss. Das geht am besten, wenn man dabei ist. Insofern entwickelt sich eine unternehmerische Attitüde – zwangsläufig. Das ist als Ergänzung gut, weil ich so mit unseren Partnern besser kommunizieren und wirtschaftliche Entscheidungen nachvollziehen kann. Ich kann mich nicht auf dieses Podest als Künstler zurückziehen.

Zu wie viel Prozent sind sie Künstler und zu wie viel Unternehmer?

Peter Maffay:Das kann man nicht sagen, das hängt auch immer von den Umständen ab. Wenn wir auf Tour gehen, geht es nur darum, ordentlich zu spielen, eine gute Show zu bieten. Dann sind die Tickets verkauft, dann ist das administrative Geschäft abgeschlossen.

Derzeit stehen Sie ja vor allem für eine neue Tabaluga-Platte im Studio.

Peter Maffay: Im Herbst soll das Album erscheinen. Tabaluga ist ja so eine Sandkastengeschichte von Anfang der 80er-Jahre. Es ist musikalisch reizvoll. Es gibt keine Limits. Atonal, sehr simpel aber auch sehr kompliziert – alles ist möglich. Man ist wirklich frei und das bedeutet, musikalische Emotionen können komplett ausgelebt werden. Das macht es sehr reizvoll. Zumal man bei so einer Geschichte mit Leuten zusammenarbeitet, mit denen man sonst nicht zusammenarbeitet. Helme Heine schickt eine Zeichnung, die wird dann einem Song zugeordnet und plötzlich ist so eine Zeichnung viel mehr. Sie ist eine Inspiration. Aus der Gestaltung der Zeichnung zieht man dann etwas für die Gestaltung des Songs.

Peter Maffay und Tabaluga. Derzeit laufen die Aufnahmen für eine neue CD. Foto: ddp
Peter Maffay und Tabaluga. Derzeit laufen die Aufnahmen für eine neue CD. Foto: ddp © ddp ddp | ddp ddp

Aber Sie selbst haben nur einen Song für dieses Album geschrieben?

Peter Maffay: Meine Hauptaufgabe ist das Singen. In dem Fall bin ich nur Diener des Konzeptes Tabaluga. Ich kann meine Popularität nutzen, um der Figur, den Werten, für die sie steht, eine Plattform zu geben. Wenn man so will, bin ich eigentlich Spediteur. Ich fahre einen Lkw und im Innern sind Tabaluga und Arktos, Inhalte, Geschichten und Zeichnungen. Ich singe Stücke anderer Komponisten, die Musik anders auffassen und andere Stücke schreiben, als ich das könnte. So wird die Platte viel viel lebendiger. Wäre es eine eigene CD, müssten die Songs biografischer sein.

Biografischer war Ihr letztes Album „Tattoo“, mit dem Sie weiter auf Tour gehen. Wie ähnlich sind sich Tattoos und Musik?

Peter Maffay:Ich glaube, dass ich mich sehr ähnlich verhalte, wie alle Menschen. Ich höre einen Song und ich verbinde Erinnerungen damit. Das Stones-Riff von „Satisfaction“ erzeugt bei mir bestimmte Bilder. Ich kam damals aus Rumänien nach Deutschland und es war für mich eine neue Welt. Ich sah die Menschen, die diese Musik spielten, sah deren Klamotten und Attitüde und dachte mir: So kann das Leben aussehen. Das werde ich nie vergessen. Diese Songs sind quasi musikalische Tattoos. Sie piksen, deshalb merkt man sie sich.

Gleichzeitig ist „Tattoo“ ein Rückblick, Sie spielen Stücke aus ihrer Schlagerzeit.

Seine Tattoos sind Erinnerungen. Foto: Andreas Ortner
Seine Tattoos sind Erinnerungen. Foto: Andreas Ortner © Andreas Ortner | Andreas Ortner

Peter Maffay: Keine Frage, „Du“ ist ein Schlager, klingt aber heute anders. Es gibt Leute, die mich partout noch als Schlägersänger sehen wollen, aber für mich ist das nicht mehr relevant. Es gibt auch immer noch Menschen, die sprechen mich auf ein Vorkommnis mit den Rolling Stones vor 30 Jahren an (Maffay stand als Vorgruppe auf der Bühne und wurde von den Stones-Fans mit Tomaten beworfen, die Red.). Darüber rede ich dann, aber es hat mit dem, was wir jetzt machen, nur insofern etwas zu tun, als dass wir so etwas nie wieder erleben wollen.

Schlager, Rock und Tabaluga, wie kam es zu dieser Vielfalt?

Peter Maffay: Mir hätte es leidgetan, wenn meine Arbeit als Musiker zu einer Fließbandarbeit mit immer denselben Elementen verkommen wäre. Ich möchte es lieber abwechslungsreicher. Aber das muss man auch wollen. Ich habe für mich festgestellt, dass dieses Risiko in gewissem Maße Befreiung und Entdeckertum in sich birgt.

Haben Sie zu einer Zeit angefangen, als Risiko noch möglich war und von Plattenfirmen toleriert wurde?

Peter Maffay: Der Musikmarkt ist in den letzten Jahren extrem erodiert. Allein die Situation bei Urheberrechten geht eigentlich gar nicht. Überall wird das Urheberrecht stärker geschützt als in der Musik. Ein junger Musiker, der sich etwas einfallen lässt, partizipiert an den Erträgen seiner Arbeit sehr viel weniger, als es früher der Fall war. Positiv an der Erosion ist aber, dass man umdenken muss, sich bewegen muss. Die Vernetzung im Internet und die verschiedenen Plattformen tragen dazu bei, dass das Geschmacksdiktat von Plattenfirmen, Sendern und Redaktionen durchbrochen ist. Das ist ein Machtfaktor für Musiker. Aber eines muss jedem Neuling klar sein. Eine Karriere ist ein Marathonlauf, es reicht nicht, wenn man zu Beginn ein guter Sprinter ist.

Um im Bild zu bleiben: Dann sind Kandidaten aus Casting-Shows Sprinter?

Peter Maffay:Sie werden gesprintet, sie sprinten ja gar nicht selber. Wenn ein Apparat dahinter steht, wenn ein Fernsehsender all das aufbaut und sagt, das ist mein Künstler, er steht bei mir unter Vertrag und ich profitiere von ihm, dann ist das ein Marketinginstrument. Der Künstler sprintet erst, wenn all das wegfällt. Dann entscheidet sich, ob er überhaupt ein Läufer ist. In einem zweiten Schritt entscheidet sich, ob er Sprinter oder Marathonläufer ist. Ich schaue mir solche Karrieren mit gemischten Gefühlen an und denke mir: Tolles Talent, aber wo ist der Unterbau, die Basis, die all das über den Rahmen hinausträgt?

Peter Maffay: Mit Sicherheit. Sie hat bewiesen, dass sie das mentale Korsett besitzt, auf so einer Plattform zu überstehen. Das ist eine tolle Leistung. Sie ist am Anfang ihrer Karriere und ich wünsche ihr, dass sie mit 30 oder 53 Jahren dort ist, wo jetzt Frau Humpe ist. Aber egal, wie sie beim Song Contest abschneidet, egal, ob gut oder schlecht – alles, was danach kommt, wird in keinem Fall ein Spaziergang.