Süßen. .

Der Fernsehpreis Bambi wird am11. November in Potsdam verliehen. Produziert werden die Trophäen schon im Sommer – und nicht alle kommen durch. Denn bei der Gießerei Strassacker gilt: Keine Chance für Einohrbambis!

Da stehen sie in einer Reihe und sehen aus wie ein genormtes Industrieprodukt. Doch in Wirklichkeit ist kein Bambi genau wie das andere – und Ulf Barstadt ist dazu da, dass das niemand merkt. Hier in der Endabnahme für den Fernsehpreis mit Rehblick schweißen und feilen eine handvoll Ziseleure unter der Leitung von Meister Barstadt – sie geben den Bambis vor deren Vergoldung buchstäblich den letzten Schliff der Einheitlichkeit – und müssen auch schon mal das eine oder andere mit ganz schweren Geburtsfehlern aussortieren. Keine Chance für Einohrbambis!

Laternen, Blumenschalen – und die Bambis

Die anderen sind fertig. Viele Monate vor der Preisverleihung. Niemand hier wird sie wiedersehen, bis sie im Fernsehen auftauchen. Dies ist die Kunstgießerei Strassacker in Süßen, einer kleinen Stadt in Baden-Württemberg. Bundesland der Branchenführer, von denen niemand weiß – noch nicht mal von der Branche! Mit diesem Betrieb verhält es sich ähnlich: Strassacker beschäftigt über 500 Menschen, darunter hochspezialisierte Former, Graveure und Patineure. Man gießt seit 1919, aus kleinsten Anfängen heraus, nun längst für Bildhauer, Architekten und Emire, stellt Bronzebuchstaben und Grabschmuck her, Laternen, Blumenschalen, solche Sachen – und eben die Bambis.

Die haben, bevor sie unter Ulf Barstadts scharfe Augen geraten, bereits einen anstrengenden Weg durch die halbe Firma hinter sich. Denn jedes Bambi ist ein Einzelstück aus einer eigenen, handgefertigten Form, entwickelt sich von Arbeitsschritt zu Arbeitsschritt unter Hinzuziehung von Plastelin, Silikon, Wachs und Schamott, im ständigen Wechsel von Negativform zu Positivform zu Negativform, bis die Produktion schweißtreibend in der eigentlichen Gießerei endet.

Was hier im Feuer geboren wird, der Burda-Preis, gilt als wichtigster Medienpreis der Unterhaltsamkeit in Deutschland. Unter dem weit gespannten Dach der Preisträger aus mehr als 60 Jahren steht Marika Rökk neben Karl Lagerfeld, Heinz Rühmann bei Jennifer Lopez und Rock Hudson in der Nähe von Britney Spears; nicht, dass ihm das etwas bedeuten würde.

Mehrere Kilo Gewicht

Donnerstag ist Gusstag hier! Für alles, natürlich auch für die Bambis; Gießer schütten die flüssige und mehr als 1000 Grad heiße Bronze in die Formkörper. Die sind umgeben von sicheren Schalungen aus dem Betonbau, da derart heiße Bronze „schon eine gewisse Gewalt hat“, wie einer der Arbeiter im Schutzanzug sagt. Dann, nach dem Gießen, geben sie der Bronze einen Tag Zeit, um auszukühlen. Denn nach dem Gusstag ist der Freitag: der Tag der Wahrheit. Einohrbambis irgendwo?

„Soviel Medienpräsenz wie das Bambi hat sonst kein Kunstwerk“, sagt Edith Strassacker (48), die Mitinhaberin und Geschäftsführerin – und das trotz der Allgegenwart nackter Frauenfiguren auf Brunnen, die ebenfalls häufig aus diesem Hause kommen. Weshalb sie hier im Hof über die wahrscheinlich einzige Bronzebrunnen-Versuchsanlage ganz Deutschlands verfügen, aber das führt jetzt wirklich zu weit.

Seit 1958 hat Strassacker diesen Auftrag, seit Burda beschloss, das Bambi aus Bronze statt aus weißem Porzellan fertigen zu lassen. Das verringerte die Gefahr enorm, dass die Figur in Scherben fällt, freilich um den Preis, dass Schauspielerinnen von zierlicher Gestalt echte Probleme haben mit dem Mehrere-Kilo-Gewicht dieses Preises. Aber dann haben sie auch was Eigenes! „Eine Bronze ist für die Ewigkeit“, sagt Barstadt, und die alphabetische Liste der Preisträger reicht von Aberle, Elke bis Zumwinkel, Klaus. Anders als die Verdienstorden, hat er seinen Bambi aber nie zurückgegeben.