Bonn. .

Roxy Music vereint Kunst und Musik. Pop-Dandy Bryan Ferry und seine Band präsentieren auf dem Museumsplatz in Bonn eine souveräne Best-Of-Show ihrer acht Alben.

Auf dem Bürgersteig vor dem Museumsplatz Bonn bietet sich dem Konzertbesucher ein bizarres Bild: Ein Dutzend etwa 50- bis 60-Jährige sitzen auf Decken und Klappstühlen und überbrücken die Wartezeit bis zum Konzert mit Kaffee aus der Thermoskanne. Vor den sterilen Museumsgebäuden wirkt dieser Festival-Habitus der mittelalten Herrschaften seltsam unpassend, beinahe wie eine Kunstinstallation. Andererseits, aus der Synthese von Kunst und Musik speist sich der gesamte Opus der Band, die an diesem kühlen Sommerabend ihr einziges Deutschland-Konzert gibt. Anfang der Siebziger Jahre erschuf eins der kreativsten Teams der Musikgeschichte, Bryan Ferry und Brian Eno (er stieg nach dem zweiten Album aus), mit Roxy Music ein Gesamtkunstwerk aus Rock, Pop, Glam, Fashion, Pop-Art und Avantgarde, ohne das New Wave, Punk und Britpop nicht vorstellbar wären.

Bei Roxy Music kann selbst Händeklatschen stilvoll sein

Pünktlich um 20.15 Uhr spaziert die zwölfköpfige Band unter lautem Gejubel der 2500 stehenden Zuschauer auf die Bühne. Andy Mackay am Saxophon und Phil Manzanera an der Gitarre – Roxy-Music-Mitglieder der ersten Stunde - platzieren sich vorn am Bühnenrand. Bryan Ferry verschwindet zunächst ohne viel Brimborium ans Klavier und eröffnet den Abend mit „Remake/Remodel“, dem Eröffnungssong des Roxy-Music-Debüts von 1972. Die Band sieht großartig aus. Die Musiker werden von vier Backround-Sängerinnen in weißen Minikleidern flankiert, an Geige und Keyboard wirbelt eine Schönheit in silbernem Catsuit. Dann schlendert der Pop-Dandy freundlich lachend zum Mikro und ist ganz Bryan Ferry: Er trägt weißes Hemd und schmale fliederfarbene Krawatte zum schwarzen Anzug, der Pony liegt so selbstverständlich in der Stirn wie 1985. Beim Singen der dezente Hüftschwung, dabei eine Hand auf dem Oberschenkel, die Augen geschlossen. Die Aufnahmen auf der Leinwand bestätigen: Auch von Nahem sieht der 64-Jährige wahnsinnig gut aus. So weit, so glamourös.

Dass der große Rest-Enthusiasmus beim vorwiegend Windjacken und Freizeithemden tragenden Publikum jedoch zunächst ausbleibt, ist dem dumpfen stadtfestartigen Sound unter dem halboffenen Zeltdach geschuldet. „Out Of The Blue“, das selten aufgeführte „If There Is Something“ und die „Avalon“-Hits „More Than This“ und „While My Heart Is Still Beating“ gehen nicht ins Herz. Nicht häufig genug dringen die Sanftheit und bizarre Entrücktheit der Stimme des einzigartigen Crooners durch.

Der Mann, dem häufig Diva-Gebärden angehängt wurden, scheint Wert darauf zu legen, dass Roxy Music als Band auftreten und nicht als Ferry-Anhang. So sind seine Musiker mit langen Instrumentalpassagen, Gitarren- und Saxofonsoli, genauso präsent wie der Sänger selbst. So sympathisch ihn das macht, so sehr wünscht man sich ein wenig mehr Schnittigkeit in den Stücken.

Nach der ersten Hälfte dann „A Song For Europe“: Die Herzschmerz-Hommage an Paris vom 1973er Album „Stranded“ wirkt so stimmungsstark wie tausend Kerzen – endlich sind Roxy Music in Bonn angekommen. Nach einer weiteren Live-Rarität („My Only Love“) kommen jetzt nur noch Hits. Der Meister strahlt, und die Band fordert zum kollektiven Mitklatschen auf. Das Publikum feiert nun jeden Song. „In Every Dream Home A Heartache“, „Love Is A Drug“, „Editions Of You“ - abschließend „Jealous Guy“ („Avalon“ wird schmerzlich vermisst). Am Ende der eineinhalbstündigen Show muss auch der größte Mitklatsch-Kritiker zugeben: Bei Roxy Music kann selbst Händeklatschen stilvoll sein.