Die Eleganz der jungen Manchester-Band Hurts überwältigt: Ihre Synthie-Popsongs triefen vor ehrlicher Melancholie. Seit Monaten gleitet ihr Song „Wonderful Life“ als traurige Schönheit durch den Äther. Ihr erstes Album heißt „Happiness“.
Es gibt diese Bands, die urplötzlich aus dem Nichts auftauchen, als hätte es sie schon immer gegeben: Grauer Anzug, hoch zugeknöpftes Hemd, zurückgegeltes Haar, bedeutungsschwerer Synthie-Sound. Das sind Hurts. Und wenn heute jemand behauptete, dass es sich bei den jungen Kerlen um ein Dandy-Popduo aus den frühen 80ern handele, wer sollte widersprechen?
„Wonderful Life“ gleitet seit Monaten elegant durch den Äther, eine minimalistische, traurige Schönheit von einem Popsong, in der ein Mann aus der Verzweiflung gerettet wird durch die Liebe. Kitschig , aber unwiderstehlich. „Es war die Kombination von Trauer und Hoffnung, die uns reizte. Traurige Musik erreicht die Menschen“, sagt Theo Hutchcraft, der Sänger. Nicht umsonst haben Hurts ihr Album trotz des melancholischen Grundtons „Happiness“ getauft. „Wir haben ,Wonderful Life’ geschrieben, als es uns gar nicht gut ging. Wir hatten keine Jobs, keine Wohnung, es regnete, es war Winter. ,Wonderful Life’ sollte uns befreien. Jetzt trägt der Song uns um die Welt, das ist fast magisch.“
Im Anzug aufs Sozialamt – und auf die Bühne
Zuvor hatten sich Hutchcraft und Compagnon Adam Anderson erfolglos in der Band „Daggers“ verdingt, die einem ungehemmt fröhlichen 80er-Sound frönte. Die Änderung der Tonlage brachte den Erfolg. Obwohl: „Das echte Leben steckt nicht voll von Melancholie. Wir haben versucht, die Höhen ebenso wie die Tiefen abzubilden.“
Und das in einem Kontext, der für junge Musiker erstaunt: „Bands wie Depeche Mode oder Tears For Fears hatten großen Einfluss auf unseren Sound. Aber das haben wir früh zurückgelassen“, sagt Hutchcraft und fügt an, dass er ja gar nicht von den 80er-Bands, mit denen Hurts gern verglichen werden, beeinflusst worden sein kann, weil er viel zu jung ist. „Wir haben keine emotionale Verbindung dazu.“ Ebenso wenig wie zu den Bands, Joy Division, New Order, Smiths, Oasis, alle aus der Heimat Manchester.
Selbst das supergepflegte Dandy-Image, mit dem Hurts heute einen eleganten Auftritt auf der Bühne hinlegen, ist aus der Not geboren. Als sie noch nicht Hurts waren, aber schon an ihrer Musik arbeiteten, mussten sie oft aufs Amt. Ruhm und Sozialhilfe liegen nicht nur in England nahe beieinander. Die Anzüge haben sie getragen, um sich Würde zu bewahren. „Unser Job war die Musik. Wir fingen morgens um neun an und hörten oft erst in der Nacht auf. Wir hatten gar keine Zeit, arbeiten zu gehen.“ Für Hurts hat es sich ausgezahlt. Fragt sich, ob sie nach dem Erfolg fähig sind, ein weiteres, verzweifelt schönes Werk wie „Happiness“ hinzulegen. Andererseits: Grund zu klagen wird sich finden.