Bochum.

Anselm Weber hat seinen ersten Spielplan fürs Schauspielhaus Bochum vorgestellt. War seine Arbeit als Intendant in Essen in hohem Maße auf die Erforschung der Stadt ausgerichtet, strebt er nun in internationale Sphären.

Da es um Theater geht, könnte man es eine Inszenierung nennen. Noch hat Elmar Goerden, scheidender Intendant des Schauspielhauses Bochum, seine letzte Inszenierung „Nora” nicht zur Premiere gebracht, da verkündet der designierte Nachfolger Anselm Weber seine Pläne bereits in der „Villa Nora”. Das ist ein mit Mitteln der Stadtsparkasse in Stand gesetzter Jugendstilbau, der Freitag für Webers Pressekonferenz den gediegenen Rahmen lieferte.

Der Neue hat bisher im nahen Essen ge­wirkt, was ihn ziemlich unter Druck gesetzt habe. „Da sind die Anforderungen an eine Neuerfindung der eigenen Arbeit größer und komplizierter”, seufzt Weber. Er versucht es mit der Umkehrung: War seine Arbeit in Essen in hohem Maße auf die Erforschung der Stadt ausgerichtet, strebt er nun in internationale Sphären.

„Boropa” ist das Spielzeitmagazin betitelt, was schon die Richtung des Programms andeutet - Bochum und Europa, gelegentlich auch die Welt. Man will sich „maximal dem Austausch” hingeben, will internationale Gäste einladen, um ihre Sichtweise kennenzulernen. Den Türken Mahier Günsiray beispielsweise, daheim ein Staatsschauspieler, vertraut man im Dezember den „Faust” an, das Ergebnis lässt Staunenswertes erahnen.

Land soll 20 Prozent
des Etats zahlen

Sahika Tekand, ebenfalls türkische Schauspielerin und Theatermacherin, beschäftigt sich mit Brechts „Arturo Ui”, der Tunesier Fadhel Jaibi mit der antiken „Medea”. Einer wie Jaibi, so Weber, arbeite gemeinhin ein Jahr an einer Inszenierung, für Bochum reduzierte er auf drei Monate.

David Bösch, dominierender Regisseur während Webers Essener Jahre, wird in Bochum „Leitender Regisseur” und soll pro Spielzeit zwei Arbeiten abliefern. Den An-fang macht er mit Shake­speares „Sturm” und Hauptmanns „Ratten”. Auch Roger Vontobel bindet sich ans Haus und beginnt mit dem Antikenprojekt „Die Labdakiden” sowie Schillers „Jungfrau von Orleans”. Neben solchen Klassikern will Weber aber auch die Anzahl der Uraufführungen steigern, in der Saison 2010/2011 werden deshalb neue Arbeiten von Christoph Nußbaumeder, Dirk Laucke, Jan Neumann und Reto Finger zu sehen sein. Für das Starpotential stehen Dietmar Bär, der in der Uraufführung von Nußbaumeders „Eisenstein” mitwirkt, und Armin Rohde, der unter Regie von Katharina Thalbach als „Cyrano de Bergerac” auftritt.

Große Pläne türmen sich da, die Weber noch mit dem bestehenden Gesamtetat von 22 Millionen Euro realisieren kann. Bochums Kulturdezernent Michael Townsend warnte, dass man auf „unüberwindbare Probleme” zusteure, wenn das Land nicht im Zuge eines Theaterpakts 20 Prozent des kommunalen Zuschusses übernehmen werde. Bei Weber spürt man Zorn über die Ungleichheit von Theater-Bedingungen. „In Düsseldorf haben sie Geld ohne Ende, obwohl das offiziell kein Staatstheater ist.” Und dann auch noch die Triennale: Weber startet am 23. September mitten hinein in Willy Deckers zweite Spielzeit. „Das war mal als Sommerfestival geplant, jetzt ragt es in den Herbst und damit in die Premieren der regionalen Bühnen.”