Köln. .

Mankell ist Wallander ist Krimi. Vor zwanzig Jahren erfand der schwedische Autor Henning Mankell seinen Kommissar Kurt Wallander - jetzt wird er tatsächlich verabschiedet: Im Roman „Der Feind im Schatten“, der Ende April im Zsolnay-Verlag bei Hanser erscheint, löst Wallander seinen letzten Fall.

„Keine Angst“, sagt Mankell zur Beruhigung, „er wird nicht sterben“; ein zweitausendfaches Aufatmen geht durch den Saal der kargen Kölner Rheinparkhalle. „Aber ich muss langsam die Tür schließen.“ Auf welche Weise dies geschieht, davon gab Schauspieler Axel Milberg einen Eindruck; Milberg ist die deutsche Stimme der Mankell-Hörbücher – und dreht soeben einen Kieler Tatort, den sein Freund Henning ihm auf den Leib geschrieben hat. Man mag sich.
Nachdenken schwingt in Milbergs Stimme, Zweifel auch. Oberfläche und die Wahrheit darunter sind, einmal mehr, das große Thema, das Verbrechen geschieht im engsten Familienkreis. Wallanders Tochter Linda wird Mutter, ihr neuer Partner, Hans von Enke, ist Finanzexperte aus gutem Hause. Eines Tages verschwindet Lindas Schwiegervater Hakan von Enke, kurz darauf wird dessen Frau Louise tot aufgefunden – im Geheimfach ihrer Tasche liegen russische Dokumente.

Die Spur führt in die Zeit des Kalten Krieges

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Von DerWesten

Die Spur führt in die Vergangenheit, in die Zeit des Kalten Krieges: Hakan von Enke, ehemaliger U-Boot-Kommandant, war beteiligt in jenem Herbst 1982, als U-Boote in schwedische Hoheitsgewässer eindrangen. Den Versuch, sie zum Auftauchen zu zwingen, stoppte ein Befehl in letzter Minute. Aber waren es tatsächlich russische U-Boote? Oder doch – amerikanische?

Es ist nicht so, wie es scheint.

Weiße Haarsträhnen zotteln ungezogen in die Stirn, ein schwarzbunt gemustertes Hemd spannt alarmierend über einem Wohlstandsbauch, zwei weiche kleine Hände umschließen meine. Ein freundliches Lächeln über einem zufriedenen Doppelkinn. Und doch ist Henning Mankell ein Gesprächspartner, der Schnelligkeit und Effizienz liebt, ein scharfer Geist und verstörend unsentimental: „War ich traurig, Wallander gehen zu lassen? Ach was. Ich habe ihn geschaffen, weil ich ihn brauchte. Als ich vor zwanzig Jahren nach längerer Zeit aus Afrika zurückkehrte, wollte ich über Rassismus in Schweden schreiben, der Plot war ein Krimi. Plötzlich wurde mir klar, dass ich wohl einen Polizisten benötige. Es war der 20. Mai 1989, Wallanders Namen hatte ich aus dem Telefonbuch.“ Soweit die Schöpfungsgeschichte. Das Ende – liegt im schwarzen Schatten des Vergessens, buchstäblich. „Diese Schriftsteller, die behaupten, ihre Figuren hätten ein eigenes Leben – das ist doch, wie sagt auf man Deutsch: Quatsch!“

Mensch wie du und ich

Und doch rührt Wallander an die sentimentalen Seiten der Leser. „Er ist ein Mensch wie du und ich, er entwickelt sich – psychologisch, aber auch physisch“, so Mankell. „Können Sie sich vorstellen, dass James Bond sich eine Insulinspritze gibt? Als ich Wallander an Diabetes leiden ließ, wurde er eher noch beliebter – weil die Menschen eben Diabetes haben.“

Warum muss Wallander gehen? „Das Leben ist so kurz, und ich möchte so viele Dinge schreiben – Theaterstücke, Romane, Filmskripte.“ Derzeit arbeitet der 62-jährige Mankell an einer TV-Serie über seinen Schwiegervater, Ingmar Bergman. Er schreibt einen neuen Roman („Erinnerungen eines armen Engels“), der eine historische Figur ausspinnt: Jene mysteriöse Schwedin Kitty, die 1895 für drei Jahre in Maputo im afrikanischen Mosambik lebte – als, nun ja, Chefin des Hurenhauses. Und natürlich ist „sein“ Theater in Maputo, das Teatro Avendia, noch immer wichtiger Teil seines Lebens. Das eine Bein im Schnee, das andere im Sand, so sagt er gern. Wallander geht, ja. Mankell bleibt – Mankell.